Hamburg. Der HSV-Stürmer trifft in diesem Jahr nur selten und droht am Sonnabend gegen Hertha mit einer Knieverletzung auszufallen.

Es war 13.46 Uhr, das Abschlusstraining neigte sich bei strahlender Herbstsonne dem Ende entgegen, als die Laune von Markus Gisdol schlagartig in den Keller ging. Ein sichtlich geknickter Bobby Wood suchte mit dick bandagiertem Knie den Dialog mit dem Trainer. Ein kurzes Gespräch, und der US-Amerikaner humpelte langsam die Treppen des Volksparkstadions hinauf, um sich in der Kabine behandeln zu lassen. In einer Spielform auf kleinem Feld hatte Wood sich die Verletzung unbemerkt zugezogen.

Am Nachmittag gab der Verein zwar zunächst Entwarnung. Der Nationalspieler stand im 19 Mann starken Aufgebot, das sich mit der Bahn auf den Weg nach Berlin gemacht hat, ein Einsatz beim so wichtigen Auswärtsspiel bei Hertha BSC an diesem Sonnabend (15.30 Uhr, Sky und Liveticker abendblatt.de) erscheint aber unwahrscheinlich. Offizielle Sprachregelung: Man wolle abwarten, wie sich die Verletzung entwickelt, und kurzfristig über einen Einsatz entscheiden. Bereits in der Vergangenheit hatte Wood immer wieder Probleme mit einer Kniereizung.

Bei Wood läuft es nicht

Ein Ausfall würde irgendwie ins Bild beim in Honolulu geborenen Torjäger a. D. passen. Das Kalenderjahr 2017 ist bisher eine einzige Katastrophe für den Offensivspieler. Die magere Bilanz: Zwei Tore für den HSV in der Bundesliga, eines beim DFB-Pokal-Aus beim VfL Osnabrück – und zu allem Überfluss verpasste der 24-Jährige auch noch mit den USA die Weltmeisterschaft in Russland. Läuft bei Wood – nicht!

Die Offensiv-Misere – der HSV hat mit sechs Toren gemeinsam mit Stuttgart und Freiburg die zweitwenigsten ligaweit erzielt – allein auf Wood hinunterzubrechen wäre ob der spielerischen Schwäche des Kaders allerdings zu kurz gedacht.

Kaum ein Verein tut sich derart schwer, Großchancen zu kreieren, wie der HSV. Aber: Längst haben sich die Kritiker formiert, die Wood, der lediglich zwölfmal in dieser Saison aufs gegnerische Tor geschossen hat, vorwerfen, er würde sich nach seiner Vertragsverlängerung im Juni hängen lassen und sich auf den rund drei Millionen Euro Gehalt ausruhen. Schnell gerät man in diesen Tagen in die Schublade des Fußball-Söldners.

Trainer Gisdol nimmt seine Spieler in Schutz

Trainer Gisdol versucht, gegen diese Strömungen mit Vehemenz gegenzusteuern, und stellt sich seit Wochen trotz der Minusleistungen demonstrativ vor seinen Spieler, attestiert ihm eine gute Arbeitseinstellung. Es sei nur eine Frage der Zeit, wann der berühmt,berüchtigte Knoten platzen werde. „Bobby tut alles dafür, die Situation zu ändern“, sagt Gisdol, „er arbeitet sehr hart, er fragt immer wieder nach, er macht extra Videostudien.“

In Berlin, jener Stadt, in der Wood in Diensten von Union den HSV-Spähern aufgefallen war, wird ihm nur die Zuschauerrolle bleiben. Markus Gisdol muss nach dem sehr wahrscheinlichen Ausfall des Stammspielers umplanen. Kaum hatte die Meldung über Woods Verletzung die Runde gemacht, kamen in den sozialen Medien lautstark die Forderungen nach dem Startelfdebüt von Jann-Fiete Arp.

Der Youngster, der erst in dieser Woche von der U-17-Weltmeisterschaft in Indien zurückgekehrt war, weilte zwar beim Abschlusstraining, ein Einsatz von Beginn an ist aber äußerst unwahrscheinlich.

Hahn ist der wahrscheinlichste Ersatz für Bobby Wood

Gar keine Option, so scheint es, ist derzeit der von vielen Anhängern geforderte U-21-Torjäger Törles Knöll. Der 20-Jährige, der in der Regionalliga Nord bisher überragende 14 Tore in elf Partien erzielen konnte, nahm nicht am letzten Profitraining vor der Abreise in die Hauptstadt teil.

Während die Profis sich den letzten Schliff für das Hertha-Spiel holten, rollte der Mannschaftsbus der Zweiten Mannschaft – mit Knöll an Bord – vom Hof. Und so deutet vieles darauf hin, dass André Hahn von der rechten Außenbahn ins Sturmzentrum rückt. Für die beiden Plätze auf den Außenbahnen bewerben sich Aaron Hunt, Filip Kostic und Publikumsliebling Tatsuya Ito. Beim Abschlusstraining ließ sich Trainer Gisdol nicht in die Karte schauen.

Fakt ist: Das gesamte Offensivspiel des HSV muss sich in Berlin anders präsentieren als in den vergangenen Wochen. Sonst wird es Trainer Gisdol auch am späten Sonnabendnachmittag gewaltig die Laune verhageln.