Hamburg. Durch den späten Sieg gegen Dresden verteidigt der Tabellenführer seinen Vorsprung. Aber es gibt Sorgen um Douglas Santos.
Um 22.22 Uhr ertönte im Volksparkstadion der erlösende Jubel, als Schiedsrichter Frank Willenborn das Spiel zwischen dem HSV und Dynamo Dresden beendete. Es war eine späte Erlösung. Mit 1:0 gewannen die Hamburger ihr Heimspiel, weil Lewis Holtby im entscheidenden Moment goldrichtig stand und den einzigen Fehler von Dresdens Torhüter Markus Schubert bestrafte. Der HSV bleibt durch Holtbys goldenes Tor auch am 99. Tag in Folge Tabellenführer und kommt dem großen Ziel Wiederaufstieg ein großes Stück näher.
96 Prozent beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass der HSV nächste Saison wieder erstklassig spielt, haben Statistiker errechnet. Doch der Matchwinner wollte sich davon nicht einlullen lassen. "Wir haben aufgrund der Dominanz verdient gewonnen", sagte Holtby, "aber der Aufstieg ist noch ein weiter Weg.“
Lasogga ersetzt Arp, Jung Sakai
Wolf wollte dominanten Fußball spielen, so wie in den jüngsten Heimspielen im Pokal gegen Nürnberg und in der Liga gegen Sandhausen. Dabei ließ er nahezu die selbe Formation starten, die vor sieben Tagen den Bundesligisten aus Nürnberg beherrschte. Mit zwei Ausnahmen: Gideon Jung rückte wie erwartet für den rotgesperrten Gotoku Sakai auf die Position des Rechtsverteidigers. Und im Sturm durfte der wiedergenesene Pierre-Michel Lasogga für Fiete Arp ran, der in seinem ersten Spiel nach seinem bekannt gewordenen Wechsel zum FC Bayern München zunächst auf der Bank saß.
Unter Flutlicht fühlte sich der HSV im Volkspark zuletzt immer wohl. Gegen Dynamo hatten die Hamburger in der ersten Halbzeit aber große Mühe. Dresden verteidigte kompakt und spielte schnell und mutig nach vorne. Ioannis Nikolaou (14.) und Sören Gonther (30.) vergaben zwei richtig gute Chancen. Auf der Gegenseite war es Jung, der mit einem Kopfball die beste Chance liegen ließ (9.). Einzig Bakery Jatta schaffte es, gelegentlich hinter die Fünferkette Dresdens zu gelangen. Seine finalen Aktionen waren aber zu oft zu überhastet.
Dynamo-Fans sorgen für Pyro-Eklat
46.924 Zuschauer – für einen Montagabend eine gute Kulisse – sahen lange Zeit ein von der Taktik geprägtes Spiel ohne große Highlights. Am auffälligsten waren die 8000 Anhänger aus Dresden mit ihren Aktionen im Fanblock. Weil sich 1500 gewaltbereite Hooligans angekündigt hatten, stufte die Polizei die Partie als Risikospiel ein. Außerhalb des Stadions blieb es bis auf drei Festnahmen von Dynamo-Fans auf einem Ikea-Parkplatz in Moorfleet aber weitestgehend ruhig. Im Stadion sorgten die Dresden-Anhänger für eine beeindruckend laute Stimmung. Teuer dürfte für den Club die spektakuläre Pyro-Aktion in der fünften Minute werden, als im Gästeblock diverse Fackeln das Stadion kurzzeitig vernebelten.
Nicht mit angereist war dagegen Dresdens Trainer Maik Walpurgis, der wegen einer Bronchitis zuhause geblieben war. Co-Trainer Ovid Hajou übernahm das Coaching an der Seitenlinie.
In Absprache mit seinem Chef in Dresden entschied sich Hajou für eine defensive Grundordnung, aber ein aggressives Pressing, womit der HSV Probleme hatte. „Ich hoffe, dass Lewis Holtby besser ins Spiel kommt und Lasogga noch einen reinmacht“, sagte Ex-HSV-Stürmer Mladen Petric in der Halbzeitpause.
Pollersbeck rettet gegen Koné
Tatsächlich kam Holtby im zweiten Durchgang besser ins Spiel, vergab aber zwei gute Einschusschancen jeweils nach starken Vorlagen des nimmermüden Jatta (67./69.). Glück hatte Hamburg, als Moussa Koné an David Bates vorbeirannte und aus kurzer Distanz an Julian Pollersbeck scheiterte (52.). Dresden lauerte ausschließlich auf Konter und der HSV fand keine offensiven Lösungen. Als dann auch noch mit Douglas Santos der kreativste HSV-Spieler verletzt ausgewechselt werden musste, wurde es noch zäher. Der eingewechselte Tatsuya Ito schlenzte die beste Chance weit über das Tor (80.).
Wolf versuchte es in den letzten Minuten mit Arp als zweite Sturmspitze. Und nur eine Minute später sollte dann doch noch der erlösende Treffer fallen. Unter gütiger Mithilfe von Dresdens Torhüter Markus Schubert traf Holtby zum 1:0. Der Unglücksrabe nahm zunächst einen Rückpass schlecht an und schoss dann den Ball in die Beine von Holtby. Der Kapitän bedankte sich und schob aus sechs Metern ein (84.).
"Ich habe gesehen, dass sie sich nicht einig waren", sagte der HSV-Ersatzkapitän spätter am Sky-Mikrofon: "In so einer Situation muss man schnell schalten. Da war auch Glück dabei."
Sorgen um Santos
Es blieb bis zum Ende beim 1:0, dem dritten Heimsieg im dritten Heimspiel im Jahr 2019. Litt der HSV unter Wolfs Vorgänger Christian Titz noch unter einem Heimkomplex, haben sich die Hamburger unter Wolf wieder zur Heimmacht gemausert. Trainer- und wettbewerbsübergreifend ist der HSV nun schon seit acht Spielen im Volkspark ungeschlagen.
Nicht ausgeschlossen, dass die Serie bis zum Ende der Saison hält. In den verbleibenden fünf Heimspielen geht es ausschließlich gegen Mannschaften aus der zweiten Tabellenhälfte. Verbunden mit der Hoffnung, dass der HSV auch am 19. Mai, also dann 195 Tage nach der Übernahme der Tabellenführung, an der Spitze steht.
Sorgen macht allerdings die Verletzung von Topspieler Santos. "Das war etwas Muskuläres im hinteren Oberschenkel", sagte Trainer Hannes Wolf, "sah nicht so gut aus." Eine Diagnose stand am Abend noch aus.