Hamburg. Arp erzwingt das 1000. Eigentor der Bundesligageschichte, Jung erzielt den ersten Treffer als Profi. Kostic muss einen ausgeben.

Das 1000. Eigentor der Bundesliga-Geschichte und ein wie aufgedreht spielendes Offensiv-Duo Fiete Arp und Filip Kostic haben dem HSV einen wichtigen Sieg und den Sprung von Relegationsplatz 16 über den ominösen Strich beschert. Beim 3:0 (1:0) gegen die TSG Hoffenheim bestach die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol durch Kampfgeist und defensive Disziplin, aber auch durchaus forschen Offensivdrang.

Diesen legten vor allem Arp und Kostic an den Tag, die auch den Grundstein zur Führung legten: In der 6. Minute initiierte Kostic über den linken Flügel einen Angriff, den Douglas Santos perfektionierte. Nach der ersten Flanke des Brasilianers schlug Arp im Strafraum zwar noch ein Luftloch, beim zweiten Versuch bedrängte der 17 Jahre alte Stürmer seinen fünf Jahre älteren Gegenspieler Kevin Akpoguma dann derart, dass der Hoffenheimer Innenverteidiger den Ball ins eigene Netz lenkte.

Die Statistik

HSV

Mathenia - Diekmeier,  Papadopoulos,  Mavraj, Santos - Gideon Jung,  Sakai - Wood (82. Schipplock),  Hunt (75. van Drongelen),  Kostic -  Arp (90. Waldschmidt). - Trainer: Gisdol

Hoffenheim

Baumann -  Posch,  Vogt, Akpoguma,  Schulz - Grillitsch -  Demirbay (64. Szalai), Zuber (64. Kramaric)-  Uth,  Wagner, Gnabry (57. Amiri). - Trainer: Nagelsmann

Schiedsrichter

Bastian Dankert (Rostock)

Zuschauer

46.470

Tore

1:0  Akpoguma (Eigentor/6.), 2:0 Kostic (76.), 3:0 Jung (88.)

Gelbe Karten

  – Vogt (5./gesperrt), Uth, Grillitsch

1/6

Arp erzwingt das 1000. Eigentor

Während sich Santos über die erste Torvorlage im 27. Spiel für den HSV freuen durfte, fand Akpoguma einen eher unrühmlichen Eintrag in die Fußball-Annalen: Es war das 1000. Eigentor der Bundesligageschichte. Dass diese Marke in Hamburg fallen würde, war fast folgerichtig. Schließlich wurden bereits die Eigentore 600, 700 und 800 in Spielen unter Beteiligung des Dinos erzielt. Vor 54 Jahren, zwei Monaten und 24 Tagen hatte "World-Cup-Willi" Schulz von Schalke 04 am zweiten Spieltag der Premieren-Saison 1963/64 zum ersten Mal ins eigene Netz getroffen.

Die Liste der Meilenstein-Eigentore

1. Eigentor

Willi Schulz (Schalke 04) am 31. August 1963, Saison 1963/64 in Kaiserslautern (Endstand 2:3)

100. Eigentor

Dieter Feller (VfB Stuttgart) am 6. Dezember 1969, Saison 1969/70 in Kaiserslautern (Endstand 3:2)

200. Eigentor

Per Röntved (Werder Bremen) am 28. August 1976, Saison 1976/77 in Saarbrücken (zweites Eigentor in diesem Spiel von Röntved, Endstand 2:0)

300. Eigentor

Rudi Bommer (Fortuna Düsseldorf) am 29. Mai 1982, Saison 1982/82 in Duisburg (Endstand 2:1)

400. Eigentor

Oliver Reck (Werder Bremen) am 29. Oktober 1988, Saison 1988/89 in Bremen (Endstand 3:1)

500. Eigentor

Uwe Wolf (1. FC Nürnberg) am 12. Februar 1994, Saison 1993/94 in Frankfurt (Endstand 1:1)

600. Eigentor

Jörg Butt (Hamburger SV) am 13. März 1999, Saison 1998/99 in Hamburg (Endstand 0:2)

700. Eigentor

Mathias Hain (Arminia Bielefeld) am 5. April 2003, Saison 2002/03 in Hamburg (Endstand 1:0)

800. Eigentor

Tim Sebastian (Karlsruher SC) am 23. August 2008, Saison 2008/09 in Hamburg (Endstand 2:1)

900. Eigentor

Alvaro Dominguez (Borussia Mönchengladbach) am 14. April 2013, Saison 2012/13 in Stuttgart (Endstand 2:0)

1000. Eigentor

Kevin Akpoguma (1899 Hoffenheim) am 26. November 2017, Saison 2017/18 in Hamburg

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In der Folge drückte der HSV vor 46.470 Zuschauern (Saisonminusrekord) die von der Europa-League-Reise nach Portugal inklusive Ausscheidens körperlich und geistig müde wirkenden Kraichgauer vehement in die eigene Hälfte, sodass die Offensive der Gäste um den ehemaligen HSV-Profi Kerem Demirbay zunehmend genervt wirkte.

Kostic belohnt sich selbst

Diesen Eindruck vermittelte zunächst zwar auch Kostic, der bei mehreren Versuchen glücklos blieb. In der 76. Minute war der Serbe dann aber endlich erfolgreich: Aus rund 40 Metern drosch er einen Freistoß einfach mal an den schläfrigen Hoffenheimern vorbei in Richtung Tor, wo auch Oliver Baumann nicht schnell genug auf den Boden kam. Und so flutschte der Ball dem Torhüter unter den Händen hindurch. Kostic freute sich über sein erstes Freistoßtor – wenngleich er sich dadurch selbst in die Pflicht brachte. "Bei der Weihnachtsfeier heute Abend muss ich wohl einen ausgeben", sagte der 25-Jährige.

Die HSV-Spieler in der Einzelkritik

"Dass er von da aufs Tor schießen wird, war mir schon klar", analysierte Baumann die Freistoßszene bei Sky. "Ich bekomme die linke Hand nicht schnell genug runter. Den muss ich halten und fertig." Und so profitierte der HSV wie auch beim 3:1-Sieg gegen den VfB Stuttgart von einem krassen Torwart-Patzer nach Freistoß. Dass es auch diesmal zu drei Heimtoren reichte, verdankten die Rothosen einem nimmermüden Kostic, einem fleißigen Jubilar Dennis Diekmeier (lief zum 175. HSV-Einsatz mit seinen Kindern ein) und einem Debütanten: In der 88. Minute flankte Kostic einmal mehr von links, am langen Pfosten legte Diekmeier per Kopf ab auf Jung, der den Ball direkt nahm und per Aufsetzer zur endgültigen Entscheidung in die Maschen setzte.

Die Höhepunkte

2. Minute

Der erste Hochkaräter für Hoffenheim – und beinahe hätte Gnabry zugeschlagen. Der ehemalige Bremer setzt die Direktabnahme nach Vorlage von Zuber aber haarscharf links am Hamburger Kasten vorbei. Initiiert wurde der Angriff vom Ex-HSVer Demirbay.

6. Minute

TOOOOOOOOOOOOOR für den HSV – 1:0! Der erste Angriff bringt die Führung. Zuerst schlägt Arp nach Pass von Douglas Santos im Strafraum ein Luftloch, doch der Brasilianer erhält erneut die Möglichkeit zur Flanke. Und diese lenkt Hoffenheims Akpoguma, bedrängt von Arp, ins eigene Tor.

30. Minute

Papadopoulos in ungewohnter Rolle: Hunt überlässt dem Griechen einen Freistoß, den der Innenverteidiger mit einem Spannstoß aus gut 25 Metern aber rechts am Hoffenheim-Tor vorbeischießt.

38. Minute

Nach viel Leerlauf darf sich Mathenia mal beweisen, indem er eine Flanke vor Hoffenheims Nationalstürmer Wagner sicher abfängt.

39. Minute

Ungleich gefährlicher wird es im Gegenzug, bei dem Kostic TSG-Keeper Baumann mit einem strammen Distanzsschuss zu einer Parade zwingt.

42. Minute

Demirbay tritt einen Freistoß zentral an der Strafraumgrenze, der Ball fliegt jedoch abgefälscht übers Tor.

49. Minute

Wood eröffnet den zweiten Durchgang – und wie: Der US-Stürmer pflückt den Ball runter, dreht sich um Grillitsch und feuert volley aus 20 Metern. Der Schuss prallt allerdings nur gegen den linken Hoffenheimer Pfosten.

53. Minute

Auch Arp lässt sich nicht bitten und prüft Baumann mit einem satten Schuss, der allerdings zu zentral gerät.

61. Minute

Arp steckt klasse durch zu Kostic, der auf links durchbricht und abzieht. Der Ball streicht leicht abgefälscht am Tor vorbei. Der Eckball-Pfiff von Schiedsrichter Dankert bleibt allerdings aus.

63. Minute

Riesenchance für Wood zum 2:0! Kostic legt gang fein zurück auf Wood, doch der US-Stürmer streichelt den Ball aus elf Metern völlig unbedrängt Baumann in die Arme.

67. Minute

Immer wieder über links: Diesmal flankt Kostic, doch Arp kann den Ball nicht mehr aufs Tor bringen. War aber auch schwierig zu nehmen.

69. Minute

Was hat der Junge für einen Bumms! Arp zieht bei einem Konter einfach mal ab – Baumann kann den satten Schuss per Flugeinlage gerade noch zur Ecke lenken.

71. Minute

Mathenia sichert die Führung: Der HSV-Keeper lenkt einen abgefälschten Schulz-Schuss zur Ecke.

76. Minute

TOOOOOOOOOOOOOOR für den HSV – 2:0! Kostic packt den Freistoß-Hammer aus und überwindet Baumann aus mehr als 30 Metern. Hoffenheims Torhüter sieht dabei aber auch nicht gut aus, da er den Ball unter den Händen durchflutschen lässt.

88. Minute

TOOOOOOOOOOOOOOOR für den HSV – 3:0! Das erste Bundesligator für Jung! Zunächst scheitert Schipplock per Kopf an der Latte. Im Folgeangriff flankt Kostic auf Diekmeier, der am langen rechten Pfosten per Kopf auf Jung ablegt, der die Kugel direkt nimmt und per Aufsetzer in die Maschen drischt.

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Jung darf endlich richtig jubeln

Es war der erste Bundesligatreffer für Jung im 59. Spiel. So nah am ersten Torerfolg schnuppern dürfen hatte der U-21-Europameister bis dato erst einmal: Beim 3:2-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach am 21. Spieltag der Saison 2015/16 wurde ihm der Treffer jedoch genommen – natürlich durch ein Eigentor. Und so schloss sich an diesem Sonntagnachmittag, bei dem in Torhüter Julian Pollersbeck ein weiterer U-21-Europameister im Gegensatz zu Lewis Holtby zumindest auf die Ersatzbank zurückkehrte, gewissermaßen ein Kreis.

Dass eine weitere Statistik nicht umgeschrieben werden musste, dürfte vor allem Markus Gisdol freuen. Schließlich war der aktuelle HSV-Trainer der letzte Coach, unter dem Hoffenheim einen Halbzeitrückstand noch in einem Punktgewinn drehen konnte: Beim 2:2 am letzten Spieltag der Saison 2012/13, wodurch die Badener sich gerade noch in die Relegation und dem damit später verbundenen Klassenerhalt retteten. "Hoffenheim war körperlich nie auf der Höhe mit den Hamburgern", befand Sky-Experte Dietmar Hamann. "Der HSV hat über den Kampf zum Spiel gefunden und auch toll kombiniert."

Todt sieht "etwas zusammenwachsen"

"Man hat das Gefühl, dass hier etwas zusammenwächst", sagte denn auch Sportchef Jens Todt, der jedoch auch zugab: "Der Aufwand war riesig, und wir hatten auch das Glück des Tüchtigen." Der überragende Kyriakos Papadopoulos, der sich erstmals in seiner Hamburger Zeit auch einen Freistoß schnappte, freute sich über die zurückgewonnene Stärke im Volksparkstadion: "Das war ein Sieg des Willens. Wir haben wieder unser Heim-Gesicht gezeigt." Youngster Arp sprach von einem "überragenden Gefühl".

"Das Trainerteam hat uns super vorbereitet", befand der wiedererstarkte Diekmeier, der weiter an seinen "Drang nach vorne" arbeiten möchte. Fünf Punkte Vorsprung hat der HSV nun auf einen direkten Abstiegsplatz. Doch Ausruhen ist fehl am Platz, weiß auch der wiedererstarkte Diekmeier: "Nächste Woche müssen wir das Spiel auch wieder so angehen." Für die Vorbereitung bleibt diesmal allerdings wenig Zeit – bereits am Freitag (20.30 Uhr, Eurosport-Player und im Liveticker auf abendblatt.de) geht es zum direkten Verfolger nach Freiburg.