Hamburg. TV-Beitrag zeigt Sicherheitsmann mit HSV-Supporters-Jacke, der Journalisten anrempelt. Ein Verstoß gegen die Vereinswerte?

Eben noch zeigt die Kamera Björn Höcke, wie er einer mutmaßlichen Sympathisantin die Hand schüttelt. Dann schiebt sich ein kahler Hinterkopf ins Bild, die Aufnahme ruckelt. Auf die Frage des angerempelten Reporters, was das solle, entgegnet der glatzköpfige Mann mit gellender Stimme: "Keine Presse, habt ihr davon gehört?"

Die Szene ist bei Weitem nicht die verstörendste in dem zehnminütigen Beitrag "Gespaltenes Thüringen: Bizarrer AfD-Wahlkampf", den "Spiegel-TV" vergangene Woche ausgestrahlt hat. Man sieht darin zum Beispiel einen anderen Sicherheitsmann, wie er die Kameralinse ableckt und dies anschließend leugnet. Und man sieht scheinbar ganz normale Menschen, die sich darüber beschweren, dass man Afrikaner bei Facebook nicht als "Affen" beschimpfen darf.

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Und doch hat die Szene eine besondere Brisanz. Denn der Mann, der von der Pressefreiheit offenbar wenig hält, trägt eine Jacke des HSV Supporters Club, der Mitgliederorganisation und mit Abstand größten Abteilung des HSV. Und der steht eigentlich für Werte, für die AfD-Rechtsaußen Höcke eher nicht steht. "Sportliche Vielfalt als Vorbild für menschliche Vielfalt, Weltoffenheit und Toleranz", lautet einer der Grundsätze des Supporters Club, der allein mehr als 65.000 Mitglieder zählt.

HSV hat Wertekanon in Satzung verankert

Ein Vorstoß, AfD-Mitglieder generell vom HSV auszuschließen, war im vergangenen Jahr zwar auf Anraten der Gremien zurückgezogen worden. Doch erst im Januar hat die Mitgliederversammlung einstimmig eine politische Grundhaltung in der Satzung festgeschrieben.

In Paragraf 2 "Zweck und Aufgaben" heißt es unter Ziffer 4 jetzt: "Der Verein verhält sich weltanschaulich, parteipolitisch und konfessionell neutral und steht zur freiheitlich demokratischen Grundordnung. Er bekennt sich zu den Grundsätzen der Menschenrechte. Er tritt rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen sowie diskriminierenden oder menschenverachtenden Verhaltensweisen, insbesondere aufgrund der Nationalität, ethnischer Zugehörigkeit, Religion, des Geschlechts, des Alters, der sexuellen Identität oder einer Behinderung, aktiv entgegen."

Entsetzen bei HSV-Fans über Höcke-Ordner

Wer wie Höcke, den man ganz offiziell als Faschisten bezeichnen darf, eine damit "unvereinbare Gesinnung offenbart", könne durch Beschluss des Präsidiums aus dem Verein ausgeschlossen werden, das ist in Paragraf 12, Ziffer 4 geregelt.

In Fankreisen haben die Aufnahmen Entsetzen ausgelöst. Auch das Netzwerk Erinnerungsarbeit, ein Zusammenschluss engagierter HSV-Mitglieder zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und gegen Diskriminierung, hat bei Twitter seinem "Ärger" Ausdruck verliehen.

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Ist der Höcke-Ordner ein HSV-Supporter?

Aber ist der AfD-Ordner überhaupt Mitglied im HSV Supporters Club? In dessen Online-Shop ist zwar geregelt, dass nur Mitlieder Merchandise-Artikel erwerben dürfen. Wer eine Bestellung aufgeben möchte, muss sich zuvor mit einer Mitgliedsnummer registrieren. Doch es ist nicht auszuschließen, dass der Mann auf Umwegen an die Jacke gelangt ist.

Auf Abendblatt-Anfrage konnte der HSV aufgrund der "Spiegel-TV"-Bilder nicht ermitteln, ob es sich um ein Supporters-Mitglied handelt. Die Frage, ob der Vorfall untersucht werde und der Mann gegebenenfalls mit Konsequenzen rechnen müsse, könne deshalb auch nicht beantwortet werden.

Supporters-Chef Timo Horn: "HSV ist ein weltoffener Verein"

Abteilungsleiter Tim-Oliver "Timo" Horn verwies in diesem Zusammenhang aber "mit Nachdruck" auf die Werte, für die der HSV stehe und die in der Mitgliederversammlung beschlossen und in der Satzung verankert worden seien: "Wir sind ein weltoffener Verein, der sich klar gegen rassistische, verfassungs- und fremdenfeindliche Bestrebungen sowie diskriminierende oder menschenverachtende Verhaltensweisen stellt. Die Satzung ist für alle unsere Mitglieder verbindlich.“

Eine Handhabe, um das Tragen des Emblems auf einer rechtsradikalen Veranstaltung zu verhindern, gebe die Satzung aber letztlich nicht her.