Hamburg. Trotz des Abgangs des zuständigen Marketing-Direktors wird der Kooperationsvertrag mit dem chinesischen Topclub SIPG verlängert.
An diesem Mittwoch kommt der dritte Gast aus China beim HSV an. Der 19 Jahre junge Jian Shi vom Shanghai International Port Group Football Club, kurz SIPG FC, wird im Volkspark trainieren. Mit dem Topclub aus der ersten chinesischen Liga haben die Hamburger vor rund drei Jahren einen Kooperationsvertrag geschlossen. Ende 2018 ist der Kontrakt ausgelaufen. Nun geht die Partnerschaft in die Verlängerung. Drei Talente aus Shanghai wohnen in den kommenden acht Wochen in Hamburg und werden beim HSV in dieser Zeit von Individualtrainern betreut. Es ist eine neue Form der Zusammenarbeit mit SIPG und läuft für insgesamt 18 Monate. Ende dieses Jahres will der HSV mit den Chinesen über einen neuen Kooperationsvertrag verhandeln.
„Die Kooperation mit SIPG ist dem HSV sehr wichtig und wir freuen uns, dass die Partnerschaft weiter umgesetzt wird“, sagt Vorstandschef Bernd Hoffmann dem Abendblatt. Konkret geht es bei der Fortführung zunächst um Verpflichtungen aus dem ersten Vertrag, die von den SIPG-Verantwortlichen bislang nicht wahrgenommen wurden. Kernpunkt der ursprünglichen Kooperation war ein Wissensaustausch, von dem insbesondere der Club aus China profitieren sollte. Doch so richtig glücklich wurden die Chinesen mit der Zusammenarbeit nicht, obwohl der Austausch intensiv gelebt wurde. So reisten mal Gruppen aus Shanghai zu Seminaren oder Testspielen nach Hamburg, mal flogen HSV-Verantwortliche wie Ex-Sportdirektor Bernhard Peters nach China, um Ideen und Konzepte aus der Hamburger Nachwuchsarbeit mit SIPG zu teilen. Dafür zahlte der Club dem HSV rund fünf Millionen Euro für zwei Jahre.
Marketingdirektor Riepe hört beim HSV auf
Diese Zusammenarbeit könnte sich künftig ändern. Mittelfeldspieler Jian Shi und seine zwei Kollegen sind eine Art Projekt. Sie sollen in Hamburg über einen längeren Zeitraum mitbekommen, wie im Nachwuchs eines deutschen Proficlubs trainiert und gearbeitet wird. Zudem sollen sie körperlich und athletisch auf ein neues Level gelangen. Verläuft die Zusammenarbeit zufriedenstellend, könnte sich aus diesem Projekt wiederum eine neue Vereinbarung ergeben.
Allerdings muss sich auch der HSV in seiner Zusammenarbeit mit SIPG neu aufstellen. Das Abendblatt erfuhr: Der bislang zuständige Direktor für Marketing und internationale Märkte, Florian Riepe, hört beim HSV auf. Der 49-Jährige hat sich mit dem Club in beiderseitigem Einvernehmen auf eine Trennung geeinigt. Nach rund drei Jahren hat Riepe an diesem Freitag seinen offiziell letzten Arbeitstag im Volkspark. Der Marketingdirektor war unter anderem für die Kooperation mit SIPG verantwortlich.
Hintergrund des Abgangs ist ein Zugang, der bereits seit Januar beim HSV arbeitet. Henning Bindzus wechselte Anfang des Jahres als Direktor Business Relations & Marke zurück nach Hamburg. Der 35-Jährige war zwischen 2009 und 2013 schon einmal beim HSV, arbeitete damals eng mit der früheren Marketingvorständin Katja Kraus zusammen und betreute die Sponsoringinitiative „Der Hamburger Weg“. Bindzus gilt als Vertrauensmann von Clubchef Hoffmann, mit dem er in seiner ersten Zeit ebenfalls schon zusammenarbeitete.
Marketingabteilung umstrukturiert
Hoffmann hat die Marketingabteilung des HSV in den vergangenen Monaten umstrukturiert. Bindzus soll als Schnittstelle zu Vermarkter Lagardère fungieren und hat neben den Sektoren Marke, Business Relations und Internationalisierung auch den Bereich Vertrieb von Oliver Poppelbaum übernommen. Poppelbaum, der ebenfalls auf Direktoren-Ebene als Prokurist beim HSV arbeitet, kümmert sich künftig um den Bereich Digitales. Für Riepe, der sich neben China auch um den Bereich eSports kümmerte, blieb da kaum Platz mehr.
Bindzus, der von 2013 bis 2017 das Bundesliga-Sponsoring von Hermes leitete und zuletzt als selbstständiger Berater im Sportgeschäft tätig war, übernimmt von Riepe nicht nur die Zuständigkeit für den eSport, sondern auch die Kooperation mit SIPG. In China hatte Riepe über eine örtliche Agentur auch ein Franchiseprogramm aufgebaut, durch das in dem Land bereits zwei Fußballschulen nach dem HSV-Konzept eröffnet wurden. Drei weitere werden jetzt folgen. Die Schulen in China arbeiten nach den Prinzipien der HSV-Fußballschulen. Auf den Trainingsplätzen hängen die HSV-Flaggen, sogar Imitationen von Maskottchen Dino Hermann sind dort zu finden.
Die Potenziale des chinesischen Marktes will der HSV auch weiterhin nutzen und verfolgen. Allerdings zeigen auch Kooperations-Beispiele anderer Clubs wie jenes des FC Schalke 04 mit dem Hebei China Fortune FC, dass sich die Zusammenarbeit mit den Chinesen oft komplizierter gestaltet als erhofft.
Vielleicht entpuppt sich ja zumindest einer der Gastspieler aus China für den HSV irgendwann als Volltreffer. So wie vor zehn Jahren, als drei 16-jährige Südkoreaner nach Hamburg reisten, um zur Probe zu spielen. Einer von ihnen: Der heutige Weltklasse-Stürmer von Tottenham Hotspur, Heung Min Son.