Hamburg. Der HSV bleibt zweitklassig. Uli Stein sieht einen Ausweg aus der Dauerkrise. Magath moniert dagegen den internen Umgang mit Kritik.
Vorstandsboss Bernd Hoffmann und Präsident Marcell Jansen sagten unter dem Einfluss ihrer Emotionen lieber nichts in der Öffentlichkeit. Unmittelbar nach dem Schlusspfiff in Paderborn (1:4) verließen die HSV-Bosse fluchtartig die Arena. Reden wollten dafür andere. Die Club-Ikonen Uwe Seeler, Felix Magath und Uli Stein trauern um den verpassten Aufstieg, benennen Fehler, die gemacht wurden, und wagen einen Ausblick in eine bessere Zukunft. Auch Willi Schulz äußert sich.
"Ich habe natürlich bis zuletzt gehofft, aber nach den letzten Spielen war die Hoffnung nicht mehr so groß. Jetzt bin ich natürlich sehr enttäuscht. Weiter Zweite Liga ist für Hamburg nicht schön und für mich natürlich auch nicht", sagte Seeler am Montag. "Ich selbst kann ja leider nicht mehr helfen", fügte der 82 Jahre alte ehemalige HSV-Profi und -Präsident mit Galgenhumor hinzu.
Seeler kritisiert Kaderzusammenstellung
Seeler hat die Kaderzusammenstellung als Grund für den verpassten Aufstieg ausgemacht. "Wir waren weder vorne noch hinten sattelfest", kritisierte er. Die Hauptschuldigen für den sportlichen Absturz nach zuletzt acht Spielen ohne Sieg wollte "Uns Uwe" jedoch nicht namentlich benennen. "Die Verantwortlichen wissen sicher Bescheid, warum es nicht gereicht hat."
Club-Idol Seeler hofft nun, dass Vorstandschef Bernd Hoffmann und Sportvorstand Ralf Becker die richtigen Konsequenzen ziehen, damit es in der kommenden Saison wieder aufwärts geht. "Es gibt einiges zu tun, um die Mannschaft in die Spur zu bekommen. Aber ich fürchte, dass es nächstes Jahr nicht einfacher, sondern schwerer wird, um den Bundesliga-Aufstieg zu schaffen."
Magath "blutet das Herz"
Mit seinem Leid ist Seeler nicht allein. "Was für ein Desaster. Mir blutet das Herz", begann Magath seinen emotionalen Facebook-Beitrag am späten Sonntagabend. "Noch heute Mittag konnte ich mir nicht vorstellen, dass der HSV diese entscheidende Partie am vorletzten Spieltag gegen Paderborn (Aufsteiger aus der 3. Liga!) nicht gewinnt. Jetzt bin ich sprachlos."
Der frühere HSV-Trainer, der als Spieler den Club 1983 mit seinem Tor im Finale gegen Juventus Turin (1:0) zum Europapokalsieg der Landesmeister schoss, sieht die Schuldigen für den Absturz von Rang eins auf Platz vier binnen weniger Wochen auf der Führungsetage. "Vor Wochen wollte niemand beim HSV kritische Töne hören. Es sind beim HSV viele falsche Entscheidungen getroffen worden", schrieb Magath, ohne dabei ins Detail zu gehen. Seine Abschlussfrage: "Wer übernimmt jetzt die Verantwortung?
Stein stützt Sportvorstand Becker
Auch Uli Stein leidet mit den Hamburgern. "In vieler Hinsicht bleibt mir unerklärlich, was mit meinem Ex-Club in der Zweiten Liga passiert ist. Wahrscheinlich hat sich die permanente Drucksituation, in der sich die Mannschaft im Vergleich zur Konkurrenz aus Berlin und Paderborn befand, negativ ausgewirkt", schrieb Stein in seiner "Kicker"-Kolumne. "Nebengeräusche um nicht mehr verlängerte Verträge und einige unglückliche Spiele führten in der Summe schließlich zu dieser Verunsicherung, der selbst hartgesottene Profis nicht mehr Herr wurden."
Bei einem erneuten Anlauf müsse der HSV nun "mit viel Feingefühl eine Mannschaft nach Qualität und Perspektive und nicht nach Namen zusammenstellen", forderte Stein. Sportvorstand Ralf Becker, der mit den Altlasten seiner Vorgänger zu kämpfen habe, "traue ich das zu", sagte der frühere Nationalspieler. "Den Beweis, ein erfolgreicher Trainer im Profigeschäft zu sein, hat Hannes Wolf nachhaltig dagegen noch nicht erbracht", schrieb der 64-Jährige. "Diese Position gilt es für mich zu hinterfragen."
Was Stein noch nicht zu wissen scheint: Die Position des Trainers wird auch hinterfragt. Nach Abendblatt-Informationen hat Hannes Wolf über die Saison hinaus keine Zukunft mehr beim HSV.
Stein: HSV nach Abstieg noch schlechter
Trotz seiner Trauer ist der Nichtaufstieg der Hanseaten für Stein mehr als verdient. „Eigentlich hat es der Verein nicht mehr anders verdient, wenn man so oft dem Abstieg von der Schippe springen konnte, ihn nur mit viel Glück vermeiden konnte und immer noch nichts daraus macht“, sagte er noch am Sonntagabend bei „Sky90“.
Stein ergänzte: "Stattdessen hat es der HSV sogar noch schlechter gemacht. Ein Abstieg kann ja heilsam sein, man denkt, irgendwann wachen sie mal auf. Aber sie präsentieren sich noch schlechter als in der Bundesliga.“
Der HSV verliert den Showdown gegen Paderborn
Willi Schulz "sprachlos" über HSV-Absturz
Auch weitere Ex-Profis reagierten schockiert. Willi Schulz, der 233-mal für den HSV auflief, kann sich das Scheitern seines früheren Vereins nicht erklären. "Da ist man eigentlich sprachlos", sagte der 80-Jährige am Montag. Wer am Absturz des Herbstmeisters in der miserablen Rückrunde mit abstiegsverdächtigen 16 Punkten aus 16 Partien die Hauptschuld trage, sei auch für ihn "schwer zu beurteilen. Dafür bin ich zu weit weg von der Mannschaft."
Einen erneuten Umbruch im Team, das seit acht Punktspielen sieglos ist und zuletzt wiederholt in seine Einzelteile zusammenbrach, hält er aber für unvermeidlich, meinte der frühere Abwehrchef. Nur dann könne der HSV in der kommenden Saison von Neuem angreifen. "Wir können nur hoffen, dass wir uns fangen und wieder dahin kommen, wo wir hingehören – in die Bundesliga", betonte Schulz.