Hamburg. Weitere Details aus vertraulichen Daten des HSV veröffentlicht. Offenbar wurde der Club vor Woods Knieproblemen gewarnt.
In einem früheren Leben, zwischen dem als Fußballprofi und dem als Fußballmanager, war Jens Todt Redakteur bei „Spiegel Online“. Wenn der HSV-Sportchef also den großen Artikel über den HSV vom vergangenen Sonnabend als „klassische ‘Spiegel’-Recherche bezeichnet, dann mit dem entsprechenden Hintergrundwissen. In dem Beitrag zitierte das Nachrichtenmagazin auf drei Seiten genüsslich aus vertraulichen Sparplänen, E-Mails und Vertragsdaten des HSV, die der Enthüllungsplattform Football Leaks zugespielt worden waren.
Todt hat in dem Artikel „nichts gelesen, was uns den Schlaf raubt“, wie er in einem Interview mit dem NDR-“Sportclub“ sagte. Dabei ist zumindest ein Detail, das ihn selbst betrifft, durchaus pikant. Todt selbst verlangte laut dem Bericht vor seiner Zusage als neuer Sportchef vor einem Jahr in einer E-Mail, seinen Vertrag um eine Wiederaufstiegsprämie nachzubessern.
Mit Erfolg. Wäre der HSV in der vergangenen Saison abgestiegen und 2018 in die Bundesliga zurückgekehrt, hätte Todt 200.000 Euro kassiert. Sollte dieses Szenario ein Jahr später eintreten – was angesichts von aktuell Platz 17 immer noch möglich ist –, beliefe sich der Bonus auf 100.000 Euro. „Dass man in E-Mails vertraulich Vertragsinhalte austauscht, ist ein normaler Vorgang“, sagt Todt nun, ohne allerdings auf den Inhalt der Vereinbarung weiter einzugehen.
375.000 Euro Gehalt für NLZ-Mitarbeiter
„Der Spiegel“ listet zudem skurrile Maßnahmen auf, mit denen der hoch verschuldete Club seine Kosten senken wollte. Dazu gehören das Einsparen von Blumengeschenken und Clubanzügen für Geschäftsstellenmitarbeiter oder das Drosseln der Rasenheizung. Für die Jugend-Fußballcamps kommt der Vorschlag, die zweite Trikotgarnitur wegfallen zu lassen oder „durch eine billige Regenjacke ‘made in China’ zu ersetzen“. In den VIP-Logen sollten Hostessen sowie der Ausschank von Wein und Sekt eingespart werden. Weiter: „Streichen der Auswärtsfahrt für Ehrenamtliche“. Alles Peanuts für einen Club, den Verbindlichkeiten von mehr als 100 Millionen Euro belasten.
Todt aber rechtfertigt die Maßnahmen: „Dass ein Unternehmen in schwieriger Lage sagt, dass man überall einspart, wo man einsparen kann, ist doch ganz normal.“ Dem gegenüber stehen allerdings die teilweise horrenden Personalkosten – nicht nur im Profikader, der allein mehr als 50 Millionen Euro verschlingt. So beschäftigte der Club bis zum Sommer einen eigenen Torwarttrainer-Koordinator für seine Jugendmannschaften, der laut Football Leaks 144.000 im Jahr verdiente. Ein leitender Angestellter im Nachwuchsleistungszentrum kassiert stolze 375.000 Euro.
Bedenken bei Spahic und Wood
Das Anfangsgehalt von Cheftrainer Markus Gisdol nimmt sich mit 110.000 Euro pro Monat noch moderat aus. Deutlich mehr Geld gibt der HSV für Spieler aus – teilweise offenbar leichtfertig. Beispiel Emir Spahic: Der Bosnier war bei Bayer Leverkusen gefeuert worden, nachdem er auf einen Ordner eingeschlagen hatte. Im Mai vergangenen Jahres, Spahic war inzwischen HSV-Profi, warnte der Aufsichtsrat, dass es auch in Hamburg „Vorfälle“ gegeben habe, die „in die Mannschaft ausstrahlen“. Dennoch wurde der Vertrag bis 2017 verlängert. Im Januar dieses Jahres dann wurde Spahic suspendiert, nachdem er gegen Mitspieler handgreiflich geworden sein soll.
Als der HSV erwog, Bobby Wood zu verpflichten, wurde der Club offenbar vor dessen Knieproblemen gewarnt. „Ich weiß nur, dass der komplett zerballerte Knie hat“, schrieb ein Mitarbeiter im April 2016. Eine Kollegin antwortete: „Was?! Bitte nicht! Dachte aber, dass wir inzwischen gesagt haben, der sei zu teuer.“ Wenig später holte der HSV Wood für eine Ablöse von vier Millionen Euro von Union Berlin. Im vergangenen Sommer dann wurde sein Gehalt noch einmal deutlich aufgestockt. In der laufenden Saison erzielte der US-Stürmer ein kümmerliches Tor – und verpasste vier Spiele wegen Knieproblemen.