Hamburg. HSV-Kapitän hatte die Pleite gegen St. Pauli abgetan. Darüber sowie über seine eigene Derby-Historie spricht “Fußballgott“ Alex Meier.

Am Montagabend ging es für Alexander Meier zum Training. Vorbereitung auf das Heimspiel des TSV Buchholz 08 gegen den Niendorfer TSV 08. Meiers Heimatclub steckt in der Oberliga Hamburg im Abstiegskampf. Retten aber kann der 37-Jährige seine Buchholzer nicht. Meier hat vor Kurzem seine aktive Fußballkarriere beendet. Nach seiner vorzeitigen Rückkehr aus Australien hält er sich nun bei Buchholz fit. Auf ein Comeback in seiner Geburtsstadt brauchen die TSV-Verantwortlichen nicht zu hoffen.

"Ich will mich nur ein bisschen fit halten und Spaß haben“, sagte Meier, als er am Montag vor der Trainingseinheit die Redaktion des Abendblatts besuchte. Im Podcast "HSV – wir müssen reden“ sprach Meier nicht nur über Buchholz und Australien, sondern vor allem über das 103. Stadtderby zwischen dem HSV und dem FC St. Pauli, das sein Ex-Club aus dem Volkspark gegen seinen Ex-Club vom Millerntor zum zweiten Mal in Folge mit 0:2 verlor.

Meier verlor zwei Stadtderbys mit 0:4

Fast ein Jahr ist es her, dass Meier noch selbst das Stadtderby spielte. Mit 0:4 unterlag er nach seiner Rückkehr zum FC St. Pauli im eigenen Stadion gegen den Stadtrivalen. Meier weiß also, wie sich die HSV-Profs am Sonnabend gefühlt haben müssen. „Nach einer Derbyniederlage muss man sich mal einen dummen Spruch beim Bäcker anhören, aber das ist ja nicht böse gemeint von den Leuten“, sagt er. Entscheidender aber dürfte die Frage sein, wie lange die Spieler die Derbypleite mit sich herumtragen. Meiers Meinung: Nicht lange. „Ich brauchte einen Tag, dann war die Niederlage abgehakt. Wir waren zu schlecht und haben verdient verloren.“

Lesen Sie auch:

Meier hatte das Derby mit Freunden in Frankfurt geguckt. Er sah am Fernseher, wie der HSV 15 Minuten dominierte. Doch dann kam der Mann, den er in seinem letzten halben Jahr bei St. Pauli ersetzt hatte: Henk Veerman. Der noch fünf Zentimeter größere Niederländer (2,01 Meter), der vor einem Jahr an einem Kreuzbandriss laborierte, versetzte dem HSV mit seinem Solo zum 0:1 "einen Schock“, so Meier. „Henk sieht vielleicht nicht elegant aus, aber er ist auch auf Strecke richtig schnell. Da hat St. Pauli einen richtig guten Stürmer.“

HSV verliert das Derby gegen St. Pauli:

FC St. Pauli gewinnt das Derby beim HSV

Gideon Jung, Henk Veerman, Torwart Robin Himmelmann (St. Pauli), Martin Harnik (HSV), Leo Oestigard, Daniel Buballa, Matt Penney
Gideon Jung, Henk Veerman, Torwart Robin Himmelmann (St. Pauli), Martin Harnik (HSV), Leo Oestigard, Daniel Buballa, Matt Penney © WITTERS | ValeriaWitters
St. Paulis Fans feiern den Sieg ihrer Mannschaft und zünden Pyrotechnik.
St. Paulis Fans feiern den Sieg ihrer Mannschaft und zünden Pyrotechnik. © dpa | Christian Charisius
Sonny Kittel am Boden.
Sonny Kittel am Boden. © Bongarts/Getty Images | Stuart Franklin
Wie schon im Hinrundenspiel durfte der FC St. Pauli auch beim HSV über einen 2:0-Sieg jubeln.
Wie schon im Hinrundenspiel durfte der FC St. Pauli auch beim HSV über einen 2:0-Sieg jubeln. © WITTERS | ValeriaWitters
St.-Pauli-Stürmer Henk Veerman schockte die HSV-Fans mit seinem siebten Saisontor zum 0:1 (20. Minute).
St.-Pauli-Stürmer Henk Veerman schockte die HSV-Fans mit seinem siebten Saisontor zum 0:1 (20. Minute). © WITTERS | ValeriaWitters
Pyro im Stadion
Pyro im Stadion © Bongarts/Getty Images | Selim Sudheimer
HSV-Torwart Daniel Heuer Fernandes (l.) und Kapitän Aaron Hunt können nur noch zusehen, wie der Abschluss des Niederländers im Netz landet.
HSV-Torwart Daniel Heuer Fernandes (l.) und Kapitän Aaron Hunt können nur noch zusehen, wie der Abschluss des Niederländers im Netz landet. © WITTERS | LeonieHorky
Der HSV hatte zuvor einige gute Chancen auf den Führungstreffer nicht genutzt. Sonny Kittel (l.) traf beispielsweise nur die Latte.
Der HSV hatte zuvor einige gute Chancen auf den Führungstreffer nicht genutzt. Sonny Kittel (l.) traf beispielsweise nur die Latte. © Bongarts/Getty Images | Selim Sudheimer
Stattdessen erhöhte Matt Penney mit seinem Premierentreffer für den Kiezclub auf 0:2 (29.).
Stattdessen erhöhte Matt Penney mit seinem Premierentreffer für den Kiezclub auf 0:2 (29.). © WITTERS | ValeriaWitters
St.-Pauli-Verteidiger Leo Östigard zeigte sich beim Jubel geschichtsbewusst: Wie einst die Torhüter Benedikt Pliquett (St. Pauli) und Tom Mickel ließ er seine Freude über Penneys Tor an der Eckfahne aus.
St.-Pauli-Verteidiger Leo Östigard zeigte sich beim Jubel geschichtsbewusst: Wie einst die Torhüter Benedikt Pliquett (St. Pauli) und Tom Mickel ließ er seine Freude über Penneys Tor an der Eckfahne aus. © WITTERS | ValeriaWitters
Schall und Rauch: HSV-Fans beim Derby.
Schall und Rauch: HSV-Fans beim Derby. © Bongarts/Getty Images | Selim Sudheimer
Es hätte sogar noch schlimmer für den HSV kommen können, doch Rico Benatelli (M.) jubelte vergebens mit Waldemar Sobota (l.) und Marvin Knoll über sein vermeintliches 0:3. Der Treffer wurde aberkannt.
Es hätte sogar noch schlimmer für den HSV kommen können, doch Rico Benatelli (M.) jubelte vergebens mit Waldemar Sobota (l.) und Marvin Knoll über sein vermeintliches 0:3. Der Treffer wurde aberkannt. © dpa | Daniel Bockwoldt
St. Paulis Ryo Miyaichi (l.) lieferte sich mit Tim Leibold vom HSV ein Laufduell auf der Außenbahn.
St. Paulis Ryo Miyaichi (l.) lieferte sich mit Tim Leibold vom HSV ein Laufduell auf der Außenbahn. © WITTERS | ValeriaWitters
HSV-Verteidiger Timo Letschert (r.) erlebt im Zweikampf mit Rico Benatelli eine Bruchlandung.
HSV-Verteidiger Timo Letschert (r.) erlebt im Zweikampf mit Rico Benatelli eine Bruchlandung. © WITTERS | ValeriaWitters
Das Derby im Derby: HSV-Verteidiger Timo Letschert (l.) und St.-Pauli-Stürmer Henk Veerman wuchsen nur zehn Kilometer voneinander entfernt auf.
Das Derby im Derby: HSV-Verteidiger Timo Letschert (l.) und St.-Pauli-Stürmer Henk Veerman wuchsen nur zehn Kilometer voneinander entfernt auf. © WITTERS | TayDucLam
Sonny Kittel (l.) vom HSV versucht St. Paulis Leo Östigard zu halten.
Sonny Kittel (l.) vom HSV versucht St. Paulis Leo Östigard zu halten. © WITTERS | LeonieHorky
HSV-Stürmer Bakery Jatta (l., mit Rico Benatelli) hatte gegen St. Pauli einen schweren Stand.
HSV-Stürmer Bakery Jatta (l., mit Rico Benatelli) hatte gegen St. Pauli einen schweren Stand. © WITTERS | LeonieHorky
St.-Pauli-Torwart Robin Himmelmann (u.) rettet gegen HSV-Stürmer Bakery Jatta.
St.-Pauli-Torwart Robin Himmelmann (u.) rettet gegen HSV-Stürmer Bakery Jatta. © Bongarts/Getty Images | Selim Sudheimer
HSV-Kapitän Aaron Hunt (M.) rückte beim Derby gegen St. Pauli in die Startelf.
HSV-Kapitän Aaron Hunt (M.) rückte beim Derby gegen St. Pauli in die Startelf. © Witters
Nichts Neues auf den Rängen: Die HSV-Fans zündelten ebenso …
Nichts Neues auf den Rängen: Die HSV-Fans zündelten ebenso … © Bongarts/Getty Images | Selim Sudheimer
… wie die Anhänger des FC St. Pauli. Das dürfte für beide wieder teuer werden.
… wie die Anhänger des FC St. Pauli. Das dürfte für beide wieder teuer werden. © WITTERS | LeonieHorky
Polizei vor dem Volksparkstadion.
Polizei vor dem Volksparkstadion. © WITTERS | TayDucLam
Anders als beim vorangegangenen Heimspiel gegen Karlsruhe hatte der HSV diesmal keine eigene Pyrotechnik gezündet.
Anders als beim vorangegangenen Heimspiel gegen Karlsruhe hatte der HSV diesmal keine eigene Pyrotechnik gezündet. © WITTERS | LeonieHorky
Für Ärger sorgten vor dem Spiel St.-Pauli-Ultras, die den HSV-Block stürmen wollten. Sie kamen aber nicht weit.
Für Ärger sorgten vor dem Spiel St.-Pauli-Ultras, die den HSV-Block stürmen wollten. Sie kamen aber nicht weit. © WITTERS | ValeriaWitters
Vor dem Volksparkstadion trennte die Polizei die rivalisierenden Fans strikt voneinander.
Vor dem Volksparkstadion trennte die Polizei die rivalisierenden Fans strikt voneinander. © WITTERS | TayDucLam
1800 St.-Pauli-Anhänger waren am Vormittag geschlossen vom Millerntor-Stadion über die Landungsbrücken zum Volksparkstadion marschiert.
1800 St.-Pauli-Anhänger waren am Vormittag geschlossen vom Millerntor-Stadion über die Landungsbrücken zum Volksparkstadion marschiert. © dpa
Der Tross der St.-Pauli-Fans auf dem Weg zum Volksparkstadion.
Der Tross der St.-Pauli-Fans auf dem Weg zum Volksparkstadion. © dpa
1/27

Alex Meier drückt HSV und St. Pauli die Daumen

Ein richtig guter Stürmer war auch Meier, als er das erste Mal für St. Pauli spielte. Am 19. April 2002 hatte der damals 19 Jahre junge Angreifer sein erstes Profispiel bestritten. Ausgerechnet im Derby gegen den HSV im Volksparkstadion. Beim Stand von 0:4 wurde er von Trainer Dietmar Demuth in der 78. Minute für Matias Cenci eingewechselt. "Ich habe zwei Stadtderbys gespielt – und beide mit 0:4 verloren“, sagt Meier und lacht. 2003 war er von St. Pauli zum HSV gewechselt, zog aber nur ein Jahr später weiter zu Eintracht Frankfurt, wo er zum „Fußballgott“ avancierte.

Alexander Meier verlor am 19. April 2002 in seinem ersten Bundesligaspiel mit St. Pauli gegen den HSV und Jörg Albertz mit 0:4.
Alexander Meier verlor am 19. April 2002 in seinem ersten Bundesligaspiel mit St. Pauli gegen den HSV und Jörg Albertz mit 0:4. © Witters | VivienVenzke

Heute drückt Meier beiden Hamburger Clubs die Daumen. „Ich kenne bei beiden noch Leute. Beide Vereine sind mir sympathisch.“ Während seine St. Paulianer mit dem zweiten Derbysieg der Saison einen wichtigen Sieg im Abstiegskampf feierten, verlor der HSV im Kampf um den Aufstieg wichtige Punkte. Trainer Dieter Hecking nahm die Niederlage zunächst auf seine Kappe und ärgerte sich danach über die Untergangsstimmung im Volkspark. Die „Bild“-Zeitung hatte am Montag sogar kommentiert, dass es nun auch um die Jobs von Hecking, Sportvorstand Jonas Boldt und Clubchef Bernd Hoffmann gehe.

Alex Meier mahnt den HSV zur Ruhe

Meier mahnt dagegen zur Ruhe. „Nach einer Niederlage im Derby wird alles überspitzt dargestellt. Der HSV ist drei Punkte hinter dem Zweiten. Da ist doch gar nichts los.“ Und dann sagte Meier noch einen Satz, den man im Volkspark gerne hören wird: „Ich bin mir immer noch sicher, dass der HSV direkt aufsteigen wird.“ Und warum? „Jede Mannschaft wird noch mal eine kleine Schwächephase bekommen. Gerade am Ende der Saison gibt es in der Zweiten Liga die verrücktesten Ergebnisse.“

HSV-Kapitän Aaron Hunt (l.) und der Rest der Mannschaft krochen nach der Derby-Pleite vor der Nordtribüne zu Kreuze.
HSV-Kapitän Aaron Hunt (l.) und der Rest der Mannschaft krochen nach der Derby-Pleite vor der Nordtribüne zu Kreuze. © Witters

Auch den Satz von HSV-Kapitän Aaron Hunt („Es ist nichts passiert, außer dass wir das Derby verloren haben“) wollte Meier nicht überbewerten: „Aus der emotionalen Sicht der Fans ist das Derby das wichtigste Spiel des Jahres. Aber was Aaron Hunt wahrscheinlich meinte: Auch hier ging es nur um drei Punkte. Und in der Tabelle ist durch die Niederlage noch nichts entschieden.“

Alex Meier vermisste seinen Alf

1,96 Meter lang, 37 Jahre alt und 276 Bundesligaspiele reif: Alex Meier hat seine große Karriere vor Kurzem beendet.
1,96 Meter lang, 37 Jahre alt und 276 Bundesligaspiele reif: Alex Meier hat seine große Karriere vor Kurzem beendet. © HA | Andreas Laible

Meier wird die nächsten Monate in Buchholz verbringen und genau verfolgen, wo seine Ex-Clubs am Ende landen. Für ihn selbst geht es zur neuen Saison zurück zu Eintracht Frankfurt. Dort wird er einen Job im Verein übernehmen. Sein Abenteuer in Australien bei den Western Sydney Wanderers hatte er nach nur dreieinhalb Monaten wieder beendet. Sportlich lief es nicht mehr so wie gewollt. Und auch sein Zuhause vermisste er, vor allem seinen Golden Retriever namens Alf. Nun freut sich Meier auf neue Abenteuer. „Ich habe richtig Lust auf meine Karriere nach der Karriere.“ Am liebsten will er als Trainer arbeiten.

Sein letztes Bundesligaspiel machte Meier übrigens im Mai 2018 für Frankfurt gegen den HSV. Meier traf, der HSV stieg ab. Läuft alles nach Plan, spielen seine Frankfurter und seine Hamburger ab Sommer wieder in derselben Liga.