Längenfeld/Imst. Beim 1:1 gegen Rotterdam testet Gisdol viele Ideen und sieht den nächsten Pollersbeck-Patzer. Die Suche nach einer neuen Hierarchie.

Markus Gisdol war zufrieden. Zumindest mit dem Auftritt seiner Mannschaft. „Wäre es ein Punktspiel, würde ich mich über das Ergebnis ärgern. Aber so bin ich froh über die gute Leistung“, sagte der HSV-Trainer nach dem 1:1 (0:1) vor 2000 Zuschauern im Gurgltalstadion von Imst gegen den niederländischen Erstligisten Sparta Rotterdam. „Wir haben taktisch sauber gespielt und sehr gut gegen den Ball gearbeitet.“ Eine Woche nach dem 3:5 gegen Holstein Kiel präsentierte sich der HSV in verbesserter Verfassung. Am Ende reichte es aber nur zu einem Unentschieden.

Nachdem die Niederländer in der ersten Halbzeit infolge eines erneut schweren Torwartfehlers von Julian Pollersbeck dank Rick van Drongelen in Führung gegangen waren (28.), glich Bakery Jatta nach Vorlage von Lewis Holtby zum 1:1 aus (77.). „Ich bin auch deshalb zufrieden, weil wir viele Sachen gesehen haben, die wir im Training studiert haben“, sagte Gisdol. Unter anderem durfte sich Rechtsaußen Nicolai Müller im Sturm versuchen. „Ich muss die Testspiele nutzen, um diese Dinge auszuprobieren.“

Neue Varianten

Bereits am Vormittag hatte Gisdol im Trainingsquartier von Längenfeld neue Varianten einstudiert. Der Schwerpunkt lag dabei auf Standardsituationen. In der Vorsaison waren die Hamburger mit sechs Toren nach ruhenden Bällen eines der harmlosesten Teams der Liga in dieser Statistik. Das soll sich nun ändern. Gisdol hatte seine Spieler bereits am Montagabend in drei Gruppen eingeteilt. Jeweils 45 Minuten hatten die Spieler Zeit, sich eigene Modifikationen zu überlegen. Im Training gab es einen Wettbewerb zwischen den Teams. Das Ergebnis: viele kreative Ideen, aber nur wenige Tore. Bis auf einen direkten Freistoßtreffer von Aaron Hunt und zwei Abstauber von Pierre-Michel Lasogga und Albin Ekdal klappte nicht viel. „Dafür sind wir ja hier“, sagte Ekdal hinterher. „Wir wollen in der neuen Saison mehr Standardtore erzielen als im Vorjahr.“

HSV-Testspiel gegen Sparta Rotterdam

HSV-Testspiel gegen Sparta Rotterdam

Au weia: Julian Pollersbeck war im Testspiel gegen Sparta Rotterdam für den Rückstand verantwortlich
Au weia: Julian Pollersbeck war im Testspiel gegen Sparta Rotterdam für den Rückstand verantwortlich © WITTERS | TimGroothuis
In der 28. Minute ließ er eine Freistoß-Flanke fallen – Spartas Rick vam Drongelen sagte Danke und staubte ab
In der 28. Minute ließ er eine Freistoß-Flanke fallen – Spartas Rick vam Drongelen sagte Danke und staubte ab © WITTERS | TimGroothuis
Dass es am Ende noch zu einem Remis reichte, war Bakery Jatta zu verdanken, der auf Vorlage von Lewis Holtby traf (77.)
Dass es am Ende noch zu einem Remis reichte, war Bakery Jatta zu verdanken, der auf Vorlage von Lewis Holtby traf (77.) © Witters
Ansonsten taten sich Bobby Wood & Co. (hier gegen Franck Bambock) vor allem in der Offensive schwer
Ansonsten taten sich Bobby Wood & Co. (hier gegen Franck Bambock) vor allem in der Offensive schwer © WITTERS | TimGroothuis
Neuzugang André Hahn plagten sogar Krämpfe
Neuzugang André Hahn plagten sogar Krämpfe © WITTERS | TimGroothuis
In dieser Szene konnte Nicolai Müller seinem Gegenspieler Ilias Alahft mal entwischen
In dieser Szene konnte Nicolai Müller seinem Gegenspieler Ilias Alahft mal entwischen © WITTERS | TimGroothuis
HSV-Trainer Markus Gisdol und Sportchef Jens Todt hatten im Gurgltalstadion von Imst zunächst noch ganz entspannt Platz genommen
HSV-Trainer Markus Gisdol und Sportchef Jens Todt hatten im Gurgltalstadion von Imst zunächst noch ganz entspannt Platz genommen © WITTERS | TimGroothuis
Das sollte sich zumindest bei Gisdol noch ändern
Das sollte sich zumindest bei Gisdol noch ändern © Witters
Vor dem Spiel unterhielt er sich mit seinem Rotterdamer Kollegen Alex Pastoor
Vor dem Spiel unterhielt er sich mit seinem Rotterdamer Kollegen Alex Pastoor © WITTERS | TimGroothuis
Und auch ein ehemaliger HSV-Coach mischte sich unters Publikum: Kurt Jara (r., mit Hamburgs Teammanager Bernd Wehmeyer)
Und auch ein ehemaliger HSV-Coach mischte sich unters Publikum: Kurt Jara (r., mit Hamburgs Teammanager Bernd Wehmeyer) © WITTERS | TimGroothuis
Sie sahen unter anderem den Auftritt Mathias Pogbas, dem jüngeren Bruder des französischen Stars Paul Pogba
Sie sahen unter anderem den Auftritt Mathias Pogbas, dem jüngeren Bruder des französischen Stars Paul Pogba © WITTERS | TimGroothuis
Diese Hamburger mussten zunächst draußen bleiben (v.l.): Douglas Santos, Walace, Lewis Holtby, Bjarne Thoelke, Bakery Jatta, Tom Mickel, Jann-Fiete Arp, Finn Porath, Jonas Behounek, Vasilije Janjicic, Pierre-Michel Lasogga und Aaron Hunt
Diese Hamburger mussten zunächst draußen bleiben (v.l.): Douglas Santos, Walace, Lewis Holtby, Bjarne Thoelke, Bakery Jatta, Tom Mickel, Jann-Fiete Arp, Finn Porath, Jonas Behounek, Vasilije Janjicic, Pierre-Michel Lasogga und Aaron Hunt © WITTERS | TimGroothuis
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Eine klare Hierarchie bei den Standardsituationen gibt es in der Mannschaft bislang nicht. Die neue Hackordnung innerhalb des Teams kristallisiert sich dagegen allmählich heraus. Ekdal will dabei eine wichtige Rolle übernehmen. „Ich möchte ein kleiner Leader sein“, sagte der Schwede in seinem ersten Interview auf Deutsch nach zwei Jahren beim HSV. Zwei Jahre, in denen der Nationalspieler immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen wurde und seinem Anspruch als Führungsspieler so nie gerecht werden konnte. „Es ist schwer, wenn man nie zu 100 Prozent fit ist. Dazu kam der Druck im Club im Abstiegskampf. Das war für den Kopf eine schwere Zeit“, sagt Ekdal. „Deswegen ist es so wichtig, dass wir besser in die neue Saison starten. Es ist gut, dass wir den Kern der Mannschaft halten konnten.“

Mit Torhüter René Adler und dem ehemaligen Kapitän Johan Djourou hat der HSV zwei Spieler abgegeben, die die Hierarchie des Teams in den vergangenen Jahren maßgeblich mitprägten. Nun muss eine neue Führungsstruktur heranwachsen. „Wir haben drei bis vier Spieler in unserem Kader, die vorangehen können“, sagt Ekdal.

Gemeint sind insbesondere die beiden Innenverteidiger Kyriakos Papadopoulos und Mergim Mavraj. Trainer Gisdol vermisste in der vergangenen Saison Führungsspieler in seinem Team. Gerade deswegen hat er auf den Verbleib von Papadopoulos gepocht. Keiner verkörpert für Gisdol den Siegeswillen mehr als sein „Papa“. Mit André Hahn ist zudem ein weiterer Spieler dazugekommen, dem Gisdol eine ähnliche Mentalität attestiert. „Wir brauchen hungrige Spieler“, hatte der Cheftrainer bereits vor seinem Sommerurlaub gesagt.

Der Sommerfahrplan des HSV

6. Juli: Trainingsauftakt

Trainingsauftakt und Beginn der Vorbereitung auf die Bundesligasaison am Volkspark.

9. bis 13. Juli: Trainingslager I

Der Grundstein für die kommende Saison soll in Rotenburg (Wümme) gelegt werden, wo die Mannschaft in der vergangenen Saison schon zweimal ihre Kräfte bündeln konnte. Vom 9. bis zum 13. Juli zog sie ins bewährte „Hotel Landhaus Wachtelhof“. Auf dem Programm stand vor allem Lauf- und Konditionstraining.

12. Juli: Testspiel

Im Stadion In der Ahe siegte der HSV gegen den örtlichen Landesligisten Rotenburger SV mit 8:0.

15. Juli: Testspiel "Gemeinsam für Timo"

In Buchholz (Otto-Koch-Kampfbahn) trat der HSV zu einem Benefizspiel für die Hinterbliebenen des verstorbenen Merchandisingleiters Timo Kraus an. 60 Minuten spielte das Team gegen Oberliga-Vizemeister Buchholz 08 (4:0), weitere 60 Minuten gegen Kreisligist Buchholzer FC (8:1).

18. Juli: Media Day

An diesem Tag stellte sich der Kader und der Betreuerstab für die offiziellen Porträts der neuen Saison auf.

19. Juli: Testspiel

Gegen Zweitliga-Aufsteiger Holstein Kiel setzte es vor 6000 Zuschauern in Neumünster (ausverkauft) eine 3:5 (2:1)-Niederlage. Das Spiel hatte ursprünglich im Städtischen Stadion Nobiskrug Rendsburg stattfinden sollen, wurde aus Sicherheitsgründen aber in die Grümmi-Arena des VfR Neumünster verlegt.

22. Juli bis 1. August: Trainingslager II

Nach einer weiteren Trainingswoche am Volksparkstadion reisen die Rothosen dann ins zweite Trainingslager, das in Längenfeld in Tirol stattfinden wird. Hier will sich der HSV den spielerischen und taktischen Feinschliff holen. Ursprünglich sollte das Trainingslager in Leogang im Salzburger Land stattfinden, es wurde jedoch wegen des schlechten Zustands des Rasens kurzfristig verlegt.

25. Juli: Testspiel

In Imst spielte der HSV 1:1 (0:1) gegen den niederländischen Erstligisten Sparta Rotterdam. Torschütze: Bakery Jatta.

31. Juli: Testspiel

In Leogang heißt der Gegner Antalyaspor aus der türkischen Süperlig. Anstoß ist um 18 Uhr.

6. August: Volksparkfest

Bei der Generalprobe empfängt der HSV zur offiziellen Saisoneröffnung um 15 Uhr im Volksparkstadion den spanischen Erstligisten Espanyol Barcelona.

13. August: DFB-Pokal, 1. Runde

Der HSV muss zum Drittligisten VfL Osnabrück an die Bremer Brücke reisen. Anstoß ist um 15.30 Uhr.

18. bis 20. August: Bundesliga-Auftakt

Die 55. Spielzeit mit dem HSV als dem einzigem noch nie abgestiegenem Gründungsmitglied beginnt. Erster Gegner ist im heimischen Volkspark der FC Augsburg.

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Rechtzeitig vor dem Saisonstart will Gisdol auch den neuen Kapitän nominieren. Vieles spricht dafür, dass Gotoku Sakai die Rolle des Spielführers weiter ausfüllt. Der zuverlässige Japaner ist in der Mannschaft anerkannt. Aber auch Mavraj könnte sich das Kapitänsamt vorstellen. „Jeder Soldat braucht einen Offizier“, sagte der 31-Jährige kürzlich über seine Aufgabe als Führungsspieler und an der Seite von Papadopoulos in der Abwehr.

Neben den beiden Verteidigern könnte auch Torhüter Christian Ma­thenia in der Teamhierarchie eine Stufe klettern. Noch aber hat Trainer Gisdol nicht entschieden, ob Mathenia oder Neuzugang Julian Pollersbeck als Nummer eins in die Saison startet. Klar ist bislang nur eines: Der HSV braucht eine neue Führungsachse. Eine Achse des Guten, damit die schlechten Zeiten endlich ein Ende haben.

Aufstellung HSV: Pollersbeck – Diekmeier (69. Behounek), Papadopoulos (60. Thoelke), Mavraj, Sakai – Jung (46. Janjicic), Ekdal (46. Walace) – N. Müller (46. Hunt), Kostic (46. Jatta) – Hahn (46. Holtby), Wood (60. Lasogga)

HSV arbeitet am Feinschliff:

Gute Laune und Starkregen: HSV arbeitet am Feinschliff

Kurze Verschnaufpause: Papadopoulos ruht sich am Aluminium aus
Kurze Verschnaufpause: Papadopoulos ruht sich am Aluminium aus © imago/DeFodi
Anders als beim Trainingslager in Rotenburg soll In Längenfeld nicht mehr der läuferische, sondern der spielerische Aspekt im Vordergrund stehen: Pierre-Michel Lasogga freut das
Anders als beim Trainingslager in Rotenburg soll In Längenfeld nicht mehr der läuferische, sondern der spielerische Aspekt im Vordergrund stehen: Pierre-Michel Lasogga freut das © imago/DeFodi
Holtby zeigt seinen Sixpack...
Holtby zeigt seinen Sixpack... © imago/DeFodi
... mit dem von Jatta kann er aber nicht mithalten...
... mit dem von Jatta kann er aber nicht mithalten... © imago/DeFodi
... für Holtby jedoch kein Grund, die gute Laune abzulegen
... für Holtby jedoch kein Grund, die gute Laune abzulegen © imago/DeFodi
Gisdol arbeitet in Tirol auch im taktischen Bereich und will sein Team in Zukunft variabler spielen lassen
Gisdol arbeitet in Tirol auch im taktischen Bereich und will sein Team in Zukunft variabler spielen lassen © imago/DeFodi
Neuzugang André Hahn dürfte im neuen System mit zwei Spitzen im Sturmzentrum agieren
Neuzugang André Hahn dürfte im neuen System mit zwei Spitzen im Sturmzentrum agieren © imago/DeFodi
Jatta bekommt taktische Nachhilfe von Kapitän Sakai
Jatta bekommt taktische Nachhilfe von Kapitän Sakai © imago/DeFodi
Der teilweise starke Regen macht den Spielern (wie hier Müller) sichtlich zu schaffen
Der teilweise starke Regen macht den Spielern (wie hier Müller) sichtlich zu schaffen © WITTERS | TimGroothuis
Daumen hoch für die Idee mit dem Handtuch
Daumen hoch für die Idee mit dem Handtuch © WITTERS | TimGroothuis
Kostic (l.) rennt Jatta und Diekmeier davon
Kostic (l.) rennt Jatta und Diekmeier davon © WITTERS | TimGroothuis
Fast permanent am Telefon: SPortchef Jens Todt ist auf der Suche nach einem Innen- und einem Linksverteidiger
Fast permanent am Telefon: SPortchef Jens Todt ist auf der Suche nach einem Innen- und einem Linksverteidiger © WITTERS | TimGroothuis
Christian Mathenia will sich im Kampf um die Nummer eins durchsetzen
Christian Mathenia will sich im Kampf um die Nummer eins durchsetzen © WITTERS | TimGroothuis
Sein Konkurrent Julian Pollersbeck ist mit der Empfehlung als U21-Europameister nach Hamburg gewechselt
Sein Konkurrent Julian Pollersbeck ist mit der Empfehlung als U21-Europameister nach Hamburg gewechselt © WITTERS | TimGroothuis
Papadopoulos und Mathenia sind zu Späßen aufgelegt. Die ersten tage in Längenfeld schien noch die Sonne
Papadopoulos und Mathenia sind zu Späßen aufgelegt. Die ersten tage in Längenfeld schien noch die Sonne © WITTERS | TimGroothuis
Als die Regenwolken noch in weiter Ferne hatten, gab es auch noch was zu lachen
Als die Regenwolken noch in weiter Ferne hatten, gab es auch noch was zu lachen © WITTERS | TimGroothuis
Bei strahlendem Sonnenschein konnte man auch mal bauchfrei tragen (so wie hier Nicolai Müller)
Bei strahlendem Sonnenschein konnte man auch mal bauchfrei tragen (so wie hier Nicolai Müller) © WITTERS | TimGroothuis
Gut am Ball, aber mit überschaubaren Aussichten auf Einsatzzeiten. Finn Porath will sich deshalb verleihen lassen
Gut am Ball, aber mit überschaubaren Aussichten auf Einsatzzeiten. Finn Porath will sich deshalb verleihen lassen © WITTERS | TimGroothuis
Wer ist der Abwehrchef? „Papa“ gibt Mavraj Anweisungen
Wer ist der Abwehrchef? „Papa“ gibt Mavraj Anweisungen © imago/DeFodi
Ankunft im Aqua Dome: Walace vergnügt sich mit ein bisschen Samba-Musik
Ankunft im Aqua Dome: Walace vergnügt sich mit ein bisschen Samba-Musik © WITTERS | TimGroothuis
Sturm-Talent Jann-Fiete Arp (17) ist in Längenfeld (22. Juli bis 1. August) auch mit dabei
Sturm-Talent Jann-Fiete Arp (17) ist in Längenfeld (22. Juli bis 1. August) auch mit dabei © WITTERS | TimGroothuis
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