Hamburg. Am Dienstag soll Gladbachs André Hahn einen Vertrag beim Bundesliga-Dino unterschreiben. Er kostet sechs Millionen Ablöse.

Um Punkt sieben Uhr morgens musste André Hahn in der Werkstatt antanzen. Er war gerade volljährig, als er eine Ausbildung zum Autolackierer absolvierte. Nach dem Job hetzte er zum Trainingsgelände des HSV. Seine Kleidung war bis obenhin voll mit Farbe beschmiert. Hahn zählte zu den wenigen Spielern, die sich ein zweites Standbein neben dem Fußball aufbauten.

„Er stand unter extremer Belastung“, erinnert sich Soner Uysal. Der heutige Co-Trainer der Regionalliga-Mannschaft des HSV trainierte Hahn während seiner Zeit in Hamburg. Zwei Jahre (2008 bis 2010) spielte der Mittelstürmer im Nachwuchs-Team. „André war sehr fleißig. Seine Einstellung war vorbildlich“, erzählt Uysal.

Doch das junge Talent scheiterte beim HSV. Die Konkurrenz in der Offensive war zu groß. Das Interesse galt anderen Spielern wie Maximilian Beister, Erik Maxim Choupo-Moting oder Tunay Torun. Den Sprung in die Bundesliga würde Hahn nie schaffen, versicherte ihm der Club.

Hahn kostet sechs Millionen Ablöse

Sieben Jahre später schlägt das Karma zurück. Schon an diesem Dienstag soll der 26 Jahre alte Profi von Borussia Mönchengladbach einen Vertrag beim HSV unterzeichnen. Die beiden Vereine seien sich grundsätzlich einig über den Transfer, heißt es. Lediglich die Unterschrift würde noch fehlen. Hahn, der in Gladbach noch einen Kontrakt bis zum 30. Juni 2018 hat, wird rund sechs Millionen Euro Ablöse kosten.

„Der Junge war engagiert, professionell und hatte ein großes Kämpferherz“, sagt Rodolfo Cardoso über seinen ehemaligen Schützling. Der Ex-HSV-Profi trainierte Hahn ebenfalls im Nachwuchs. „Es war schade, dass ein junger Spieler gehen musste. Aber er hatte keine Möglichkeit, bei uns aufzusteigen.“

Hahn soll beim HSV den „Papa“ machen

Der Junge vom Land, der das Kicken in seiner Heimat Ottendorf bei Cuxhaven lernte, war kurz davor aufzugeben. Das Kapitel Profifußball ein für alle Mal zuzuschlagen. Dann wechselte Hahn zum Viertligisten nach Oberneuland. Er ernährte sich wochenlang von Fertigpizza – für etwas Vernünftiges reichte sein Gehalt nicht aus. 2011 landete er in der Dritten Liga. Erst beim finanziell klammen TuS Koblenz, dann bei den Offenbacher Kickers. Nirgendwo wurde Hahn glücklich.

„Er hatte es nie leicht“, sagt Uysal. Und weiter: „Vielen Talenten wird es zu einfach gemacht, dann brechen sie irgendwann ein. André musste von Anfang an kämpfen.“ Der Wille entwickelte sich zu seiner großen Stärke. 2013 gelang Hahn der ersehnte Durchbruch in die Bundesliga. Augsburg verpflichtete den Rechtsfuß für 250.000 Euro, wenig später bestritt er sein erstes und bisher einziges Länderspiel für Deutschland beim 0:0 gegen Polen – ausgerechnet in Hamburg. „Er hat immer an sich geglaubt“, sagt Cardoso.

Vor drei Jahren führte ihn sein Weg zum Champions-League-Teilnehmer nach Gladbach. In der vergangenen Saison schoss Hahn in 30 Bundesliga-Partien vier Tore. Trotz dürftiger Ausbeute würde dem HSV ein weiterer Mentalitätsspieler gut zu Gesicht stehen. „Solche Kämpfer braucht jede Mannschaft. Er hat zwar nicht denselben Charakter, aber eine ähnliche Mentalität wie Kyriakos Papadopoulos“, erklärt Cardoso. Und der ist beim HSV bekanntlich eingeschlagen.