Hamburg. Trotz erteilter Lizenz wird vor dem wegweisenden Spiel bei Union Berlin der finanzielle Druck eines HSV-Aufstiegs noch einmal offenbar.
Einen Tag nach der Einigung des HSV mit Investor Klaus-Michael Kühne blieb das Büro von Frank Wettstein auf der Geschäftsstelle leer. Der zuletzt viel gefragte Finanzvorstand nahm sich nach ereignisreichen Wochen ein paar Tage frei. Vier Spieltage vor Saisonende ist die Ligazugehörigkeit für die kommende Spielzeit zwar immer noch ungeklärt. Die finanziellen Weichen sind jedoch sowohl für den Fall des Aufstiegs als auch für einen möglichen Verbleib in der Zweiten Liga weitgehend gestellt. Denn viele Unterlagen, die in den vergangenen Wochen über Wettsteins Schreibtisch liefen, sorgten für positive Nachrichten.
Nachdem der Club am Dienstag die Lizenz für die Erste und Zweite Liga ohne Auflagen erhalten hat, steht seit Mittwoch auch fest, dass Kühne für ein weiteres Jahr vier Millionen Euro dafür zahlt, dass die Arena Volksparkstadion heißt. Außerdem zahlt der HSV dem Milliardär eine Summe von rund sechs Millionen Euro, damit Kühne auf sämtliche noch ausstehende Rückzahlungen verzichtet. Dieser Deal lindert vorerst den Druck auf die wirtschaftliche Schieflage des Vereins.
Für Finanzboss Wettstein warten nach der Rückkehr weitere Herkulesaufgaben. So gehen die Verhandlungen um eine Verlängerung mit Hauptsponsor Emirates in die nächste Runde. Nur wenn dem HSV die Rückkehr in die Bundesliga gelingt, kann sich die Fluggesellschaft ein weiteres Engagement von jährlich sieben bis acht Millionen Euro (in der Zweiten Liga sind es 4,5 Millionen Euro) vorstellen. Um dieses sportliche Ziel zu erreichen, ist am Sonntag ein Sieg beim Aufstiegskonkurrenten Union Berlin (13.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) nötig.
13 Millionen Euro mehr TV-Geld bei Aufstieg
Die Partie ist allerdings nicht nur wegen einer möglichen Übereinkunft mit Emirates von Bedeutung. Es hängen weitreichende finanzielle Folgen am Ausgang dieser Spielzeit, deren Richtung nach dem Duell an der Alten Försterei klarer sein dürfte. Wenn die Saison jetzt zu Ende wäre, würde der HSV 34,626 Millionen Euro statt bislang 20,7 Millionen Euro aus der TV-Vermarktung einnehmen. Sollte der Club in der Tabelle aber noch von mindestens zwei Teams überholt werden und auf einen Nichtaufstiegsplatz zurückfallen, würde diese Summe um rund 13 Millionen Euro auf etwa 22 Millionen Euro sinken.
Ein Zweitligaverbleib hätte auch Auswirkungen auf die Zusammenstellung des Kaders. Im Aufstiegsfall würde mit einem Spieleretat von 40 bis 50 Millionen Euro kalkuliert werden. Ein weiteres Jahr im Fußball-Unterhaus hätte eine Reduzierung von derzeit etwas mehr als 30 Millionen Euro auf 25 Millionen Euro zur Folge. Die Hamburger behaupten zwar, dass es keine Vorgabe gäbe, einen Transferüberschuss zu erwirtschaften. Dennoch würde der HSV die voraussichtlich 15 bis 20 Millionen Euro hohe Einnahme durch den als sicher geltenden Verkauf von Linksverteidiger Douglas Santos nicht komplett reinvestieren. Vielmehr würde der Club versuchen, seine Verbindlichkeiten von 85 Millionen Euro mit einem Großteil des Transfererlöses abzubauen.
Union Berlin will kräftig investieren
Ganz anders sieht es bei den in der Tabelle drei Punkte hinter dem HSV platzierten Berlinern aus. Dort bereitet man sich auf den erstmaligen Bundesligaaufstieg vor. Für das erklärte Ziel hat Union in den zurückliegenden Jahren kräftig investiert. Vor der Saison wurde der Etat von 14,6 Millionen Euro auf 16,3 Millionen Euro erhöht. Selbst wenn der Aufstieg in diesem Jahr noch nicht gelingen sollte, will der Hauptstadtclub im kommenden Sommer einen Rekordetat von 17 bis 18 Millionen Euro stemmen. Außerdem rüsten sich die Berliner mit einem 38,1 Millionen Euro teuren Stadionausbau von 22.012 auf rund 37.000 Plätze für die Zukunft. Für 26 Millionen Euro entsteht zudem ein Nachwuchsleistungszentrum.
Möglich sind diese Entwicklungsschritte durch gesundes Wirtschaften in den vergangenen Jahren. So konnte der Club sein negatives Eigenkapital auf 11,5 Millionen Euro senken. Anders als beim HSV geht die finanzielle Entwicklung in die richtige Richtung.
Dennoch gibt es zwischen beiden Vereinen eine Parallele. Auch die Berliner sind noch auf der Suche nach einem Hauptsponsor für die kommende Spielzeit. Das Lebensmittelunternehmen Layenberger steigt nach drei Jahren im Sommer aus. Einen neuen Partner kann der Zweitligist noch nicht präsentieren. Geht es nach dem Wunsch der Club-Verantwortlichen, soll der neue Hauptsponsor sein Engagement möglichst erhöhen. Bislang zahlte Layenberger jährlich 500.000 Euro.
Würde Adidas seine Gelder halbieren?
Mit diesen Summen nähert sich Union Berlin dem Aufstiegsrivalen aus Hamburg zwar mit kleinen Schritten an. Doch selbst im Falle des verpassten Aufstiegs bliebe der finanzielle Vorsprung des HSV auf die Zweitligakonkurrenten erheblich. Und das, obwohl Ausrüster Adidas seine Konditionen nach Abendblatt-Informationen dann um die Hälfte auf nur noch zwei Millionen Euro pro Jahr senken würde.
Es sind Aussichten, die Finanzvorstand Wettstein in seinem Büro weiterhin mit viel Arbeit versorgen.