Hamburg. 33.500 Zuschauer feiern den früheren HSV-Star bei seinem letzten großen Auftritt als Fußballer. Doch die Party ist damit nicht vorbei.
Es war kurz vor 17 Uhr, als Rafael van der Vaart seine Tränen nicht mehr halten konnte. Sein Abschiedsspiel im Volksparkstadion war schon ein paar Minuten abgepfiffen, da wurde der Niederländer noch auf dem Platz im Interview nach seinen Gefühlen gefragt. „Ich möchte mich vor allem bei meiner Familie bedanken. Meine Kinder sind so süß miteinander. Da kommen die Tränen schnell“, sagte der frühere HSV-Star van der Vaart mit brüchiger Stimme.
Dann nahm er seine zwei Jahre alte Tochter Jesslynn auf den Arm und seinen Sohn Damian (13) an die Hand und drehte eine letzte Abschiedsrunde. In der Arena erklang zunächst „Time To Say Goodbye“ und schließlich Heidi Kabels Klassiker „In Hamburg sagt man Tschüs“. Dann ging van der Vaart noch einmal in die HSV-Kabine: „Es war der perfekte Abschluss. Ein Traumtag.“
Der Traumtag begann für den 36-Jährigen zunächst noch mit ein paar schlechten Nachrichten. So sagte etwa der frühere HSV-Kollege und spätere Weltstar Vincent Kompany kurzfristig ab. Auch andere Gäste wie Fabio Cannavaro, Peter Crouch, Marcelo Díaz oder Pierre-Michel Lasogga, die ursprünglich auf der Liste der Zusagen standen, kamen nicht.
Trotzdem waren die beiden Mannschaften, die um 15 Uhr auf dem Rasen standen, ein Auszug ehemaliger Weltklasse. Vor allem das Team von „Rafas Allstars“ war gespickt von früheren Topstars wie Ruud van Nistelrooy, Robin van Persie, Arjen Robben, Mark van Bommel oder Edwin van der Sar.
Ehemalige HSV-Profis: Atouba tanzte, Ailton kugelblitzte
Die 33.500 Zuschauer im Volkspark jubelten allerdings hauptsächlich den ehemaligen HSV-Profis zu. Die Elf, die die Trainer Thomas Doll und Bruno Labbadia zunächst nominierten, ließ die Anhänger an gute alte Zeiten erinnern. An das Jahr 2006, als der HSV in van der Vaarts erster Zeit zum bislang letzten Mal die Champions League erreichte. Thimothée Atouba tanzte wieder durch den eigenen Strafraum, Daniel Van Buyten und Khalid Boulahrouz sicherten die Null, Guy Demel wurde bei seinen Vorstößen mit „Guuuuuyyyyy“-Rufen gefeiert, und vorne kugelblitzte Ailton wie immer an der Abseitslinie herum.
Der Brasilianer, dessen HSV-Geschichte damals durch den Fehlschuss gegen Werder Bremen im letzten Saisonspiel nicht gerade glücklich endete, war der erste Torschütze an diesem Nachmittag. Seinen selbst herausgeholten Elfmeter verwandelte er zur 1:0-Führung (34.).
Der heute 46-Jährige hat sein Kampfgewicht von damals zwar nicht mehr halten können, bei seinen Tiefenläufen ließ er aber immer wieder seine frühere Geschwindigkeit aufblitzen. Während Gastgeber van der Vaart ein Jahr nach seinem Karriereende beim dänischen Club Esbjerg fB deutliche Konditionsschwächen offenbarte, zeigte sein kongenialer Partner vom Bayern-Sieg 2005, Piotr Trochowski, dass man auch nach der Karriere noch richtig fit bleiben kann. Der frühere deutsche Nationalspieler wirbelte und traf mit einem sehenswerten Freistoß zum 2:1 (41.).
Ex-HSV-Star Diekmeier verzichtet auf den Torschuss
Bruno Labbadia, der am 1. Juni 2015 zusammen mit van der Vaart den dramatischen 2:1-Sieg im Relegationsrückspiel in Karlsruhe gefeiert hatte, hatte zusammen mit Doll die HSV-Mannschaft eingestellt. „Das Wichtigste ist, dass wir Rafa aus dem Spiel nehmen“, sagte Labbadia zur gemeinsamen Taktik. Van der Vaart spielte in der ersten Hälfte im Team der Niederländer, und Labbadias Plan ging auf.
Erst nach der Pause, als van der Vaart für den HSV vor der Nordtribüne spielte, lief es für ihn besser. Gleich zweimal durfte er über eigene Tore jubeln. Zweimal legte Dennis Diekmeier auf. Der langjährige Rechtsverteidiger, der jetzt für Sandhausen spielt und noch immer kein Tor in seiner Profikarriere geschossen hat, hätte auch selbst schießen können. Von den HSV-Fans wurde er immer wieder lautstark zum Abschluss aufgefordert. Doch an diesem Tag stand ein anderer im Mittelpunkt.
Diekmeier kommt mit Sandhausen noch einmal in den Volkspark
„Ich hätte egoistisch sein können, aber das war Rafaels Tag, deswegen habe ich lieber quer gespielt“, sagte Diekmeier, der am letzten Spieltag dieser Saison mit Sandhausen noch einmal in den Volkspark kommen wird. „Dann haben wir hoffentlich alle etwas zu feiern.“
Mit dem Fußball war es am Sonntag nach den beiden Toren durch van der Vaart vorbei. Spätestens als der Comedian und HSV-Fan Chris Tall mitspielen durfte, wurde aus dem Fußballspiel Folklore. Emotional wurde es noch, als van der Vaarts Sohn Damian in der 84. Minute einwechselt wurde und auf der Stadionleinwand ein Video mit Familienfotos flackerte. „Father and Son“ von Cat Stevens lief über die Stadionboxen. Als Damian dann auch noch ein Tor zum 6:7-Endstand erzielen durfte, war der „Traumtag“ für seinen Papa perfekt. „Was soll ich sagen? Einfach nur Danke. Es war ein langer Tag. Und jetzt wartet noch ein lange Nacht.“
Für die Spieler und Trainer ging es im „East“ Hotel auf St. Pauli zur Aftershowparty. Dann konnte auch „Rafas Allstars“-Trainer Louis van Gaal mal wieder beweisen, dass er ein „Feierbiest“ ist.
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HSV-Allstars u.a.: Adler, Wächter, Demel, Benjamin, Diekmeier, van Buyten, Boulahrouz, Reinhardt, Atouba, Jansen, Jarolim, Beinlich, Ben Hatira, de Jong, Trochowski, Westermann, Castelen, Lauth, Mahdavikia, Ailton.
Rafas Allstars u.a.: Van der Saar, Zalgado, van Bronckhorst, van Bommel,Heitinga, R. de Boer, Litmanen, Robben, Kluivert, van Persie, Kuyt, Overmars, van Nistelrooy.
Tore: 1:0 Ailton (32./FE). 1:1 Robben (35.), 2:1 Trochowski (41.), 2:2 van Persie (52.), 3:2 Reinhardt (54.), 3:3 van Nistelrooy (57.), 4:3 van der Vaart (65.), 4:4 Robben (69.). 4:5 van Nistelrooy (73.). 4:6 van der Meyde (76.). 5:6 van der Vaart (77.), 5:7 van der Meyde (79.), 6:7 Damian van der Vaart (89.).
Bilder von van der Vaarts Empfang am Vorabend:
Rafael van der Vaarts Empfang vor dem Abschiedsspiel