Hamburg. Der Mäzen nennt drei knallharte Bedingungen und fordert indirekt die Absetzung von Bruchhagen und Todt. Gernandt tritt nicht an.
Kaum hat der HSV nach acht sieglosen Spielen den Befreiungsschlag geschafft, wird die aufkeimende Euphorie schon wieder erstickt. Clubmäzen Klaus-Michael Kühne hat vor den anstehenden Aufsichtsratswahlen eine zweiseitige Erklärung abgegeben, die dem Abendblatt vorliegt und reichlich Zündstoff birgt. Darin knüpft er sein weiteres Engagement an klare Bedingungen und versetzt Vorstandschef Heribert Bruchhagen und Sportchef Jens Todt einen harten Seitenhieb.
„Diese Herren waren im Kampf gegen den Abstieg erfolgreich, schafften es aber nicht, die Mannschaft zur Saison 2017/18 so zu verbessern, dass sie sich in der Bundesliga-Tabelle gut platzieren konnte – im Gegenteil, wieder wurde das Thema ‘Abstieg’ akut“, heißt es in Kühnes Erklärung. Doch was folgt, birgt noch mehr Zündstoff.
Kühne nennt drei Bedingungen
Ausgerechnet in dieser „prekären Situation“ solle nun ein Aufsichtsrat gewählt werden, der nicht aus Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, sondern „aus größtenteils vereinsabhängigen Personen“ bestehe. Deshalb habe sich sein Vertrauter Karl Gernandt entschlossen, sich aus dem Kontrollgremium zurückzuziehen.
Kühne missbilligt diese Entwicklung ausdrücklich – und nennt für sein weiteres finanzielles Engagement drei Bedingungen. Erstens: Der voraussichtliche Wahlvorschlag von Clubpräsident Jens Meier dürfe nicht zum Zuge kommen. Zweitens: Es müsse eine neue Initiative HSVPlus gestartet werden, die sicherstellt, dass ein unabhängiger Aufsichtsrat bestimmt wird. Diesem sollen drittens „qualifizierte und unabhängige Persönlichkeiten mehrheitlich mit wirtschaftlicher Kompetenz angehören“.
Bruchhagen und Todt im Visier
Der Schlusssatz lässt keinen Interpretationsspielraum offen: „Ich erkläre hiermit, dass ich der HSV Fußball AG zukünftig nur dann eine finanzielle Unterstützung gewähren werde, wenn sie über den von mir befürworteten, unabhängigen und kompetenten Aufsichtsrat verfügt und es diesem gelingt, Persönlichkeiten für die Führung der HSV Fußball AG zu gewinnen, die über große Managementqualität und -erfahrung verfügen.“ Der letzte Teil darf als mehr oder weniger indirekte Forderung verstanden werden, Bruchhagen und Todt auszutauschen.
Hafenchef Meier, der als Präsident automatisch dem Aufsichtsrat angehört, will angeblich nach Gernandts Abgang einen neuen Kühne-Vertreter in dem sechsköpfigen Gremium verhindern, obwohl der Investor seinen Anteil an der AG auf 20 Prozent erhöht haben soll. Das Vorschlagsrecht liegt beim Präsidium in Abstimmung mit dem Beirat. Die Entscheidung über die Neubesetzung des Aufsichtsrats fällt am 18. Dezember bei der Hauptversammlung der Fußball AG, in der der Verein eine Dreiviertelmehrheit besitzt.
Derzeit besteht der Aufsichtsrat aus Rechtsanwalt Andreas C. Peters (Vorsitzender), Wirtschaftsmanager Felix Goedhart, HSV-Präsident Meier, Bauunternehmer Dieter Becken, Klitschko-Manager Bernd Bönte und Gernandt. Neben Gernandt scheidet auch Bönte aus. Als neue Aufsichtsratskandidaten werden Exprofi Marcell Jansen, HEK-Chef Jens Luther und Karl J. Pojer (Hapag-Lloyd Cruises) gehandelt.
Bruchhagen und Meier reagieren zurückhaltend
HSV-Chef Bruchhagen reagierte am Abend im Interview mit dem Sender Sport1 – zurückhaltend. „Es ist ein Austausch zwischen dem Gesellschafter Herrn Kühne und dem Aufsichtsrat. Der Vorstand hat nicht das Recht und nicht die Pflicht, zu diesen Dingen Stellung zu nehmen. Das habe ich nicht zu kommentieren, das ist auch bei großen Unternehmen so. Bruchhagen betonte, "mit Herrn Kühne einen sehr guten und freundschaftlichen Austausch“ zu haben.
Auch Vereinspräsident Meier hielt sich zurück. "Wir reden intern miteinander und nicht extern übereinander", ließ der HSV-Präsident auf Anfrage mitteilen: "Wir äußern uns zu den Diskussionen rund um die Kandidaten für den Aufsichtsrat nicht, da der interne Auswahlprozess noch nicht beendet ist."
Logistikunternehmer Kühne (80) hat bereits mehrfach angedroht, dem HSV den Geldhahn zuzudrehen. Trotz seines großen finanziellen Engagements – insgesamt soll er mehr als 100 Millionen Euro investiert haben – ist er aufgrund seiner barschen Äußerungen im Verein und unter dessen Fans umstritten. So stellte er den einstigen Sportchef Oliver Kreuzer einst als "Drittligamanager" bloß, den an Leeds United verliehenen Stürmer Pierre-Michel Lasogga bezeichnet Kühne unlängst als "Flop des Jahrhunderts".