Hamburg. Gegner Union ist vor dem HSV-Spiel ungewohnt angespannt. Deutlich lockerer gibt sich die Konkurrenz vor dem Aufstiegs-Showdown.
Pünktlich um 13.30 Uhr öffnet sich am Freitag die Tür zum Medienraum in der ersten Etage des Volksparkstadions. „Hallo zusammen“, sagt HSV-Trainer Hannes Wolf entschlossen in die Runde, als er mit energischen Schritten auf das Podest steigt. Ein kurzer Blick auf den ausgelegten Statistikzettel, dann richtet der Coach seinen Blick nach vorn. Der Showdown vor dem Duell um den Aufstieg am Sonntag bei Union Berlin (13.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) ist eröffnet.
Union sei eine „extrem gute Mannschaft“, sagt der in einem hellblauen Pullover gekleidete Wolf zu Beginn. Er erwarte ein „Duell auf Augenhöhe“. Und von seinen Spielern fordert der Coach „eine Topleistung“ für diesen „Riesenfight“. Während dieser Worte zieht er seine Augenbrauen mehrfach synchron nach oben. Sein Blick wirkt zunehmend konzentrierter. „Es wird extrem intensiv werden. Wir müssen Vollgas geben“, sagt Wolf. In seinen Augen leuchtet nun die Vorfreude auf das Auswärtsspiel beim Verfolger aus der Hauptstadt.
Das HSV-Training am Freitag:
Vor dem Topspiel: HSV geht im Training auf Tauchstation
Union-Coach Fischer wirkt angespannt
Knapp eine Stunde zuvor stand Urs Fischer im Fokus der Frage-Antwort-Runde im 317 Kilometer entfernten Berliner Ortsteil Köpenick. In seinem Schweizer Dialekt fordert der Union-Trainer von seinen Profis Mut gegen einen „spielstarken HSV“. Dieses im Fußball eigentlich unabdingbare Attribut scheint für den Tabellenvierten, der ähnlich wie die Hanseaten nur drei Punkte aus den vergangenen fünf Partien holte, in seiner momentanen Verfassung alles andere als selbstverständlich. „Die Situation ist nicht so angenehm. Wir müssen die jüngsten Spiele aus dem Kopf kriegen“, sagt der 53 Jahre alte Fischer mit ernster Miene. Er wirkt angespannter als üblich. Zeigen die Berliner Nerven im Endspurt des Aufstiegskampfs?
Heidenheim nimmt Underdog-Rolle an
Zurück in Hamburg will Wolf von dieser Last profitieren. „Es ist greifbar, dass die Saison in die letzten Züge geht. Ein bisschen Anspannung ist nicht schlecht, das schärft die Sinne“, sagt der Coach. Auch 662 Kilometer weiter südlich wird die Frage nach dem Umgang mit dieser Problematik gestellt. „Es ist ein richtungweisender Spieltag“, sagt Heidenheim-Trainer Frank Schmidt in gewohnt gelassener Art vor der Partie in Paderborn.
Tatsächlich ist die Konstellation des anstehenden Spieltags der Zweiten Liga eine besondere. Mit dem HSV (53 Punkte), Paderborn (51), Union Berlin (50) und Heidenheim (49) treffen die vier Konkurrenten um Platz zwei in direkten Duellen aufeinander. Da die Bundesligarückkehr des Spitzenreiters 1. FC Köln nur noch eine Frage der Zeit scheint, ist nur noch ein direkter Aufstiegsplatz zu vergeben. Die beste Ausgangslage haben die Hanseaten, Heidenheim ist als Fünfter dagegen Außenseiter.
Trainer Schmidt nimmt diese Rolle gerne an. „Vor der Saison haben alle geglaubt, dass wir absteigen, nun stehen wir unter den ersten Fünf. Wir haben uns diese Überraschung verdient“, sagt der Coach nach einem Griff ans linke Ohrläppchen. Schwarze Trainingsjacke, stolzes Lächeln. „Wir fahren nach Paderborn, um zu gewinnen. Das wird der Gegner aber auch vorhaben.“
Paderborn gibt sich bescheiden
Als hätten sie sich abgesprochen, bestätigt Paderborn-Trainer Steffen Baumgart knapp 30 Minuten später diese zugegeben wenig vage These. „Beide Mannschaften wollen das Spiel gewinnen“, sagt der frühere Stürmer, der als einziger der vier im Rampenlicht stehenden Trainer ein kurzärmliges rotes Shirt gewählt hat. Sein Team ist die größte Überraschung der laufenden Spielzeit. Der Drittliga-Aufsteiger hat den Durchmarsch ins Fußball-Oberhaus dank des Heimspiels gegen den HSV (12. Mai) sogar in der eigenen Hand. Voraussetzung wäre ein Sieg gegen Heidenheim. „In einer Saison, die sehr gut für uns läuft, können wir einige Sachen positiv gestalten“, sagt Baumgart bescheiden.
Hannes Wolf plant taktische Überraschung
Von Bescheidenheit will in Hamburg keiner etwas hören. „Du musst dein Herz auf dem Platz lassen“, fordert Wolf, dessen Gesichtsmuskulatur um die Augenbrauen herum zunehmend beansprucht wird. Für das Duell bei Union will sich der Taktiktüftler wie schon im Pokal bei Paderborn (2:0) und gegen Leipzig (1:3) sowie in der Liga in Köln (1:1) etwas Besonderes einfallen lassen. Denn immer wenn der HSV den Gegner in der Rückrunde überraschte, spielte er seinen besten Fußball. Damit sich seine Gedanken nicht schon vor dem Anpfiff in der Hauptstadt verbreiten, verlegte Wolf das Training am Freitag nach einer halben Stunde in die Arena unter Ausschluss der Öffentlichkeit. „Im leeren Stadion hat das schon mal ganz gut geklappt“, sagte der Coach mit einem breiten Grinsen.
Nun müssen seine Ideen nur noch an der Alten Försterei zünden.