Hamburg. Sportvorstand Ralf Becker erklärt, wie er den HSV zurück in die Bundesliga führen will und wie er die Personalie Peters angeht.
Ralf Becker weiß, wie man mit Geld umgeht. Nicht nur, weil er Schwabe ist und aus bescheidenen Verhältnissen kommt. Aufsteiger Holstein Kiel führte er mit dem kleinsten Etat der Zweiten Liga beinahe in die Bundesliga. Nun soll er auch beim HSV mit wenig Mitteln viel erreichen. Was liegt da näher, als mit dem neuen Sportvorstand über Geld zu reden.
Hamburger Abendblatt: Herr Becker, sind Sie ein Sparfuchs?
Ralf Becker: Erblich geprägt ja. Ich komme aus einer ganz normalen, bescheidenen Familie. Meine Eltern sind geflüchtet. Mein Vater war selbstständig, hat sich alles hart erarbeiten müssen. Ich bin mit den Werten groß geworden, die Dinge zu schätzen, die man hat. Als Knauserer würde ich mich aber nicht bezeichnen. Mein Job allein bedingt es aber, darauf zu achten, wie man mit seinem Geld umgeht.
Wissen Sie ohne nachzugucken, wie viel Bargeld Sie gerade in Ihrem Portemonnaie haben?
Becker: Im Normalfall habe ich immer zwischen 50 und 200 Euro dabei.
Sie haben zwei Söhne im Alter von 14 und 18 Jahren. Feilschen die mit Ihnen um das Taschengeld?
Becker: Natürlich haben die immer das Gefühl, sie kriegen zu wenig. Da wird schon mal diskutiert zu Hause (lacht).
Kann der Manager Ralf Becker besser verhandeln als der Vater?
Becker: Wenn ich ehrlich bin: ja. Da bin ich als Vater, wie viele andere auch, eher großzügig und nicht so konsequent.
Als Sportchef des HSV müssen Sie konsequenter sein.
Becker: Das stimmt. Wir haben wirtschaftlich gesehen eine schwierige Situation. Es muss das Ziel sein, bescheiden und vernünftig mit unseren Mitteln umzugehen. Ich will mir von außen auch kein detailliertes Urteil über die Vergangenheit anmaßen. Aber ich denke, dass das Verhältnis zwischen den Investitionen und den Ergebnissen hier zuletzt vielleicht nicht immer gestimmt hat.
Das haben andere vor Ihnen auch schon erkannt und nicht umgesetzt.
Becker: Es darf nicht so sein, dass Spieler Tränen in den Augen haben, wenn der HSV anruft, weil sie wissen, dass sie den Vertrag ihres Lebens bekommen. Das wollen wir anders angehen. Die sportlichen Ziele sind klar: Natürlich wollen wir wieder aufsteigen. Es wäre falsch, das anders auszudrücken. Diese Ziele werden wir aber ruhig und demütig, mit viel Arbeit und nicht mit großen Sprüchen angehen.
Sie sollen einer Zusammenarbeit mit dem Direktor Sport Bernhard Peters skeptisch gegenübergestanden haben. Wann entscheiden Sie, wie es mit dem Nachwuchschef beim HSV weitergeht?
Becker: Es hat bereits einen gemeinsamen Termin gegeben. Darin ging es um die zukünftige Ausrichtung.
Es heißt, Sie hätten Herrn Peters gesagt, er solle sich ausschließlich um den Nachwuchs kümmern und entsprechend ein neues Büro im Campus beziehen.
Becker: Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir diese Themen ausschließlich intern besprechen.
Apropos Gespräche: Wann werden Sie Kontakt zu Investor Klaus-Michael Kühne aufnehmen?
Becker: Er ist ein großer Unterstützer des HSV. Es ist mir wichtig, ihn kennenzulernen. Da wird es bald einen Termin geben.
Die Transferoffensive mit den Kühne-Investitionen hat ihren Erfolg verfehlt. Sehen Sie die Zweite Liga auch als Chance, eine neue Transferstrategie zu entwickeln?
Becker: Chance ist das falsche Wort. Aber unser Ansatz wird sich zwangsläufig ändern. Fakt ist, dass in der Zweiten Liga alles kleiner wird, vor allem die Ablösesummen. Die Zweite Liga muss für uns insgesamt ein wichtiger Markt werden. Man kann punktuell sicher auch mal einen Spieler aus dem Ausland holen, aber man muss immer wissen, dass diese Spieler Zeit brauchen, sich anzupassen. Unser Schwerpunkt muss darauf liegen, Spieler zu holen, die sofort wissen, wie die Zweite Liga funktioniert.
Nachdem erfahrene Profis wie Lewis Holtby und Gotoku Sakai für die kommende Saison zugesagt haben, dürfte es für Sie jetzt vor allem darum gehen, Transfererlöse zu erzielen. Werden Spieler wie Alen Halilovic und Pierre-Michel Lasogga zum Trainingsstart am 21. Juni hier sein?
Becker: Das sind Prozesse, die noch eine Weile andauern und die wir auch nicht alle zwingend steuern können. Es ist utopisch zu meinen, dass der Kader bis zum Trainingsstart schon final steht. Wir arbeiten mit den Spielern, die hier unter Vertrag stehen. Hier steht niemand auf dem Index.
Fällt es Ihnen eigentlich schwer, Nein zu sagen?
Becker: Nein! Das gehört zu meinem Geschäft dazu. Du musst Spielern absagen, Beratern absagen. Jeder Club hat finanzielle Rahmen, die dich zwingen, konsequent zu sein. Wenn es nicht passt, dann passt es nicht.
Wie sieht denn der finanzielle Rahmen für den HSV in dieser Transferphase aus?
Becker: Darauf möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingehen. Fakt ist, dass wir eine relativ hohe Gehaltsstruktur haben und da etwas verändern müssen. Wir sind aber handlungsfähig und werden eine schlagkräftige Mannschaft zusammenstellen.
Sie haben als Trainer, Chefscout, Nachwuchsleiter und als Sportchef gearbeitet. Wann haben Sie gemerkt, dass Sie ein guter Manager sind?
Becker: Ich werde mich mit Sicherheit nicht hinstellen und sagen, ich bin ein guter Manager, weil es in Kiel gut lief. Man muss sich immer wieder neu beweisen. Ich habe in diesem Geschäft viele Bereiche durchlaufen und bin überzeugt von dem, was ich mache. Ich bin kein Zahlenmensch, der den ganzen Tag im Büro sitzt. Ich gehe auf den Platz, schaue mir das Training an, gucke mir externe Spiele an. Es geht um Fußball und darum, alles dafür zu tun, dass die Spieler ihre beste Leistung bringen und der Trainer ein gutes Gefühl hat.
Würden Sie Ihren Job als Traumberuf bezeichnen?
Becker: Absolut. Es ist ein Traumjob, weil du ganz viele Dinge bewegen und anstoßen kannst. Mir hat es schon immer Spaß gemacht, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Immer mit dem Wissen, dass man auch mal scheitern kann.