Hamburg. Trainer Titz macht den Absteiger zu einer der jüngsten Mannschaften der Clubgeschichte. Toptalent Vagnoman bindet sich langfristig.

Ziemlich genau acht Jahre ist es her, dass der HSV einen Titel­ holte. Das Boulevard-Magazin „Sportbild“ hatte eine Rechnung erstellt. Und die Hamburger lagen ganz oben. Es ging um die Rangliste des ältesten Kaders der Fußball-Bundesliga. Mit einem Durchschnittsalter von 28,4 Jahren sicherte sich der HSV Platz eins. Routiniers wie Zé Roberto (36) oder Ruud­ van Nistelrooy (34) machten den HSV laut „Sportbild“ zum „Rentnerclub der Liga“.

Acht Jahre später ist das Durchschnittsalter des Hamburger Aufgebots um acht Jahre gesunken. Zumindest dann, wenn der Kader so aussieht, wie ihn sich Christian Titz vorstellt. Der Trainer, der am Mittwoch erwartungsgemäß seinen neuen Vertrag als Cheftrainer bis 2020 unterschrieben hat, will den Abstieg des HSV nutzen, um der Jugend in Hamburg endlich auch eine richtige Chance zu geben. „Uns erwarten in der Zweite Liga große Herausforderungen“, sagte Titz am Mittwoch nach der Unterschrift.

Sollte der Kader zur neuen Saison so aussehen, wie es sich Titz vorstellt, hätte er Stand jetzt mit 25 Spielern ein Durchschnittsalter von 21,5 Jahren. Die erfahrenen Spieler Aaron Hunt (31), Lewis Holtby (27), Gotoku Sakai (27) sowie Douglas Santos (22), die Titz unbedingt halten will, mit eingerechnet. Zum Vergleich: Die Spieler des FC St. Pauli waren in der vergangenen Zweitligasaison im Schnitt 25,63 Jahre alt. Gut möglich, dass der HSV in der kommenden Spielzeit den jüngsten Kader der Liga stellen wird. In jedem Fall wird er einer der jüngsten in der Clubgeschichte.

HSV-Bude (Teil 8): Das große Abstiegslatinum

weitere Videos

    Auf diese Youngster setzt HSV-Trainer Titz

    Dass der HSV vom „Rentnerclub“ zum „Kindergarten“ wird, liegt daran, dass „Kindergärtner“ Titz sieben Spieler in den festen Stamm des Profikaders aufnimmt, die aus dem eigenen Nachwuchs kommen. Nachdem Tatsuya Ito (20), Fiete Arp (18), Matti Steinmann (23), Stephan Ambrosius (19) und Josha Vagnoman (17) den Sprung in die Bundesliga bereits in der vergangenen Saison geschafft haben, sollen zum Zweitligakader auch Torhüter Morten Behrens (21), die Verteidiger Patric Pfeiffer und Tobias Knost (beide 18) sowie die Offensivspieler Marco Drawz (19), Aaron Opoku (19), Moritz Kwarteng (20) und Arianit Ferati (20) zählen.

    „Wir haben in den vergangenen Jahren von unten ein Fundament geschaffen, mit dem wir den Profikader jetzt regelmäßig bestücken können“, sagte Titz. Mit David Bates (21) von den Glasgow Rangers und Manuel Wintz­heimer (19) aus der A-Jugend des FC Bayern München bekommt er zudem zwei weitere Zugänge für seine Rasselbande. Dagegen ist Christoph Moritz, der aus Kaiserslautern kommen soll, mit 28 Jahren schon fast ein alter Haudegen.

    Vagnoman lehnte Angebot von Newcastle ab

    Eine für den HSV richtungsweisende Entscheidung soll in der kommenden Woche offiziell werden. Nach Abendblatt-Informationen wird Toptalent Josha Vagnoman einen Profivertrag bis 2021 unterschreiben. Mit Option auf Verlängerung für ein weiteres Jahr. Der 17-Jährige, der im Frühjahr unter Bernd Hollerbach beim 0:6 in München für einige Minuten bei den Profis debütierte, ist sich mit dem HSV einig. Für die Hamburger soll er sogar ein Angebot vom englischen Premier-League-Club Newcastle United abgelehnt haben.

    Vagnoman feierte mit seiner Einwechslung in der 70. Minute in München sein Bundesliga-Debüt und ist mit 17 Jahren, zwei Monaten und 27 Tagen der jüngste Spieler, der für den HSV in der Bundesliga zum Einsatz kam
    Vagnoman feierte mit seiner Einwechslung in der 70. Minute in München sein Bundesliga-Debüt und ist mit 17 Jahren, zwei Monaten und 27 Tagen der jüngste Spieler, der für den HSV in der Bundesliga zum Einsatz kam © imago/Jan Huebner

    Der Grund für seine Entscheidung hat vier Buchstaben: T i t z. Der HSV-Trainer arbeitete mit Vagnoman bereits in der U 17 zusammen. Vagnoman schätzt den Fußballlehrer. Genau wie Stephan Ambrosius, der wegen Titz in der vergangenen Woche einen Vertrag bis 2021 unterschrieben hat. „Mit Christian Titz gibt es einen Trainer, der mich in meiner Entwicklung sehr unterstützt und in dieser Saison viele junge Spieler in die Bundesliga-Mannschaft eingebaut hat“, sagte Ambrosius anschließend.

    Auch Kwarteng soll verlängern

    Der nächste HSV-Spieler, der nach Abendblatt-Informationen in der kommenden Woche einen Lizenzspielervertrag unterschreiben soll, ist Moritz Kwarteng. Der offensive Außenbahnspieler hat in dieser Saison unter Titz in der U 21 einen großen Entwicklungsschritt gemacht. Vor Kwarteng hatten in dieser Saison bereits Patric Pfeiffer, Marco Drawz und Tobias Knost aus der U19 einen Profivertrag unterschrieben.

    Dagegen wartet Matti Steinmann noch auf ein Signal des HSV. Der 23-Jährige gilt neben Ito als Überraschung der vergangenen Saison, hat aber im Gegensatz zum kleinen Japaner keinen Profivertrag. In den letzten acht Partien der vergangenen Bundesligaspielzeit gehörte Steinmann stets zur Startelf und überzeugte als Stratege. Er soll auch in der Zweiten Liga eine wichtige Säule des HSV-Spiels werden – dann auch offiziell als Lizenzspieler.

    Was wird aus Arp?

    Neben Steinmann und Ito werden den Abwehrspielern Ambrosius, Vagnoman und Knost von den Youngstern intern die besten Chancen auf regelmäßige Startelfeinsätze in der Zweiten Liga eingeräumt. „Wenn Tobi Knost und Jo­sha Vagnoman sich nicht verletzt hätten, wären sie schon in der abgelaufenen Saison von Beginn an in der Bundesliga zum Einsatz gekommen“, sagte Titz.

    Chefvisite #105: Die HSV-Uhr läuft wieder

    weitere Videos

      Noch unklar ist dagegen, wie es mit Fiete Arp weitergeht. Der 18-Jährige hat nach wie vor ein Angebot des FC Bayern München vorliegen. Als wahrscheinlich gilt, dass Arp bei den Bayern unterschreibt – und dann zunächst wieder an den HSV verliehen wird. Arp würde gerne weiter mit Titz zusammenarbeiten. „Ich weiß, dass er zu den Spielern zählt, für die Titz wirklich ein Mentor ist und dass sie gerne mit ihm weiterarbeiten wollen, weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass er sie besser macht“, sagte Direktor Sport und Nachwuchschef Bernhard Peters im Abendblatt.

      Köhlert und Behounek spielen unter Titz keine Rolle mehr

      Beim HSV konzentriert sich also alles auf den Chefcoach. Mal wieder. In der Vergangenheit waren Nachwuchsspieler bei den verschiedenen Trainern häufig hoch im Kurs – um dann bei ihren Nachfolgern kaum noch eine Rolle zu spielen. Unter Bruno Labbadia waren etwa Frank Ronstadt und Mats Köhlert (beide 20) bereits vor zwei Jahren in der Vorbereitung dabei. Aktuell spielen die beiden in den Planungen von Titz eine untergeordnete Rolle.

      Gleiches gilt für Jonas Behounek (19). Der Außenverteidiger aus der U 21 stand unter Titz-Hollerbach-Vorgänger Markus Gisdol bereits mehrfach im Kader des Bundesligisten. Im November 2016 hatte er seinen ersten Profivertrag unterschrieben. Unter Titz hat Behounek bislang keine Chance bekommen – auch nicht im Training. Nicht unwahrscheinlich, dass er sich nach dieser Saison einen neuen Verein suchen wird.