Osnabrück. Trotz mehr als 70-minütiger Überzahl lassen sich die Hamburger vom Drittligisten überrumpeln. Die Erklärungsversuche überzeugen nicht.

Sportdirektor Jens Todt flüchtete mit versteinerter Miene aus dem Stadion, die Spieler wurden vor der Fankurve gnadenlos ausgepfiffen: Als die Pokal-Blamage des HSV beim VfL Osnabrück perfekt war, konnte auch DFB-Präsident Reinhard Grindel keinen Trost mehr spenden.

Auf dem Weg in die Kabine beachteten die niedergeschlagenen Profis nach ihrer peinlichen 1:3 (0:1)-Niederlage beim Drittligisten trotz 72-minütiger Überzahl den auf den Platz eilenden Grindel nicht einmal. Der Schock und die Enttäuschung saßen zu tief. Eine Woche vor Saisonstart in der Fußball-Bundesliga ist beim Dino schon wieder reichlich Feuer unterm Dach. Von einer sorgenfreien Saison, die sich Trainer Markus Gisdol so sehnlichst gewünscht hatte, scheint der HSV weit entfernt. Financier Klaus-Michael Kühne, der sich "einen 3:1-Sieg, mindestens" gewünscht hatte, dürfte im fernen Mallorca nicht amüsiert gewesen sein.

"Warum es immer dem HSV passiert, kann ich auch nicht sagen", sagte Gisdol: "Wir hatten gefühlt 80 Prozent Ballbesitz. Unser Passspiel war aber unsauber, und die wenigen Chancen des Gegners haben wir schlecht verteidigt. Nach der Roten Karte waren wir in der Defensive nicht mehr konsequent genug." Ähnlich äußerte sich Sportchef Jens Todt: "Wir müssen uns viel vorwerfen lassen. In 70 Minuten Überzahl haben wir es nicht geschafft, das Spiel für uns zu entscheiden. Wir haben auch nicht gut verteidigt."

Auch die Spieler haderten mit ihrer schwachen Vorstellung. "Wenn man vorne seine Chancen nicht nutzt, wird man hinten bestraft. Das Hauptproblem war, dass wir es nicht geschafft haben, nach dem Rückstand ruhig weiterzuspielen. Uns fehlt die Selbstverständlichkeit, einfach ein Tor zu schießen", sagte Neuzugang André Hahn nach der Pleite bei aufopferungsvoll kämpfenden Niedersachsen, die in ihrer Liga nach vier Begegnungen noch sieglos sind.

Das von den 16.000 Zuschauern an der ausverkauften Bremer Brücke bejubelte Führungstor gelang Mannschaftskapitän Halil Savran in der 39. Minute. Marc Heider nach einem sehenswerten Konter (61.) und der Ex-Hamburger Ahmet Arslan (71.) legten für die nach Rot gegen Marcel Appiah (18./Notbremse) in Unterzahl spielenden Gastgeber nach. Bobby Wood konnte per Foulelfmeter (74.) für die einfallslosen Hamburger nur noch verkürzen. "Wir haben überragend gekämpft. Der Sieg bedeutet uns sehr viel", sagte Savran.

Die bis zum Platzverweis ausgeglichene Partie verlagerte sich in der Folgezeit ganz in die Hälfte der Osnabrücker. Doch statt auf Kombinationsfußball zu setzen, setzten die Hamburger viel zu oft auf hohe Flanken und kamen damit bis zum Halbzeitpfiff nicht zum Erfolg. Osnabrücks Torhüter Marius Gersbeck zeichnete sich mehrfach aus, zudem vergaben Aaron Hunt (20.) und Nicolai Müller (45.) in aussichtsreichen Positionen.

Früherer Hamburger Arslan trifft

Nach dem Seitenwechsel verstärkte Gisdol die Offensive und ersetzte den Gelb-Rot-gefährdeten Gideon Jung durch Lewis Holtby. Doch Kapital schlagen konnte der Erstligist daraus nicht, das Osnabrücker Abwehrbollwerk mit zwei Viererketten hielt.

Nach dem zweiten Gegentor setzte der HSV voll auf Angriff, Stürmer Luca Waldschmidt kam ins Spiel (63.). Aber die Aktionen des Favoriten wurden nicht druckvoller, es fehlte auch an Überraschungsmomenten. Stattdessen musste HSV-Keeper Christian Mathenia gegen Savran (66.) einen dritten Gegentreffer verhindern. Den erzielte dafür ausgerechnet Arslan, der ehemalige U-21-Kapitän des HSV. Das 1:3 durch Woods Foulelfmeter kam zu spät für die restlos enttäuschenden Hamburger, die am Sonnabend gegen den FC Augsburg in die Saison starten. "Da müssen wir das Glück erzwingen", sagte Hahn.