Hamburg. Holtby gibt wieder den Ton an. Der Mittelfeldmann überzeugt in der Rückrunde – auf dem Rasen und als Rapper.

Es dauerte ein paar Minuten, ehe am Freitagmittag Entwarnung vermeldet wurde. Der beim Training schon vermisste Lewis Holtby absolviere die heutige Einheit im Kraftraum, teilte die Presseabteilung des HSV via Twitter mit. Stichwort Belastungssteuerung. „Beim morgigen Abschlusstraining wird er aber wieder auf dem Platz stehen.“ Und beim so wichtigen Auswärtsspiel bei Jahn Regensburg an diesem Sonntag (13.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) sowieso. „Aus dem Hinspiel haben wir ja noch etwas gut zu machen“, sagte Belastungssteuerer Holtby, der sich nur ungern an die extreme Belastung der 0:5-Klatsche vor fünf Monaten im Volkspark erinnert.

Einen Tag vor der Abreise ins weit entfernte Regensburg kam Holtby am Nachmittag dann aber doch auf ganz andere Gedanken – was weniger mit dem Wiedergutmachungsspiel als mehr mit einem Herzensprojekt Holtbys zu tun hatte. Am Freitag um 18 Uhr wurde die CD „Hurrikan“ veröffentlicht. Von den HSV-Sängern Elvis und Pape. Und: Von Holtby.

„Wir hatten Lewis schon vor einer ganzen Weile gefragt, ob er nicht Lust hätte, bei einem Lied von uns mitzurappen. Besonders, weil dieses Lied aus unserer Sicht Lewis wie auf dem Leib geschrieben ist“, erinnert sich Elvis, der im wirklichen Leben Michael Kröger heißt und als Lehrer Deutsch und Gesellschaftskunde an einer Stadtteilschule unterrichtet. „Lewis hat direkt zugesagt, was uns natürlich total gefreut hat.“

Elvis von Holtby positiv überrascht

In dem Song, der vom persönlichen Auf- und Abstiegen handelt, heißt es: „Wissen, was es heißt, wenn man alles hier erlebt / trotz Rückschlägen immer nach dem Fallen wieder steht / ganz egal, in welcher Liga, solange der Ball sich dreht / gehen wir gemeinsam den Hamburger Weg.“

Tatsächlich musste Holtby seinerzeit nicht lange überlegen. „Ich fand das Projekt überragend – und ich liebe Musik“, sagt der Fußballer, der seinen eigenen Musikgeschmack als eine Mischung aus Rap, Rock, Pop, Klassik, Oldies, Schlager und Karnevalsmusik beschreibt. Kurzum: ein Kessel Buntes. „Ich höre echt viel. Das letzte Konzert, auf dem ich war, war auf der Trabrennbahn von Ed Sheeran. Es war gigantisch.“

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Die Trabrennbahn dürfte Holtby als Sänger wahrscheinlich nicht unbedingt füllen, aber ein gewisses Talent als Rapper bescheinigt Elvis dem Fußballer schon. „Im Tonstudio hat Lewis ja behauptet, dass er das noch nie gemacht hat. Das muss gelogen sein“, lobt er.

Ein wenig geflunkert war es schon. „Vor ein paar Jahren war ich tatsächlich im Tonstudio. Zusammen mit Malik Fathi habe ich damals einen Song für einen Freund aufgenommen“, berichtet Holtby. „Aber das war eher eine Jux-Aktion. Diesmal war es ja richtig professionell.“

Auch sportlich ist Holtby im Aufwind

Ziemlich professionell ist es aber vor allem, was Holtby in den vergangen Wochen in seinem eigentlichen Job so anstellt. Seit der Winterpause gibt der Hobby-Rapper auch auf dem Rasen den Ton wie kein anderer beim HSV an. Gegen Sandhausen legte er den 2:1-Siegtreffer von Pierre-Michel Lasogga auf, gegen Dynamo Dresden erzielte er selbst das Tor des Tages und beim 2:2 in Heidenheim bereitete er in der vergangenen Woche beide HSV-Treffer vor.

„Lewis macht es gerade richtig gut“, lobt Trainer Hannes Wolf am Freitag. „Körperlich ist er in einer super Verfassung, auch mental ist er voll da. Lewis bringt seine ganze Energie bei uns rein.“

Holtby spielt wieder die erste Geige.

Holtby von "Bild"-Kritik angestachelt

„Es läuft gerade ganz ordentlich“, relativiert der Fan-Liebling, der nur zu gut weiß, dass gerade bei ihm oft nur schwarz oder weiß gesehen wird. „Lewis ist unglaublich wichtig für den HSV. Aber ich fand ihn weder in der Hinrunde so schlecht noch in der Rückrunde so überragend“, sagt „Gesangsbruder“ Elvis, der sich Holtbys Auftritt gegen Regensburg am Sonntag im Stadionrestaurant „Die Raute“ anschauen wird.

Dabei macht Holtby selbst kein Geheimnis daraus, dass ihn die zum Teil überharte Kritik zum Ende der Hinrunde getroffen und gleichzeitig angestachelt hat. Die „Bild“-Zeitung etwa hatte geschrieben: „Man zieht ihn auf wie ein Duracell-Häschen, dann wackelt er los – aber leider im gleichen Tempo. Sein vorhandenes Talent hat Lewis Holtby in der Bundesliga schon versteckt.“

Im Trainingslager von La Manga hat sich Holtby dann allerdings ganz und gar nicht versteckt. „Er hat sehr hart gearbeitet“, sagt Trainer Wolf. Nicht nur im Mannschaftstraining, sondern auch in zahlreichen Sonderschichten mit Co-Trainer André Killian. Gemeinsam haben die beiden an Holtbys Spritzigkeit, Beweglichkeit und Explosivität gearbeitet. „Ich habe wirklich viel investiert“, sagt der 28-Jährige, der bereits im Weihnachtsurlaub zweimal täglich trainierte.

Im Song Hurrikan rappt Holtby passend: „Ganz egal, was alle sagen, immer weiter gemacht / ohne Träume, hat es hier noch keiner geschafft / werden laufen, bis der allerletzte Zweifel verblasst.“

Holtby gesteht Fehler bei Verhalten nach Auswechslungen

Dabei geht es Holtby gar nicht nur um seine Kritiker. Er hat sich rund um Weihnachten auch selbstkritisch hinterfragt. „Auch ich habe natürlich nicht alles richtig gemacht“, sagt er im Gespräch mit dem Abendblatt. „Ich habe mich zum Beispiel falsch verhalten bei den Auswechslungen (Holtby schimpfte auf dem Weg zur Bank, die Red.). So etwas macht man nicht. Aber ich musste das alles einmal für mich richtig einordnen.“

Lewis Holtby (28) spielt derzeit nicht nur beim HSV die erste Geige. Sein musikalisches Gemeinschaftsprojekt „Hurrikan“ mit Pape und Elvis ist ab sofort im Handel.
Lewis Holtby (28) spielt derzeit nicht nur beim HSV die erste Geige. Sein musikalisches Gemeinschaftsprojekt „Hurrikan“ mit Pape und Elvis ist ab sofort im Handel. © WITTERS | ThorstenWagner

Neben seiner Fitness und seiner persönlichen Aufarbeitung der nicht zufriedenstellenden Hinrunde hat Holtby noch einen dritten Grund ausgemacht, warum es in der Rückrunde besser läuft. „Ich spiele jetzt wieder als rechter Achter, genauso wie ich es am Ende der Bundesligasaison gemacht habe. Diese Position kommt meinem Spiel sehr zugute.“

Damals, unter Förderer und Freund Christian Titz, schoss Holtby in den letzten sieben Spielen der Saison fünf Tore. Der HSV stieg trotzdem ab, aber Holtby blieb. In Hurrikan singt er: „Loyalität wurde selten mit den Jahren / doch diese Liebe ist mit Geld nicht zu bezahlen.“

Holtby wird den HSV verlassen

Eine Wiederholung in diesem Sommer scheint allerdings unwahrscheinlich. Holtbys Vertrag läuft aus – und soll nach Abendblatt-Informationen auch nicht verlängert werden. Stand jetzt, wie es immer so schön heißt, werden die kommenden Monate Holtbys Abschiedstournee. „Ganz ehrlich: Darüber mache ich mir gar keine Gedanken“, sagt Holtby, der ein anderes Ziel verfolgt. Sein großer Traum: Auf dem Rathausmarkt den Aufstieg feiern. „Das wäre dann auch der entsprechende Anlass, noch einmal vor einer größeren Runde den neuen Song zu performen“, sagt er – und lacht.

Im Lied heißt es übrigens: „Leben einen Traum, träumen nicht das Leben.“

Die CD Hurrikan aus dem Verlag „Wendt Musik Produktion“ (WMP) ist ab sofort im Internet (z.B. bei amazon.de) erhältlich. Alle Einnahmen gehen an die Kinder-Hospitz Sternenbrücke.