Hamburg. Bei der Eröffnung des neuen Umkleidehauses in Norderstedt spricht Seeler über die Zukunft des Clubs und die eigene Gesundheit.

Es war eine Endlos-Story. Über viele Jahre scheiterten etliche Anläufe, auf der Sportanlage des HSV in Norderstedt ein neues Umkleidehaus zu errichten. Das e.V.-Präsidum um Jens Meier hat es endlich geschafft. Nach 13 Monaten Bauzeit wurde das drei Millionen Euro teure Gebäude (18 Doppel- und 13 Einzelkabinen) feierlich eröffnet. Unter den Gästen war auch ein gut gelaunter Uwe Seeler (80).

Hamburger Abendblatt: Herr Seeler, wie geht es Ihnen gesundheitlich?

Uwe Seeler: Den Umständen entsprechend ganz gut. Ich bin zufrieden, es geht langsam aufwärts. Aber noch befinde ich mich in der Erholungsphase. Es kam ja einiges auf einmal zusammen.

Das ist ja recht dezent ausgedrückt. Sie bekamen im April einen Herzschrittmacher, mussten sich außerdem einen Tumor in der Schulter entfernen lassen.

Seeler: Ja, es waren schon einige Baustellen, aber wir kriegen das schon wieder hin. Sicher, auch für meine Frau Ilka war es eine schwere Zeit, besonders die Sache mit dem Herzschrittmacher. Aber auch sie hat es gut überstanden (lacht). Ich darf mich sowieso nicht beschweren. Ich werde gut gepflegt und bin zufrieden mit dem, was ich noch kann. Das ist nicht viel, aber in meinem Alter reicht das.

Was fehlt Ihnen denn am meisten?

Seeler: Wenn man wie ich immer unterwegs war, stört es natürlich, wenn man plötzlich keinen Sport mehr treiben darf. Das fing ja mit dem Unfall vor sechs Jahren und den Rückenproblemen an. Seitdem kann ich nicht mal mehr lange spazieren gehen. Aber wenn es einem ansonsten gut geht, kann man das ertragen.

Können Sie denn noch Fahrrad fahren?

Seeler: Nein, auch nicht. Durch den Unfall habe ich das Gehör im rechten Ohr verloren, wodurch ich Gleichgewichtsprobleme habe. An der Nordsee habe ich mich mal plötzlich hingelegt, ich wusste gar nicht, wie das passiert ist. Deshalb bin ich lieber vorsichtig, was das Rad betrifft.

Ihre sportliche Karriere begann hier in Norderstedt, nachdem sie ihr Vater im April 1946 angemeldet hat ...

Seeler:... wenn Sie jetzt einen Vergleich ziehen wollen, funktioniert das einfach nicht. Schauen Sie sich um, das sind ganz andere Dimensionen. Wir durften eine wunderbare, traumhaft schöne Jugendzeit erleben. Was den Luxus betrifft: Was man nicht kennt, vermisst man nicht. Die Ansprüche heute sind ja ganz andere. Ich würde mir natürlich wünschen, dass wir in der Zukunft eine Mannschaft sehen, in der mehrere vom Verein ausgebildete Talente spielen. Aber der Weg in die Bundesliga ist bekanntlich weit.

Mit welchem Gefühl beobachten Sie die Vorbereitungen auf die neue Saison?

Seeler: Im Moment habe ich gar kein Gefühl, sondern nur die Hoffnung, dass es besser läuft als in den vergangenen Jahren und wir es zumindest schaffen, im gesicherten Mittelfeld mitzuschwimmen. Das wäre für mich schon ein riesiger Erfolg. Eine neue Mannschaft aufzubauen ist nicht einfach, das weiß ich. Aber das gilt auch für die Zuschauer: Wenn man immer auf der Tribüne mitzittern und schwitzen muss, schmeckt das Bier gar nicht ... (lacht). Ich hoffe und wünsche, dass die Mannschaft gut in die Socken kommt und dann auch Erfolg hat.

Immerhin gab es in der Führung keine Wechsel. Trainer, Sportchef, Vorsitzender – alle noch da.

Seeler: Ja, das stimmt schon. Allerdings muss in der Mannschaft hier und da noch einiges umgebaut werden, um mehr Stabilität zu gewinnen. Das betrifft die Abwehr, wo der HSV sicher noch einen guten Verteidiger gebrauchen kann, aber auch den Sturm. Eine einfache Wahrheit lautet: Wer mehr Spiele gewinnen will, muss mehr Tore schießen ...

Von Bobby Wood erhofft man sich sehr viel.

Seeler: Sicher. Aber man kann nicht alles von einem jungen Mann erwarten, er braucht Unterstützung. Ich hoffe, dass er einen guten Mann an seiner Seite erhält.

Apropos Unterstützung, wie sehen Sie das Engagement von Klaus-Michael Kühne?

Seeler: Man darf nicht an früher denken. Es geht um viel Geld, alles kostet viel Geld. Insofern sollten wir froh sein, dass wir Herrn Kühne haben, der uns unterstützt. Und nachzufragen, das würde doch jeder machen. Er möchte ja auch wissen, wo sein Geld bleibt. In der letzten Zeit hat er auch Grund dazu gehabt.

Das Image des HSV hat in den vergangenen Jahren stark gelitten. Viele Fans in Deutschland wünschen dem Club den Abstieg.

Seeler: Bei uns sind ja Dinge passiert, da ist solch eine Reaktion kein Wunder. Klar, wenn ich unterwegs bin, dann schmerzt es schon, wenn man sich über den HSV lustig macht. Das müssen wir wieder ändern, denn im Moment hat vor dem HSV keiner Angst. Das war früher immer der Fall, und so muss es wieder werden. Eine Weltstadt wie Hamburg muss auch eine gute Fußball-Mannschaft haben. (lx)