Hamburg. Walace, der vor Ex-Trainer Gisdol in die Heimat flüchten wollte, ist unter Hollerbach gesetzt. Eine Geschichte voller Wirrungen.

Wenn man Kamila Trindade Glauben schenkt, dann fing das ganze Schlamassel bereits am 19. Mai des vergangenen Jahres an. Denn das war der Tag oder die Nacht, so lässt es die Brasilianerin via Instagram wissen, in der sie und HSV-Profi Walace Großes geleistet haben. Oder ganz nüchtern ausgedrückt: es ist das Datum der Empfängnis. Kamila ist schwanger, genau genommen hochschwanger.

Nun ist eine bevorstehende Geburt natürlich alles andere als ein Schlamassel. Und doch ist diese Schwangerschaft, von der die fotogene Südamerikanerin beinahe minütlich Auskunft über das Internet erteilt, zumindest für Gatte Walace und den HSV durchaus kompliziert. Der Grund: Kamila ist dort (in Brasilien) und Walace ist hier (in Hamburg). Das ist zum einen ungünstig für die werdenden Eltern und zum anderen ungünstig für den HSV, von dem Papa Walace lange Zeit im Januar so gar nichts mehr wissen wollte.

Die Geschichte mit einigen Irrungen und Wirrungen ist bekannt: Zunächst schwänzte Walace den Trainingsauftakt am 1. Januar im spanischen Jerez de la Frontera. Erst drei Tage später reiste der stolze Brasilianer zusammen mit seinem Berater Rogério Braun nach, trainierte mehr oder weniger engagiert mit und versuchte dafür umso engagierter einen Wechsel zu Flamengo Rio de Janeiro zu erzwingen.

Hollerbach begnadigt Walace

Kurz vor seiner Beurlaubung erklärte Ex-Trainer Markus Gisdol, von dem Walace ähnlich viel wie von Fernbeziehungen hält, warum er den Mittelfeldmann vorerst nicht gebrauchen könne: „Walace ist weder körperlich noch mental in seinem besten Zustand. Vor allem vom Kopf her ist er nicht einhundertprozentig bei der Sache.“

Nun ja, die Geschichte mit den Irrungen und Wirrungen nahm bekanntermaßen eine erstaunliche Wendung: Plötzlich war Gisdol weg, Walace dafür aber immer noch da. „Wir sind ja alle Fußballer“, erklärte Sportchef Jens Todt am Wochenende die überraschende 360-Grad-Drehung. „Wenn es also mal zwischendurch knirscht, dann vergessen wir das auch wieder schnell. Wir sind ja nicht nachtragend.“

So durfte sich Gisdols Nachfolger Bernd Hollerbach vor seinem ersten Spiel gegen RB Leipzig dann doch über einen echten Winterneuzugang freuen. Denn Walace, der unter Gisdol nur fünf Spiele in dieser Saison über 90 Minuten bestreiten durfte, war durchaus bereit für einen Neuanfang. „Ich habe mit Walace ganz unvoreingenommen gesprochen“, sagte Hollerbach nach der Partie in Leipzig. „Brasilianer sind Familienmenschen. Ich verstehe, dass seine Situation nicht einfach ist. Wir hatten aber ein sehr gutes Gespräch. Er ist sensibel, hat sich sehr gut geöffnet.“

Hollerbach zeigt Fingerspitzengefühl bei Walace

Sehr gut geschlossen hat der Defensivstaubsauger dafür das zentrale Mittelfeld. „Er ist sehr präsent, hat eine unheimliche Ausstrahlung“, lobte Hollerbach, der aus Gisdols ungeliebten Ersatz- einen echten Schlüsselspieler machen will. „Walace ist so ein Spieler, wie ich sie mag: aggressiv, zweikampfstark, kann aber auch Fußball spielen. Er hat eine unheimliche Präsenz.“

Ende gut, alles gut? Nicht ganz. Zwar ist ein Wechsel Walaces bis zum 31. Januar nun nahezu ausgeschlossen, ein zeitnaher Rückflug in die Heimat zur immer kugelrunderen Kamila dagegen ganz und gar nicht. „Wenn es bei ihr losgeht, darf er rüberfliegen“, sagte Hollerbach, der damit auch seinem Image als harter Hund entgegenwirkte.

Bleibt nur ein Problem: Laut Kamila Trindades aktualisierter Insta­gram- Auskunft ist das geschätzte Datum der Geburt am 9. Februar – also einen Tag vor dem Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund.

Ekdal könnte Walace ersetzen

Die Lösung des Problems ist kinderlos, wohnt mit seiner besseren Hälfte in Hamburg und konnte am Sonntag bereits wieder mit Ball individuell trainieren: Albin Ekdal. Laut Hollerbach soll der schwedische Dauerpatient bereits in dieser Woche wieder ins Mannschaftstraining einsteigen, könnte im Falle einer pünktlichen Geburt Papa Walace in Dortmund ersetzen.

Eine Sache zum Schluss gilt es aber doch noch zu klären. Denn so sehr sich die Fangemeinde von Walaces Freundin Kamila über die bislang 983 Instagram-Einträge freuen durfte, so zweifelhaft ist ihr veröffentlichtes Zeitmanagement in Bezug auf ihre Schwangerschaft.

Denn am 19. Mai 2017 bereitete sich die HSV-Mannschaft auf das letzte Saisonspiel gegen den VfL Wolfsburg vor – und übernachtete anschließend im Mannschaftshotel. Das Spiel endete dann 2:1, der HSV war gerettet, die Mannschaft feierte – und ein Kind wurde gezeugt. Sehr wahrscheinlich am 20. Mai.