Hamburg. Der Investor kündigt an, sich endgültig beim HSV zurückzuziehen. Doch was bedeuten die neuen Aussagen für den Club?
Die Medienabteilung des HSV hatte am Mittwoch viel zu tun. Nachdem zunächst der neue Stürmer Manuel Wintzheimer vorgestellt wurde, folgte nach dem Vormittagstraining eine Interviewrunde mit Khaled Narey, dem neuen Flügelflitzer aus Fürth. Doch so sehr sich der Club auch bemühte, die Schlagzeilen auf den Sport zu lenken, blieb das vorherrschende Thema Investor Klaus-Michael Kühne, der sich in der „Sportbild“ seine Enttäuschung von der Seele geredet hatte.
„Ich werde den Verein nicht weiter fördern, weil mein Wunsch, meine Anteile langfristig aufstocken zu können, nicht respektiert wird“, sagte der 81 Jahre alte Logistikunternehmer. Es ist nicht das erste Mal, dass sich Kühne in der jüngeren Vergangenheit in dieser Form äußerte. Diesmal – versichert der Milliardär – meine er es ernst. Kühne ist nicht nur frustriert. Er wirkt beinahe ein wenig beleidigt. Hintergrund ist die Tatsache, dass sich der neue Clubchef Bernd Hoffmann von dem launischen und meinungsstarken Investor emanzipieren will. Kühne hat das natürlich mitbekommen. Und reagiert entsprechend gereizt und enttäuscht, wenn er auf sein Engagement beim HSV angesprochen wird.
Kühne: "Herr Hoffmann war schwankend"
Das große Streitthema ist Kühnes Wunsch, weitere Anteile an der HSV Fußball AG zu erwerben. Vor zweieinhalb Wochen hatte er sich in der „Mopo“ für den Kauf weiterer Anteile von bis zu zehn Prozent an der Fußball AG für rund 25 Millionen Euro ausgesprochen. Hoffmann hatte diesen Plänen eine klare Absage erteilt. „Wir haben vor der Präsidentschaftswahl im Februar gesagt, dass wir das nicht wollen, und daran hat sich auch nach der Wahl nichts geändert“, sagte der Vorstandschef dem Abendblatt.
Doch ganz so klar, wie Hoffmann es formulierte, war die Sache offenbar nicht. Wie Kühne in der „Sportbild“ ausplauderte, habe sich der Club tatsächlich mit der Option beschäftigt, mehr als die bislang 20,57 von möglichen 24,9 Prozent Anteilen an den Investor zu veräußern. „Ja. Wir waren eigentlich so weit, dass in einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärt werden sollte, dass sich Herr Hoffmann mit dem Vorstand und Aufsichtsrat zu einem späteren Zeitpunkt dafür einsetzen wird“, sagt Kühne. „Herr Köttgen als Aufsichtsratschef stand dahinter. Frank Wettstein als Finanzchef ebenso. Herr Hoffmann war schwankend, hat mal Ja und mal Nein gesagt. Wir waren nah dran an einer Lösung und hatten sogar schon Papiere entwickelt, doch dann hat er sich klar dagegen positioniert.“
Hoffmann und Wettstein schweigen
Auf Abendblatt-Nachfrage wollten am Mittwoch weder Finanzvorstand Wettstein noch Vorstandschef Hoffmann zu dieser Darstellung Position beziehen. Ein Versäumnis in der nach der Ausgliederung 2014 festgeschriebenen Satzung der HSV Fußball AG würde es dem Club theoretisch ermöglichen, bis zu 33,3 Prozent der Anteile an Investoren zu verkaufen. Doch Hoffmann will auf der nächsten Hauptversammlung der AG in der Satzung festschreiben, dass die 25-Prozent-Marke bei den Anteilsverkäufen nicht überschritten wird. Ansonsten könnte ein Minderheitsaktionär wie Kühne eine Sperrminorität schaffen, wodurch Hauptversammlungsbeschlüsse, die eine 75-prozentige Mehrheit erfordern, verhindert werden könnten.
Kühne glaubt, dass Hoffmann die Veränderung eigentlich möchte, „aber panische Angst vor den Mitgliedern hat und befürchtet, dass er mit diesem Antrag scheitern könnte.“ Nun zieht Kühne also seine Konsequenzen. Er könne sich sogar vorstellen, seine Anteile zu verkaufen. „Ich bin bereit, sie zum von mir bezahlten Einstandspreis abzugeben und diese ohne Gewinn zu veräußern. Ich sehe aber niemanden, das ist Utopie“, sagt der Milliardär.
Kühne besteht auf Rückzahlung bei Transfers
Was aber bedeutet Kühnes Ankündigung nun für den HSV? Fakt ist, dass der Club für die Verstärkung des Zweitligakaders ohnehin keine Darlehen mehr bei Kühne aufnehmen wollte. Mit Filip Kostic, Alen Halilovic und Douglas Santos stehen noch drei Spieler im Kader, die der HSV vor zwei Jahren mithilfe eines erfolgsabhängigen Darlehens finanziert hatte. Der HSV müsste die Ablösesummen nur zurückzahlen, wenn er sich innerhalb von sechs Jahren dreimal für den Europapokal qualifiziert hätte.
Was bislang nicht klar war: Verkauft der HSV diese Spieler vor Ablauf der Vertragslaufzeit, geht der Großteil der Ablösesummen zurück an Kühne. Und der besteht auf diese Rückzahlung. Auf Abendblatt-Anfrage teilte Kühnes Büroleitung mit: „Soweit Herr Kühne im Zusammenhang mit Spielerverkäufen der HSV Fußball AG daraus Ansprüche ableiten kann, wird er dies tun, und soweit Darlehen gewährt wurden, auf deren volle Rückzahlung Wert legen.“
Kühne wäre aber nicht Kühne, wenn er sich nicht doch noch eine Hintertür für ein weiteres Engagement offen halten würde. „Man soll nie nie sagen. Im Augenblick ist die Sache sehr festgefahren.“ Spätestens im kommenden Jahr könnte Kühne aber schon wieder ein Thema werden, wenn es um die Verlängerung der Namensrechte am Volksparkstadion geht. Für diese zahlt Kühne dem HSV bis 2019 jährlich vier Millionen Euro. „Ein anderer Name als Volksparkstadion wäre sehr unerfreulich, aber man muss abwarten, was passiert“, sagt der Geldgeber.
Und wer Kühne kennt, der weiß, dass das letzte Wort zwischen ihm und dem HSV noch nicht gesprochen ist.