Sandhausen. Der HSV rehabilitiert sich für Fehlstart gegen Kiel. Trainer Titz änderte nichts Grundlegendes, drehte aber an den richtigen Schrauben.
Es war ziemlich genau 15.30 Uhr, also beste Bundesligazeit, als der HSV am Sonntag endgültig in der Zweiten Liga angekommen war. Zwei fleißige Servicekräfte balancierten zwei randvolle Tabletts mit Bier, die HSV-Trainer Christian Titz unmittelbar nach dem 3:0-Sieg gegen den SV Sandhausen als Eilbestellung in Auftrag gegeben hatte.
„Ich bin zwar eher Radlertrinker, aber ich hatte der Mannschaft vor dem Spiel ein Siegerbier versprochen“, sagte Titz, der nicht verhehlen wollte, dass der erste Saisonsieg nach dem 0:3-Fehlstart gegen Kiel mindestens genauso gut wie der frisch gezapfte Gerstensaft tat. „So ein Erfolg ist extrem wichtig für das Selbstvertrauen. Uns war schon bewusst, dass dieses Spiel in Sandhausen heute sehr wichtig sein würde.“
Matchwinner Narey profitiert von Patzern
Tatsächlich waren die Hamburger von der ersten Minute an im ausverkauften BWT-Stadion am Hardtwald darum bemüht, den fatalen Eindruck aus dem ersten Spiel gegen Kiel schnellstmöglich zu korrigieren. Und Stürmer Khaled Narey brauchte für die Operation Wiedergutmachung auch nur handgestoppte 400 Sekunden.
„Wir haben von der ersten Minute an ein super Spiel gemacht“, freute sich der frühere Fürther, der bereits in der siebten Minute dieses gute Spiel mit dem ersten HSV-Treffer in der Zweiten Liga veredelte. „So ein frühes Tor ist total wichtig für das Selbstvertrauen“, sagte der Neuzugang, der allerdings nicht nur beim 1:0 durch einen Fehlpass des schwachen SVS-Torhüters Marcel Schuhen profitierte.
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Auch seinem Treffer zum 3:0 (59.) ging ein Fehler Schuhens voraus. „Für mich ist es natürlich ziemlich gut gelaufen“, gab Narey zu. „Aber letzte Woche hatte ich auch viele Chancen. Da habe ich kein Tor gemacht. Heute habe ich gleich zwei Treffer erzielt. So ist einfach manchmal der Fußball.“
Neuzugang Mangala war Titz’ wichtigste Änderung
Den philosophischen Gedanken Nareys wollte sich auch Rick van Drongelen anschließen, der per Kopf für das zwischenzeitlich 2:0 gesorgt hatte. „Eigentlich haben wir gar nicht so anders gespielt als vergangene Woche. Da haben wir 0:3 verloren. Diesmal haben wir 3:0 gewonnen“, sagte der Abwehrmann, der zuvor noch nie für den HSV getroffen hatte. „Die Spielphilosophie war in beiden Spielen die gleiche.“
Der Niederländer hatte recht – und unrecht. Trainer Titz war von seiner grundsätzlichen Linie, in der Zweiten Liga nicht nur kämpferisch, sondern auch spielerisch zu überzeugen, nach dem viel kritisierten 0:3 gegen Kiel nicht abgewichen. Gleichzeitig hatte der gebürtige Kurpfälzer, der in der C-Jugend sogar mal für eine Saison in Sandhausen gespielt hatte, im Vergleich zum Auftakt doch an vielen Rädchen gedreht.
Die wahrscheinlich wichtigste Korrektur: Neuzugang Orel Mangala, den der HSV erst am Mittwoch verpflichtet hatte, durfte für den angeschlagenen Matti Steinmann (Oberschenkelprobleme) direkt von Anfang an als Mittelfeld-Quarterback auflaufen. „Er hat das richtig gut gemacht“, lobte Titz, der es bei dieser Veränderung aber nicht belassen wollte.
Lasogga schuf Räume für Mitspieler
Anders als in der Vorwoche, als der Fußballlehrer auf einen klassischen Stürmer verzichtet hatte, setzte er beim selbst ernannten Dorfclub auf die Wucht Pierre-Michel Lasoggas. Und der bullige Angreifer konnte sich selbst zwar kaum in Szene setzen, schuf für seine Nebenleute allerdings jede Menge Räume, die besonders sein zweifach erfolgreicher Sturmkollege bestens nutzte.
Einzelkritik: Narey wird Schnäppcheneinkauf
„Wir haben das als Mannschaft richtig gut gemacht“, sagte Narey, der sich besonderer Beliebtheit in der Familie von Clubboss Bernd Hoffmann erfreuen darf. Dessen Sohn Lasse hatte noch am Vortag ein Narey-Trikot gekauft und dieses stolz an der Seite des hochzufriedenen Vorstandsvorsitzenden am Sonntag auf der Haupttribüne getragen.
Ziemlich zufrieden war direkt nach dem Schlusspfiff auch Sportvorstand Ralf Becker. „Natürlich hat man nach einem 3:0 bessere Laune als nach einem 0:3. Aber nach der Niederlage gegen Kiel haben wir betont, dass wir nicht alles schlechtreden dürfen. Nun dürfen wir auch nicht alles gutreden.“
Titz hat auch etwas zu kritisieren
Trainer Titz hatte vor der Abfahrt zum Frankfurter Flughafen offenbar ganz genau hingehört. „Es hat mich ein wenig geärgert, dass wir das Spiel nach dem 3:0 nur noch verwaltet haben“, kritisierte der Coach, der mittlerweile lange genug in Hamburg Cheftrainer ist, um zu wissen, dass man den starken Emotionen im Umfeld am besten antizyklisch begegnet.
Allzu große Sorgen braucht sich Titz aber nicht zu machen, dass die Stimmungsachterbahn bis zum DFB-Pokalspiel gegen Erndtebrück für erneute Loopings sorgt. Am Mittwoch empfängt der HSV schließlich Rekordmeister Bayern München zum Freundschaftsspiel. Eine erneute Runde mit Siegerbieren gilt als unwahrscheinlich.