Hamburg. Der Serbe droht zum Problemfall zu werden. Besonders das Umfeld des Serben gibt Rätsel auf. Aber: Kühne kommt dem HSV entgegen.
Am Montagmorgen gab es Redebedarf. Filip Kostic und HSV-Trainer Christian Titz standen auf dem Trainingsplatz am Volkspark und redeten. Und redeten. Und redeten. Es dauerte ein paar Minuten, ehe Titz dem Serben einen aufmunternden Klaps auf den Hintern gab, freundlich lächelte und sich wieder der Einheit mit den Reservisten, die am Vortag nicht in Sandhausen zum Einsatz gekommen waren, widmete.
Rund anderthalb Stunden später stand der Fußballlehrer im Bauch des Volksparkstadions und musste wieder reden. Diesmal nicht mit Filip Kostic. Sondern über Filip Kostic. „Der Spieler war auf mich zugekommen, wir hatten uns ausgetauscht und waren dann zum Schluss gekommen, dass es keinen Sinn machte, ihn am Wochenende in den Kader für das Spiel gegen Sandhausen zu berufen“, erklärte Titz noch einmal sachlich, warum er auf Kostic beim 3:0-Sieg verzichtet hatte. „Als Trainer muss man abwägen, was für die Mannschaft Sinn ergibt. Wenn man ihn mitnimmt, und er dann mit dem Kopf nicht 100 Prozent dabei ist, dann ärgert man sich danach nur.“
Böses Blut hätte es aber keines gegeben. „Ich kann den Spieler auch verstehen. Er will weiterhin Erste Liga spielen und wollte am Wochenende Verhandlungen führen.“
Kann Kostic wenn überhaupt verliehen werden?
Also viel Lärm um nichts? Nicht ganz. Denn auch wenn Trainer Titz Kostic eine ordentliche Trainingsleistung attestierte und ihm auch ansonsten ein professionelles Verhalten bescheinigte, dürfte die Personalie den HSV noch sehr viel länger beschäftigen als es den Verantwortlichen eigentlich lieb ist.
Denn ein potenzieller Kostic-Käufer, da macht man sich beim HSV keine allzu großen Illusionen, ist derzeit nicht in Sicht. Nach Abendblatt-Informationen gehen die HSV-Chefs mittlerweile davon aus, dass der Flügelflitzer bis zum Ende der Transferfrist am 31. August lediglich verliehen werden kann.
Dabei hatte es an Interessenten zuletzt nicht gemangelt. Doch nachdem Kostic zunächst Wolfsburg und dann auch dem FC Burnley aus der Premier League abgesagt hatte, weil er auf einen Wechsel nach Frankfurt gehofft hatte, muss man mittlerweile davon ausgehen, dass sich klassisch verzockt wurde.
Kostics Kosmos wird unübersichtlich
Bleibt die schwer zu beantwortete Frage, wer sich da eigentlich verzockt hat. Schwer zu beantworten ist diese Frage auch deshalb, weil Kostics ständig wechselndes Beraterumfeld selbst für die HSV-Verantwortlichen nur noch schwer zu überblicken ist. Vor zwei Jahren war es Sedat Durati, der erst in letzter Minute dem VfL Wolfsburg abgesagt und dem HSV zugesagt hatte.
Durati hatte sich damals mit Ex-VfL-Sportchef Klaus Allofs überworfen, weil dieser Unterhändler Giacomo Petralito eingeschaltet hatte. Und schon damals sollen nach Abendblatt-Informationen Beraterhonorare von mehr als drei Millionen Euro geflossen sein – darunter auch ein siebenstelliger Betrag für Kostic-Bruder Stefan.
Der soll mittlerweile auch in diesem Transfersommer wieder die Hauptrolle spielen – nachdem zuletzt Berater Fali Ramadani die Verhandlungen geführt hatte. Doch wie aus dem Umfeld Kostics zu hören ist, soll Bruder Stefan nach dem andauernden Transferstau nun unterschiedlichen Beratern Vollmachten für die Verhandlungen mit unterschiedlichen Clubs ausgestellt haben. Für eine Stellungnahme war Stefan Kostic nicht zu erreichen. Ramadani selbst betont, weiterhin eifrig auf der Suche nach einem neuen Club für Kostic zu sein. Kostics Kosmos wird allerdings zunehmend unübersichtlich.
Neues Kühne-Modell für Ablöse-Rückzahlung?
Etwas übersichtlicher ist dagegen die Sachlage bei Anteilseigner Klaus-Michael Kühne, dem vertraglich ein Großteil einer möglichen Millionenablöse für Kostic zustehe. In den vergangenen Tagen haben die HSV-Verantwortlichen die Gespräche mit dem zuletzt angefressenen Milliardär wieder aufgenommen, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen.
Offenbar mit Erfolg. „Herr Kühne steht mit der HSV Fußball AG im Dialog und ist zuversichtlich, dass eine Regelung gefunden wird, die den wohlverstandenen Interessen aller Beteiligten gerecht wird“, ließ das Büro Kühnes auf schriftliche Nachfrage des Abendblatts ausrichten.
Noch vor wenigen Wochen lautete die Antwort auf die gleiche Frage: „Soweit Herr Kühne im Zusammenhang mit Spielerverkäufen der HSV Fußball AG daraus Ansprüche ableiten kann, wird er dies tun, und soweit Darlehen gewährt wurden, auf deren volle Rückzahlung Wert legen.“
HSV-Sieg in Sandhausen in Bildern:
HSV feiert Premierensieg in der Zweiten Liga
Trainer Titz hofft derweil, dass er nicht mehr allzu lange über das verworrene Thema reden muss. „Ich hoffe, dass schnell Klarheit in die Geschichte kommt und beide Seiten wissen, wohin der Weg führt.“ Bis zum 31. August soll Kostic jedenfalls nicht mehr in HSV-Pflichtspielen eingesetzt werden. Nur, wenn sich bis zum Ende der Transferfrist kein Club für Kostic findet, will Titz die Sachlage überdenken. Und gegebenenfalls erneut reden.