Hamburg. Während der TSG-Coach seine Spieler nicht zu erreichen schien, ging Gisdols Plan voll auf. Mavraj macht einen Spruch über Wagner.
Man muss schon ein gehöriges Maß an Kreativität mitbringen, um in drei Sätzen dreimal das Gleiche zu sagen. Manager Jens Todt, der einst Germanistik und Philosophie studierte, gelang das Kunststück am Sonntagabend im Bauch des Volksparkstadions ganz vorzüglich. So habe er „eine überragende Leistung“ gesehen, sagte der Sportchef des HSV kurz nach dem verdienten 3:0 der Hamburger gegen Hoffenheim und kurz vor seiner verdienten Sieger-Zigarette. „Eine Top-Leistung“, konkretisierte Todt. Und dann auch noch das: „Eine wirklich herausragende Leistung.“ Ausrufezeichen, Ausrufezeichen und noch ein Ausrufezeichen.
Nun denn. Tatsächlich war es an diesem Sonntag keineswegs übertrieben von einer „überragend-herausragenden Top-Leistung“ zu sprechen. Der HSV, dem vor diesem Spieltag ein erstmaliges Abrutschen in dieser Saison auf einen Abstiegsrang gedroht hatte, überlief den Champions-League-Qualifikanten aus Sinsheim förmlich. „Uns ist es gelungen, dem Gegner keine Luft zum Atmen zu lassen“, eigenlobte sich Trainer Markus Gisdol, dessen Plan aber auch von Anfang bis zum Ende aufgegangen war.
Die Statistik
Gisdols Plan mit Wood und Arp ging auf
So hatte sich der frühere Hoffenheimcoach entschieden, erstmals in dieser Saison nicht auf Bobby Wood oder Fiete Arp im Angriff zu setzten – sondern auf Wood und Arp. Ziel dieser Doppelspitze war es vor allem, die noch am Donnerstag in der Europa League in Braga aktiven Hoffenheimer früh zu attackieren, bedingungslos zu pressen und 1899 gar nicht erst ins Spiel kommen zu lassen.
Die HSV-Spieler in der Einzelkritik
Und der HSV brauchte nur sechs Minuten, um den gisdolschen Plan erstmals so richtig in die Tat umzusetzen – und ein erstes Ausrufezeichen zu setzen: Gerade hatte Fiete Arp seine erste Großchance ausgelassen. Doch statt sich darüber zu ärgern, erkämpften sich die Hamburger den Ball am gegnerischen Strafraum umgehend zurück. Über Aaron Hunt, Filip Kostic und Douglas Santos ging es dann im ICE-Tempo zurück in die Spitze, wo erneut Arp lauerte. Doch bevor der 17 Jahre alte Youngster zur frühen Führung vollstrecken konnte, erledigte Hoffenheims Akpoguma den Job lieber selbst. 1:0 nach 300 Sekunden – der HSV-Traumstart war perfekt.
„Das frühe 1:0 hat natürlich enorm geholfen“, sagte Mergim Mavraj. „So haben wir schon sehr früh gesehen, dass das funktioniert, was der Trainer uns mit auf dem Weg gegeben hatte.“
Die Liste der Meilenstein-Eigentore
Nagelsmann verlegt Freistoßpunkt nach hinten
Und wie. Während sich Hoffenheim nach dem frühen Rückstand bis zum Ende des Spiels nur noch zwei Torchancen (Wagner/38., Schulz/71.) herausspielen konnte, erkämpften sich die wie verwandelt auftretenden Hamburger ein halbes Dutzend an Möglichkeiten. Doch weil auch beste Torchancen nicht genutzt wurden, musste eine Viertelstunde vor dem Abpfiff eine Nicht-Chance für das 2:0 herhalten: So hatte Filip Kostic einen Freistoß aus rund 35 Metern – laut dem genervten Hoffenheim-Trainer Julian Nagelsmann sogar aus 42 Metern – einfach mal aufs (und zur Überraschung aller dann sogar ins) Tor geschossen. Das zweite Ausrufezeichen des Spiels – und damit auch die endgültige Entscheidung.
Bekanntlich sind ja aber aller guten Dinge drei. Und so ließen es sich Vorlagengeber Dennis Diekmeier und Vollstrecker Gideon Jung nicht nehmen, kurz vor dem Schlusspfiff noch ein drittes Ausrufezeichen zu setzen. „Das war ein Sieg des Willens“, sagte Kyriakos Papadopoulos, der Spiritus Rector der Hamburger Mentalitätsspieler.
Die Höhepunkte
Mavraj und Mathenia mahnen
Doch weil Fußball nun mal ein kurzweiliges Vergnügen ist, nahm der professionelle Spielverderber Christian Mathenia seine Rolle auch nach allen Paraden und dem Abpfiff ernst und erinnerte daran, dass auf den HSV und den drei Ausrufezeichen bereits am kommenden Freitag ein neuer Fall warte: „Es bringt uns jetzt nichts, uns eine Woche feiern zu lassen“, mahnte der Torhüter gewissenhaft. „Wir müssen nächsten Freitag da weitermachen, wo wir heute aufgehört haben – und wir müssen uns die nächsten drei Punkte holen.“
Von so viel Vernunft ließ sich auch Mavraj anstecken. Der Innenverteidiger schien das Duell mit Gegenspieler Sandro Wagner („Man kennt ihn ja: Er hat ein unglaubliches Selbstbewusstsein. Aber er redet zu viel: mit dem Schiedsrichter, den Gegenspielern, den Mitspielern und sogar den Maulwürfen“) so richtig genossen zu haben. Doch nach dem Spiel ist bekanntlich vor dem Spiel: „Wir werden am Freitag sehen, was dieser Sieg wirklich wert ist. Freitag gegen Freiburg ist ein wichtiger Fingerzeig!“
Ausrufezeichen – und Ende.