Köln. Ersatzgeschwächte Hamburger holen dank Joker Wintzheimer in Köln einen Punkt – haben aber Glück, dass Jung nicht vom Platz fliegt.

Manuel Wintzheimer und Léo Lacroix fielen sich in die Arme, als Schiedsrichter Robert Hartmann am späten Montagabend nach 93 Minuten das Spitzenspiel zwischen dem 1. FC Köln und dem HSV beendete. Auch Geburtstagskind Hannes Wolf eilte hinzu. Wintzheimer und Lacroix waren die überraschenden Gewinner eines Abends, der für den HSV so schwierig begann und so glücklich endete. Der eingewechselte Wintzheimer war es, der mit seinem Tor zum 1:1 (1:0) die Hamburger für eine starke zweite Halbzeit belohnte und sich, den HSV und Trainer Wolf mit seinem ersten Profitor beschenkte.

Die Hamburger bleiben zwar im vierten Spiel in Folge ohne Sieg, durch den späten Ausgleich durften sie sich aber wie Gewinner fühlen. „Es fühlt sich sehr gut an. Wir haben alles reingelegt und verdient einen Punkt geholt“, sagte der schüchtern aufgelegte Torschütze Wintzheimer, für den es zugleich das erste Tor bei den Profis war.

Auch dank seines Tores war Trainer Wolf voll des Lobes. "Wir haben richtig guten Fußball im zweiten Durchgang gezeigt, stehen jetzt aber auch in der Pflicht, genauso gegen Aue weiterzumachen. Ein Riesenkompliment an die Mannschaft, wir haben gezeigt, dass wir noch leben", sagte Trainer Hannes Wolf, der sich vor allem über seinen treffsicheren Youngster freute. "Manu hat einen fantastischen Torabschluss. Er hat schon gelitten in einer Phase, in der er wenig gespielt hat. Aber er hat sich über die U21 hochgekämpft und wurde nun belohnt."

Anfang poltert, weil Jung nicht flog

Markus Anfang war dagegen stinksauer. Der Kölner Trainer monierte einen nicht gegebenen Platzverweis für Gideon Jung in der 62. Minute. Der HSV-Profi hätte nach einem taktischen Foul eigentlich Gelb-Rot sehen müssen. Auch sein Trainer Wolf räumte ein: "Das war Glück."

Gideon Jung hatte in dieser Szene Glück, nicht mit Gelb-Rot vom Platz geflogen zu sein. Wolf nahm ihn anschließend sofort runter.
Gideon Jung hatte in dieser Szene Glück, nicht mit Gelb-Rot vom Platz geflogen zu sein. Wolf nahm ihn anschließend sofort runter. © imago/Nordphoto

Für Anfang gab es dennoch schon vor dem Spiel einen sehr gewichtigen Grund zum Feiern: Kurz vor dem Anpfiff machte im natürlich rappelvollen Rhein-Energie-Stadion die Runde, dass Vater Dieter, der vor fünf Tagen bei Kölns Nachholspiel gegen den MSV Duisburg (4:4) einen Herzinfarkt erlitten hatte, wieder bei Bewusstsein ist. Bereits am Vortag hatten die Ärzte in der Duisburger Sana-Klinik den 69-Jährigen aus dem künstlichen Koma geholt. „Meinem Vater geht es viel besser. Der Sport hat uns geholfen“, sagte Anfang vor dem Anpfiff bei Sky.

Und Trainerkollege Hannes Wolf? Der freute sich bei aller Konkurrenz selbstverständlich auch über die Genesung von Anfangs Papa Dieter. Ansonsten hatte der HSV-Coach an seinem 38. Ehrentag allerdings nicht viel zu feiern. Immerhin gab es für den Geburtstagsmuffel, der bereits am Vortag eingeräumt hatte, sich nicht besonders viel aus großen Feierlichkeiten zu machen, am Nachmittag ein Ständchen und eine Torte. Doof nur, dass Asket Wolf grundsätzlich auf Süßes verzichtet.

HSV-Fans verzögern Anpfiff wegen Pyro

Beim Spiel am Abend verzichtete Wolf nach dem Ausfall von Pierre-Michel Lasogga (Adduktorenprobleme) dann wie erwartet zunächst auf einen gelernten Stürmer. Ganz vorne setzte der Hamburger auf Berkay Özcan als sogenannte „falsche Neun“. „Berkay ist sehr ballsicher. Wir wollen schnell nach vorne spielen und unsere Jungs füttern“, umriss Wolf kurz vor dem Anpfiff seinen 4-1-4-1-Matchplan. „Wir werden uns nicht hinten reinstellen. Wir wollen auch pressen und aktiv spielen.“

Aus Hamburg mitgereiste Zuschauer übertrieben die Selbstinszenierung durch das Abbrennen von Pyrotechnik und sorgten dadurch für einen verspäteten Anpfiff.
Aus Hamburg mitgereiste Zuschauer übertrieben die Selbstinszenierung durch das Abbrennen von Pyrotechnik und sorgten dadurch für einen verspäteten Anpfiff. © dpa

So weit die Theorie. In der Praxis waren es zunächst nur die mehr als 5000 HSV-Fans, die im wahrsten Sinne des Wortes mit einer Pyroshow für ein Feuerwerk sorgten. Fußball wurde dann auch irgendwann gespielt. Allerdings vorrangig durch die Kölner, die von Anfang an ihre Ambitionen sehr deutlich machten.

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Während von Hamburgs Verlegenheitsoffensive zunächst gar nichts zu sehen war, konnte sich zu Beginn vor allem der nach langer Zeit mal wieder in die Startelf gerückte Lacroix gegen den Super-Sturm der Zweiten Liga auszeichnen. Wie ein 1,97 Meter großer Fels in der Brandung prallten Kölns Top-Torjäger Jhon Cordoba und Simon Terodde immer wieder am Schweizer ab.

Köln trifft nach einem Standard

Nach 25 Minuten war aber selbst der Hüne mit der sorgfältig blondierten Strähnchenfrisur machtlos. Johannes Geis‘ Eckball verlängerte Marco Höger (gegen Douglas Santos und eben Lacroix) auf Dominick Drexler. Wie in den vorherigen Spielen schon öfter hatte der Ex-Kieler an der Torauslinie gelauert – und war dann den entscheidenden Schritt vor Gotoku Sakai schneller.

Ohne wirkliche HSV-Chance ging es in die Pause. Einen Grund zum Wechseln sah Trainer Wolf allerdings trotzdem nicht. Und so kamen die Hamburger pünktlich zum Wiederanpfiff mit selbem Personal, aber mit veränderter Einstellung auf den Rasen. Bestes Beispiel: Khaled Nareys starke Vorarbeit auf Bakery Jatta, der den Ausgleichstreffer genauso haarscharf verpasste (53.) wie ein Viertelstündchen später (69).

Der mitgereiste Lewis Holtby, der gelbgesperrt fehlte, konnte von der Tribüne aus verfolgen, dass sich seine Kollegen in der zweiten Halbzeit gegen die drohende Niederlage leidenschaftlich wehrten.

Wintzheimer kam und traf

Wolf brachte für die letzten zehn Minuten mit Manuel Wintzheimer dann doch noch einen gelernten Stürmer. Eine Eingebung, die sich auszahlen sollte. Nur fünf Minuten nach seiner Einwechslung stand der 20-Jährige nach einer zunächst abgewehrten Ecke am zweiten Pfosten goldrichtig und schoss den Ball mit links aus sechs Metern zum hochverdienten Ausgleich in die Maschen (85.).

Die Statistik

Köln: Timo Horn – Mere, Höger, Czichos – Clemens (43. Risse), Geis, Kainz – Drexler, Hector – Terodde (73. Lasse Sobiech), Cordoba (81. Modeste). – Trainer: Anfang

HSV: Pollersbeck – Sakai (81. Wintzheimer), Lacroix, van Drongelen, Santos – Janjicic – Gideon Jung (64. Vagnoman), Mangala – Narey, Jatta – Berkay Özcan. - Trainer: Wolf

Schiedsrichter: Robert Hartmann (Wangen)

Tore: 1:0 Drexler (26.), 1:1 Wintzheimer (85.)

Zuschauer: 50.000 (ausverkauft)

Gelbe Karten: Terodde (4), Kainz (4), Hector (6), Mere (3) – Gideon Jung (3), van Drongelen (3), Wintzheimer

Torschüsse: 12:15

Ecken: 6:8

Ballbesitz: 43:57 %