Hamburg. Bakery Jatta ist unter Trainer Hannes Wolf derzeit gesetzt. Grund genug für den Gambier, den Nachfolger von Christian Titz zu loben.

Es war ein heißer Sommertag, als Bakery Jatta und Fiete Arp das bislang erste und einzige Mal zusammen in der Startelf standen. 12. August, Wolfgang-Meyer-Sportanlage in Stellingen. Mit 2:0 besiegte die U 21 des HSV den Regionalliga-Aufsteiger und Tabellenletzten VfL Oldenburg. Beide Treffer erzielte Mittelstürmer Arp, beide auf sehenswerte Art und Weise. Linksaußen Jatta dagegen wirkte in der Mannschaft von Trainer Steffen Weiß wie ein Fremdkörper. Nach 61 Minuten nahm Weiß den wirkungslosen Jatta vom Feld, während Arp gefeiert wurde. Ziemlich genau vier Monate ist dieser Tag, der 12. August, mittlerweile her.

Am heutigen Freitag, einem voraussichtlich verregneten Dezembertag nach Nikolaus, spielt die erste Mannschaft des HSV in der Zweiten Liga gegen den SC Paderborn (18.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de). Rund 50.000 Zuschauer werden im Volksparkstadion dabei sein – genauso wie Jatta und Arp. Die beiden HSV-Talente haben sich in der Profimannschaft längst etabliert. In der Startelf von Trainer Hannes Wolf kann es aber nur einen geben. Und dieser eine heißt Bakery Jatta. „Baka hat es zuletzt gut gemacht, er hat gut gespielt, gut trainiert“, sagte Wolf am Donnerstag.

5976311309001_videostill_1544101283499.jpg
HSV-Trainer Wolf stöhnt: "Boah, das ist echt kein guter Vergleich"

weitere Videos

    Bakery Jatta gibt sich demütig

    Dass der Gambier an diesem Freitag aus der Startelf des HSV kaum mehr wegzudenken ist, hätten an jenem Tag im August wohl nur die größten Optimisten unter den Jatta-Fans geglaubt. Auch für Jatta selbst war sein aktueller Status noch vor wenigen Wochen kaum vorhersehbar. Umso mehr genießt der 20-Jährige seine neue Rolle in der Mannschaft. „Das Jahr war nicht immer einfach für mich. Ich bin froh, dass es im Moment so gut für mich läuft“, sagte Jatta Anfang der Woche am Rande eines Fantreffens im Gespräch mit dem Abendblatt.

    Locker und gelöst schrieb der Gambier ein Autogramm nach dem anderen, sprach währenddessen über den schwierigen Start in die Saison. Im Sommer-Trainingslager in Österreich klagte Jatta über Leistenbeschwerden, die nicht besser werden wollten. Er verpasste die entscheidenden Wochen vor dem Saisonauftakt. Erst am dritten Spieltag durfte er das erste Mal ran. Es war das 2:0 der U 21 gegen Oldenburg. Unter Trainer Christian Titz hatte der schnelle Stürmer zudem einen schweren Stand. „Das Jatta-Rätsel. Darum steht der HSV-Angreifer im Abseits“, titelte die „Hamburger Morgenpost“ noch Anfang Oktober und analysierte, dass Jatta als „Konterspieler“ nicht in die Spielidee von Titz passe.

    Das Spiel in Aue veränderte alles

    Tatsächlich sollte sich die Perspektive von Jatta beim HSV durch den Trainerwechsel von Titz zu Wolf Ende Oktober entscheidend verbessern. Schon in Wolfs erstem Spiel in Magdeburg brachte der Chefcoach Jatta in der entscheidenden Spielphase, während Arp bis zum Ende auf der Bank blieb. Umso erstaunlicher war es, dass in den drei folgenden Spielen in Abwesenheit des angeschlagenen Hee-chan Hwang nicht Jatta auf dem linken Flügel begann, sondern Arp. Der 18-Jährige ist eigentlich gelernter Mittelstürmer, durfte aber dreimal in Folge auf der Außenbahn ran. Man merkte, dass Arp mit dieser Position fremdelt.

    Und so ereignete sich beim HSV-Spiel in Aue der Moment, der das interne Ranking der beiden Talente komplett drehte. Fiete Arp war keine fünf Minuten vom Feld, als Jatta nach seiner Einwechslung plötzlich im Strafraum der Auer auftauchte und aus spitzem Winkel sein erstes Profitor erzielte. Eine Woche später durfte Jatta gegen Union Berlin durch den Ausfall von Pierre-Michel Lasogga sogar erstmals in dieser Saison von Beginn an ran. Prompt gelang ihm eine Torvorlage. Wiederum eine Woche später machte Jatta beim 2:1 in Ingolstadt sein bestes Spiel für den HSV überhaupt. „Der Trainer vertraut mir und glaubt an mich. Er hilft mir viel“, sagt Jatta, während er einem Fan ein Autogramm auf die Rückseite des Trikots schreibt. Jatta lacht. Rund drei Jahre nach seinem ersten Training beim HSV ist er endgültig angekommen im Profifußball. „Für mich ist das alles ein Prozess. Jedes Spiel bringt mich weiter“, sagt er.

    Arp fiebert erstem Tor des Jahres entgegen

    Ganz anders sieht es dagegen bei Fiete Arp aus. In der Autogrammstunde ist der Angreifer bei den Fans weiterhin begehrt wie kaum ein anderer. Unter Trainer Wolf ist Arp nur Reservist. Zudem wartet der Juniorennationalspieler bei den Profis seit mehr als einem Jahr auf ein Tor in der Liga. Arp erlebt gerade das, was Jatta vor Wochen durchmachte. „HSV-Talent Arp zu früh hochgejubelt“, schrieb die „Bild“ zu Wochenbeginn. Der Stürmer hat das natürlich mitbekommen, als er am Dienstagabend Auskunft über sein persönliches Jahr 2018 gibt. „Es war ein ereignisreiches Jahr für mich, aber es ist ja noch nicht vorbei“, sagt er. Der Hype um seinen Superstart, körperliche Probleme, Stress in der Schule, der Abstieg mit dem HSV, das Wechseltheater um den FC Bayern und schließlich die Vertragsverlängerung im Volkspark – ziemlich viel für einen 18-Jährigen.

    „Ich bin froh, dass ich mich wieder ausschließlich auf den Fußball konzentrieren kann“, sagt Arp. „Die vergangenen Monate haben mir persönlich bereits Ruhe gebracht. Daher fiebere ich auch nicht unbedingt dem Jahresende entgegen. Eher fiebere ich mal wieder einem Tor entgegen. Aber alles mit der Zeit.“ Ein junger Fan fragt ihn ganz direkt, ob er im kommenden Jahr zu den Bayern wechselt. Arp lächelt höflich. In der aktuellen Verfassung ist ein Transfer nach München weit entfernt.

    Auch Ito wurde in der Hierarchie durchgereicht

    Und auch beim HSV muss sich Arp aktuell gedulden, sich hinter Jatta, Hwang und Khaled Narey einreihen. Doch insbesondere Jattas Geschichte sollte ihm aufzeigen, wie schnell sich im Fußball alles drehen kann. So sieht es auch Trainer Wolf. „Ich habe viele Spieler trainiert, die solche Phasen hatten und sich trotzdem top entwickelt haben“, sagt Wolf über Arps Situation.

    Noch schwieriger hat es im Moment Tatsuya Ito. Der 21-Jährige war in der Endphase der vergangenen Saison Hamburgs Aufsteiger unter den Absteigern. Unter Wolf hat er in der Liga noch nicht eine Minute gespielt. Auf Linksaußen liegt er nicht nur hinter Jatta, sondern noch hinter Arp. Für Wolf eine normale Phase. „Der Konkurrenzkampf ist wichtig, damit jeder weiß, dass er sich in der Woche strecken muss“, sagt der Trainer. Das gelte vor allem für die Talente. „Irgendwann kommt der Moment.“ Ito und Arp dürften das wissen. Und wenn nicht, könnten sie sich mal bei Jatta erkundigen.