Hamburg . Kapitän Hunt mahnt, im Derby so keine Chance zu haben. Auch Trainer Wolf wählt deutliche Kritik am Auftritt seines Teams.
Als HSV-Trainer Hannes Wolf am Vormittag vor das Scheinwerferlicht trat, hatten sich bereits acht Kamerateams vor dem Pult im Bauch des Volksparkstadions aufgebaut. Die mediale Aufmerksamkeit am Tag nach dem schmeichelhaften 1:0-Sieg gegen Greuther Fürth war so groß wie sonst nur vor einem sich anbahnenden Trainerwechsel. Doch diesmal war dieser Umstand nicht einer weiteren kostspieligen Personalentscheidung geschuldet, sondern dem anstehenden Stadtderby am Sonntag beim FC St. Pauli (13.30 Uhr/Sky).
Wolf will seiner Mannschaft den Matchplan für das „wahnsinnig wichtige Spiel“ erst am Donnerstag präsentieren. Den Dienstag nutzte er dagegen, um den spielerisch mangelhaften Auftritt gegen Fürth aufzuarbeiten. „Wir haben nach einer guten Anfangsviertelstunde in eklatanter Weise den Zugriff verloren. Ich bin nicht bereit, das schönzureden“, sagte Wolf, dem vor allem die verloren gegangene Kompaktheit seiner Mannschaft sowie die fehlende Pressingbereitschaft nach Ballverlusten missfiel.
8:15 Torschüsse zählten die Statistiker aus Sicht der Hamburger – eine viel zu dürftige Bilanz für die eigenen Ambitionen. „Dass es in einer Saison Dellen gibt, ist normal, aber dieses Tal heute war zu tief“, sagte der HSV-Coach.
Hunt: Wir waren mutlos und ängstlich
Im Vorfeld der Partie hatte Wolf mehr Bälle auf Stoßstürmer Pierre-Michel Lasogga gefordert. Doch die Hamburger schlugen lediglich sechs Flanken – vier weniger als Fürth – in den Strafraum. Keine führte zum Torabschluss. „Es gehört auch mal dazu, ein Spiel, in dem man nicht die bessere Mannschaft ist, mit Kampf und Krampf zu gewinnen“, sagte Kapitän Aaron Hunt. „Es war ein richtig schwaches Spiel von uns. Wir waren viel zu mutlos und ängstlich.“
Der 32 Jahre Routinier ging mit der Leistung des Teams hart ins Gericht. Vor allem die pomadig wirkende Spielweise missfiel dem Kreativmann. Ein weiterer Kritikpunkt: Von den Außenbahnen, auf denen der HSV über Spieler mit viel Tempo verfügt, ging kaum Torgefahr aus. „Wir haben unsere Stärken nicht auf den Platz gebracht. Das müssen wir ändern“, kritisiert Torschütze Hunt, der gegen Fürth nach einer vierwöchigen Verletzungspause zurückgekehrt war.
HSV baut Woche für Woche ab
Seit dem Wiederbeginn der Zweiten Liga nach der Winterpause präsentiert sich der HSV Woche für Woche in einer schlechteren Verfassung. Der vorläufige Tiefpunkt wurde nun mit dem Heimspiel gegen Fürth erreicht, als die Hanseaten selbst in Überzahl keine Dominanz entwickelten und gerade mal 47 Prozent der Zweikämpfe für sich entschieden.
Die Souveränität und Leichtigkeit aus der Hinrunde scheinen abhandengekommen zu sein. Zwar fallen die Hamburger Siege schon die gesamte Saison knapp aus, „in der Hinserie hatte man aber nie das Gefühl, dass die Siege in Gefahr waren“, sagt Hunt.
Auf der Suche nach Erklärungen will der Spielmacher den durch die Siege der Konkurrenz größer gewordenen Aufstiegsdruck nicht als Alibi gelten lassen. Vielmehr habe das Team Probleme, wenn die Gegner früh attackieren. „Uns fehlt das Selbstvertrauen im Spielaufbau. Wir zeigen uns nicht im Mittelfeld und spielen zu langsam“, klagt der Kapitän.
Hwang fällt vier Wochen aus
Eine Möglichkeit es besser zu machen, hat der HSV bereits in fünf Tagen. „Mit so einer Leistung haben wir im Derby keine Chance“, mahnt Hunt. Wolf verspricht deshalb eine Leistungssteigerung. Er wisse um die Bedeutung des Spiels für die Fans. „Da geben wir Gas. Es wird ein heißer Fight“, sagt der Trainer, der auf St. Pauli auf Angreifer Hee-chan Hwang verzichten muss. Der Südkoreaner fällt mit einem Muskelsehnen-Anriss im hinteren Oberschenkel vier Wochen aus und droht auch das Viertelfinale im DFB-Pokal beim SC Paderborn (2. April) zu verpassen.
Torhüter Julian Pollersbeck (Adduktorenprobleme) soll dagegen im Derby wieder spielen können.