Hamburg. Der HSV und Köln bleiben die Favoriten für die ersten Plätze. Union Berlin könnte das Spitzentrio am Ende der Saison komplettieren.
Schlechte Nachrichten werden nicht zu guten Nachrichten, wenn man nur lange genug um den heißen Brei herumredet. Es war also vor allem konsequent, dass HSV-Trainer Hannes Wolf am Dienstagmittag in handgestoppt zwölf Sekunden alles sagte, was man zur neuesten Diagnose Pierre-Michel Lasoggas sagen musste: „Er hat einen kleinen Muskelfaserriss. Wird ausfallen. Drei Wochen. Ungefähr. Insofern wird er nicht zur Verfügung stehen. Das ist schade. Aber das ist keine Ausrede für uns, was kommt.“ Sieben Sätze, 29 Wörter. Keine Nachfragen. Und Punkt. Ende, Aus, Nikolaus.
Nun ist es wahrscheinlich noch gar nicht so lange her, dass der wochenlange Ausfall eines Leistungsträgers ein mediales Beben der schwereren Kategorie nach sich gezogen hätte. „Der Lasogga-Schock“, „Das Lasogga-Aus und die Folgen“ oder „Lasogga droht Hinrundenaus“ wären mögliche Überschriften in großen Buchstaben gewesen. Doch am Tag nach dem 2:2 gegen Verfolger Union Berlin und damit der erneuten Verteidigung der Tabellenführung reichten sieben Sätze mit 29 Wörtern, um das unschöne Thema abzuräumen.
Nachteile für St. Pauli, Bochum und Fürth?
Lasogga hin, Lasogga her. Der HSV ist weiterhin Spitzenreiter. Vor dem 1. FC Köln. Und vor Union Berlin. Eine Momentaufnahme nach dem 14. Spieltag, das alles. Sagen die einen. So war es, so ist es, so wird es bleiben. Sagen die anderen, die sich Voraussagen über die finale Reihenfolge dieses Spitzentrios dann aber auch nicht zutrauen.
Die einen erinnern daran, dass die drittplatzierten Berliner nur einen Punkt Vorsprung auf die sechstplatzierten Fürther hätten. Die anderen entgegnen, dass weder St. Pauli noch Bochum oder Fürth sportlich und finanziell mit Union mithalten könnten. Und schon gar nicht mit Köln und dem HSV. Und so müssen sich die einen und die anderen wohl noch ein paar Monate gedulden, um zu sehen, wer nun recht hat.
Hannes Wolf, das machte der HSV-Trainer gestern Mittag recht deutlich, gehört übrigens zu den anderen. Also zu denjenigen, die neben den üblichen Verdächtigen (sein HSV und der FC) vor allem große Stücke auf Berlin hält. „Union spielt ein wenig Karo einfach“, sagte Wolf, „aber voll auf Durchsetzen. Und in diesen Duellen sind die Berliner sehr, sehr, sehr gut.“ Dreimal „sehr“, viel mehr „sehr“ geht nicht. Union sei ein sehr guter Gegner, der besonders defensiv kaum zu überwinden sei. „Die werden bis zum Ende oben bleiben.“
Union Berlin ist in Spitzenspielen voll da
Dass Union mit dem Hamburg-Kölner Spitzenduo längst auf Augenhöhe ist, zeigten auch die beiden direkten Duelle gegen den HSV und den FC. Bereits am zweiten Spieltag kamen die Berliner zu einem verdienten Punktgewinn in Köln (1:1). Am Montag folgte das nächste (ebenso verdiente) Remis gegen den HSV (2:2).
Und der FC St. Pauli? Die Kiezkicker liegen nur aufgrund des schlechteren Torverhältnisses punktgleich hinter den Berlinern. Einerseits. Andererseits zeigten neben vielen sehr glücklichen Siegen vor allem auch die direkten Duelle gegen das Spitzentrio, warum der Vierte in dieser Saison wohl noch nicht in die Phalanx der Großen eindringen kann. Gegen Union verloren die Hamburger 1:4, gegen Köln 3:5. Und beim HSV ergruselte sich die Mannschaft von Trainer Markus Kauczinski eines der wahrscheinlich unappetitlichsten 0:0 in der Geschichte des Fußballs. Anders als Union, das intern mindestens Rang drei als Saisonziel ausgegeben hat, bleibt man am Millerntor – aus gutem Grund – bescheiden: ein Platz unter den ersten sechs der Tabelle soll es bitte schön werden.
Köln hat den mit Abstand besten Sturm der Liga (35 Tore), der HSV und Berlin die beste Defensive (14 und zehn Gegentore). Da kann St. Pauli allerdings nicht mithalten. Gemeinsam mit Heidenheim haben die Kiezkicker lediglich die fünftbeste Abwehr und sogar nur den neuntbesten Sturm. Für einen Platz unter den Top drei reicht am Saisonende wohl weder das eine noch das andere.
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Urs Fischer gibt sich selbstbewusst
Bei den Berlinern, deren Mannschaftsetat bei knapp 20 Millionen Euro rund zehn Millionen Euro hinter dem HSV und Köln liegen soll, ist die Brust dagegen breit. „Wir wussten, dass wir in den vergangenen Jahren bei den großen Gegnern nichts geholt haben. Natürlich sind wir jetzt einen Schritt weiter“, sagte Union-Kapitän Christopher Trimmel nach dem 2:2 im Volkspark. „Das sieht man, das spürt man.“ Und Trainer Urs Fischer, ein notorischer Relativierer, ging sogar noch einen Schritt weiter. Als der Schweizer nach dem Punktgewinn in Hamburg auf die Tabellenkonstellation angesprochen und gefragt wurde, ob er mit der gleichen Reihenfolge am Saisonende zufrieden wäre, erlaubte sich der 52-Jährige die Frechheit, von mehr als nur Platz drei zu träumen: „Ich hätte es lieber anders – dass ich nicht ins Relegationsspiel gehen müsste.“
Wie schnell sich derartige Prognosen als Bumerang erweisen können, zeigt derzeit der FC Ingolstadt. Die Bayern galten vor der Saison neben Union als Hauptanwärter für die Rolle des ersten Herausforderers vom HSV und Köln. 14 Spieltage später sind die Oberbayern Letzter und haben bereits zweimal den Trainer gewechselt. Ein Kunststück, das in normalen Jahren nur dem HSV gelingt. Und der nächste Gegner vom FC Ingolstadt am kommenden Sonnabend? Natürlich: Nur der HSV.
Am besagten Sonnabend spielt neben dem Tabellenführer (HSV in Ingolstadt) im Übrigen auch noch der Zweite (Köln gegen Fürth), der Dritte (Union gegen Darmstadt) und sogar auch noch der Vierte (St. Pauli gegen Dresden). Man könnte also fast von einem Super-Samstag schreiben, was wir an dieser Stelle aber aus zwei Gründen vermeiden. Erstens sollen hier nicht die viel zitierten einen vergrätzt werden, denen Hochrechnungen am 15. Spieltag zu früh kommen. Und zweitens heißt es in Hamburg ohnehin Sonnabend. In diesem Fall also Super-Sonnabend. Wenn schon, denn schon.