Hamburg. Arp erzwingt das 1000. Eigentor der Bundesligageschichte, Jung erzielt den ersten Treffer als Profi. Kostic muss einen ausgeben.
Das 1000. Eigentor der Bundesliga-Geschichte und ein wie aufgedreht spielendes Offensiv-Duo Fiete Arp und Filip Kostic haben dem HSV einen wichtigen Sieg und den Sprung von Relegationsplatz 16 über den ominösen Strich beschert. Beim 3:0 (1:0) gegen die TSG Hoffenheim bestach die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol durch Kampfgeist und defensive Disziplin, aber auch durchaus forschen Offensivdrang.
Diesen legten vor allem Arp und Kostic an den Tag, die auch den Grundstein zur Führung legten: In der 6. Minute initiierte Kostic über den linken Flügel einen Angriff, den Douglas Santos perfektionierte. Nach der ersten Flanke des Brasilianers schlug Arp im Strafraum zwar noch ein Luftloch, beim zweiten Versuch bedrängte der 17 Jahre alte Stürmer seinen fünf Jahre älteren Gegenspieler Kevin Akpoguma dann derart, dass der Hoffenheimer Innenverteidiger den Ball ins eigene Netz lenkte.
Die Statistik
Arp erzwingt das 1000. Eigentor
Während sich Santos über die erste Torvorlage im 27. Spiel für den HSV freuen durfte, fand Akpoguma einen eher unrühmlichen Eintrag in die Fußball-Annalen: Es war das 1000. Eigentor der Bundesligageschichte. Dass diese Marke in Hamburg fallen würde, war fast folgerichtig. Schließlich wurden bereits die Eigentore 600, 700 und 800 in Spielen unter Beteiligung des Dinos erzielt. Vor 54 Jahren, zwei Monaten und 24 Tagen hatte "World-Cup-Willi" Schulz von Schalke 04 am zweiten Spieltag der Premieren-Saison 1963/64 zum ersten Mal ins eigene Netz getroffen.
Die Liste der Meilenstein-Eigentore
In der Folge drückte der HSV vor 46.470 Zuschauern (Saisonminusrekord) die von der Europa-League-Reise nach Portugal inklusive Ausscheidens körperlich und geistig müde wirkenden Kraichgauer vehement in die eigene Hälfte, sodass die Offensive der Gäste um den ehemaligen HSV-Profi Kerem Demirbay zunehmend genervt wirkte.
Kostic belohnt sich selbst
Diesen Eindruck vermittelte zunächst zwar auch Kostic, der bei mehreren Versuchen glücklos blieb. In der 76. Minute war der Serbe dann aber endlich erfolgreich: Aus rund 40 Metern drosch er einen Freistoß einfach mal an den schläfrigen Hoffenheimern vorbei in Richtung Tor, wo auch Oliver Baumann nicht schnell genug auf den Boden kam. Und so flutschte der Ball dem Torhüter unter den Händen hindurch. Kostic freute sich über sein erstes Freistoßtor – wenngleich er sich dadurch selbst in die Pflicht brachte. "Bei der Weihnachtsfeier heute Abend muss ich wohl einen ausgeben", sagte der 25-Jährige.
Die HSV-Spieler in der Einzelkritik
"Dass er von da aufs Tor schießen wird, war mir schon klar", analysierte Baumann die Freistoßszene bei Sky. "Ich bekomme die linke Hand nicht schnell genug runter. Den muss ich halten und fertig." Und so profitierte der HSV wie auch beim 3:1-Sieg gegen den VfB Stuttgart von einem krassen Torwart-Patzer nach Freistoß. Dass es auch diesmal zu drei Heimtoren reichte, verdankten die Rothosen einem nimmermüden Kostic, einem fleißigen Jubilar Dennis Diekmeier (lief zum 175. HSV-Einsatz mit seinen Kindern ein) und einem Debütanten: In der 88. Minute flankte Kostic einmal mehr von links, am langen Pfosten legte Diekmeier per Kopf ab auf Jung, der den Ball direkt nahm und per Aufsetzer zur endgültigen Entscheidung in die Maschen setzte.
Die Höhepunkte
Jung darf endlich richtig jubeln
Es war der erste Bundesligatreffer für Jung im 59. Spiel. So nah am ersten Torerfolg schnuppern dürfen hatte der U-21-Europameister bis dato erst einmal: Beim 3:2-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach am 21. Spieltag der Saison 2015/16 wurde ihm der Treffer jedoch genommen – natürlich durch ein Eigentor. Und so schloss sich an diesem Sonntagnachmittag, bei dem in Torhüter Julian Pollersbeck ein weiterer U-21-Europameister im Gegensatz zu Lewis Holtby zumindest auf die Ersatzbank zurückkehrte, gewissermaßen ein Kreis.
Dass eine weitere Statistik nicht umgeschrieben werden musste, dürfte vor allem Markus Gisdol freuen. Schließlich war der aktuelle HSV-Trainer der letzte Coach, unter dem Hoffenheim einen Halbzeitrückstand noch in einem Punktgewinn drehen konnte: Beim 2:2 am letzten Spieltag der Saison 2012/13, wodurch die Badener sich gerade noch in die Relegation und dem damit später verbundenen Klassenerhalt retteten. "Hoffenheim war körperlich nie auf der Höhe mit den Hamburgern", befand Sky-Experte Dietmar Hamann. "Der HSV hat über den Kampf zum Spiel gefunden und auch toll kombiniert."
Todt sieht "etwas zusammenwachsen"
"Man hat das Gefühl, dass hier etwas zusammenwächst", sagte denn auch Sportchef Jens Todt, der jedoch auch zugab: "Der Aufwand war riesig, und wir hatten auch das Glück des Tüchtigen." Der überragende Kyriakos Papadopoulos, der sich erstmals in seiner Hamburger Zeit auch einen Freistoß schnappte, freute sich über die zurückgewonnene Stärke im Volksparkstadion: "Das war ein Sieg des Willens. Wir haben wieder unser Heim-Gesicht gezeigt." Youngster Arp sprach von einem "überragenden Gefühl".
"Das Trainerteam hat uns super vorbereitet", befand der wiedererstarkte Diekmeier, der weiter an seinen "Drang nach vorne" arbeiten möchte. Fünf Punkte Vorsprung hat der HSV nun auf einen direkten Abstiegsplatz. Doch Ausruhen ist fehl am Platz, weiß auch der wiedererstarkte Diekmeier: "Nächste Woche müssen wir das Spiel auch wieder so angehen." Für die Vorbereitung bleibt diesmal allerdings wenig Zeit – bereits am Freitag (20.30 Uhr, Eurosport-Player und im Liveticker auf abendblatt.de) geht es zum direkten Verfolger nach Freiburg.