Hamburg . Der zwölf Jahre alte HSV-Fan erlebte ein Wechselbad der Gefühle. Erst ein Abendblatt-Anruf sorgte für ein Happy End.

Als der zwölf Jahre alte Henry Lanio vor einer Woche einen Brief vom HSV erhielt, funkelten seine Augen. In der Hoffnung, etwas gewonnen zu haben oder einen Dankesgruß für seine Vereinstreue zu erhalten, öffnete er den Umschlag. Doch als er zu lesen begann, brach für ihn eine Welt zusammen. „Wir haben die Reservierung deiner Dauerkarte (…) nicht freigeschaltet“, teilte ihm der Club in dem Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt, mit. Mit anderen Worten: Henry ist das Vorkaufsrecht auf sein HSV-Jahresabo entzogen worden.

Briefe wie dieser gingen an rund 600 Dauerkartenbesitzer. Davon hatten 400 Zuschauer einen Platz auf der begehrten Nordtribüne. Hintergrund dieser Maßnahme ist die vor drei Spielzeiten eingeführte Mindestnutzung, die eine Anwesenheitspflicht bei mindestens zwölf von 17 Heimspielen verlangt. Als dieses Konzept neu eingeführt worden war, wurden wie in diesem Sommer 600 Fans die Verlängerung ihres Jahrestickets verweigert. Vor einem Jahr waren es 750 Anhänger.

Gewinner dieser Regelung sind vor allem die 2500 HSV-Mitglieder, die auf der Warteliste für eine unverändert zwischen 204 Euro und 663 Euro teure HSV-Dauerkarte stehen. Als Ausschluss vom Erwerb eines Jahrestickets ist der Verlust des Vorkaufsrechts jedoch nicht zu verstehen. Mit Beginn des Mitglieder- (18. Juni) oder freien Verkaufs (20. Juni) können die Betroffenen eine andere Dauerkarte beantragen. Darauf wurde auch Henry in dem Brief hingewiesen.

HSV registriert hohe Nutzung der Dauerkarten

Der HSV zeigt sich mit dem Ergebnis der Maßnahme zufrieden. In der gesamten Saison gab es lediglich drei Heimspiele, bei denen rund zehn Prozent – also doppelt so viel wie üblich – der Dauerkarteninhaber nicht anwesend waren: An einem Mittwoch gegen Sandhausen, einem Montag gegen Fürth und beim letzten aus sportlicher Sicht bedeutungslosen Heimspiel gegen Duisburg.

Henrys Fall stellt sich jedoch etwas differenzierter dar. Dem Schüler, der seit sechs Jahren mit seinem Vater Dirk regelmäßig zum HSV geht, war es wegen der siebenmaligen späten Anstoßzeit um 20.30 Uhr in der Woche nicht möglich, immer dabei zu sein. Deshalb bemühte sich seine Familie, Henrys Karte durch einen Freund oder Nachbarn zu nutzen, um die Mindestnutzung zu erfüllen. „Bei vielen Abendspielen haben wir die Kinder-Dauerkarte an der Abendkasse upgegradet“, sagt Dirk Lanio.

Der 50-Jährige hat seit elf Jahren seinen Stammplatz im Langnese Familienblock 8c (Reihe 4, Platz 83). Anfangs begleiteten ihn Tochter Lilly (22) und Sohn Carlo (18) mit jeweils einer Kinderkarte. Seit sechs Jahren besucht auch Henry regelmäßig die Heimspiele der Hamburger. In der abgelaufenen Zweitligasaison war er allerdings seltener als zuvor im Volksparkstadion.

Henrys Problem: Für Sky, den TV-Partner der Deutschen Fußball-Liga (DFL), war es wegen der höheren Einschaltquote lukrativ, die Hamburger verstärkt an einem Montagabend zu übertragen – ein nicht nur für Schüler fanunfreundlicher Termin. Und so mehrten sich die Fälle, in denen ein Bekannter der Familie Henrys Kinderkarte für einen Erwachsenen hochstufen ließ. „Die Karte wurde deutlich mehr als zwölfmal genutzt“, betonte Vater Dirk.

HSV hat schon 18.000 Dauerkarten verkauft

Henrys Mutter Sonja Lanio legte deshalb Beschwerde beim HSV ein. „Empört hat mich außerdem, dass ich als Dauerkarteninhaberin nicht über das entzogene Vorkaufsrecht informiert wurde, sondern nur mein noch gar nicht geschäftstüchtiger zwölfjähriger Sohn“, sagt sie dem Abendblatt, das den Club um eine Klärung des Falls bat. Daraufhin dauerte es nur 38 Minuten, bis sich der Verein mit einer positiven Nachricht bei Familie Lanio zurückmeldet: Henry darf seine Dauerkarte behalten.

Für den Zwölfjährigen ist es das Happy End nach einem Wechselbad der Gefühle. „Für die neue Saison wünsche ich mir allerdings weniger Abendspiele und vor allem tolle Auftritte des HSV, damit es wieder richtig Spaß im Stadion macht“, sagt Henry überglücklich. Er ist einer von 18.000 Fans, die eine Dauerkarte für die kommende Spielzeit besitzen. Das vereinsintern ausgegebene Ziel von deutlich mehr als 20.000 verkauften Jahresabos könnte noch in dieser Woche erreicht werden – auch dank Henry.