Hamburg. Clubchef sieht HSV “handlungsfähig“ und widerspricht der Darstellung, für neue Spieler müssten erst alte verkauft werden.

In zwei Wochen kehrt Markus Gisdol aus seinem USA-Urlaub zurück. Bis dahin nimmt der HSV-Trainer eine bewusste Auszeit. Abschalten. Für ein paar Tage Abstand gewinnen vom Fußballgeschehen. Was bei seinem Club passiert, bekommt Gisdol derzeit nur ganz am Rande mit. Kein Problem, könnte man meinen, schließlich ist beim HSV in den vergangenen zwei Wochen auch nicht viel passiert.

Ein Problem aber könnte entstehen, wenn Gisdol in zwei Wochen nach Hamburg zurückkehrt und beim HSV noch immer nichts passiert ist – zumindest auf dem Transfermarkt. Dann könnte die Gruppe der Trainingsteilnehmer, die am 6. Juli in die Vorbereitung auf die neue Bundesligasaison startet, sehr übersichtlich ausfallen. Bei Gisdol könnte das wiederum zu Unmut führen, schließlich hatte der Coach vor seinem Urlaub den klaren Wunsch nach Neuzugängen hinterlegt.

Bruchhagen gibt sich gelassen

HSV-Chef Heribert Bruchhagen gibt sich angesichts der fehlenden Transfers gelassen. „Es ist alles im Fluss“, sagte der Vorstandsvorsitzende am Mittwoch dem Abendblatt. Bruchhagen widerspricht der Darstellung, wonach der Aufsichtsrat dem Sportchef Jens Todt die Maßgabe erteilt habe, zunächst Spieler verkaufen zu müssen, bevor Geld ausgegeben werde. „Es gibt kein Dogma bei der Reihenfolge. Es geht nur um eine plausible Reihenfolge“, sagt Bruchhagen und meint damit ein gesundes Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben. „Wir sind handlungs­fähig“, sagt Bruchhagen, der von einem „Konsens“ zwischen den Entscheidungsträgern beim HSV spricht.

Ob der Clubchef damit auch Trainer Markus Gisdol einbezieht, ist allerdings offen. Nach Abendblatt-Informationen hat es vor zwei Wochen bei einem Treffen mit Todt, Gisdol, Bruchhagen, Investor Klaus-Michael Kühne und Aufsichtsrat Karl Gernandt einen Konsens gegeben: dass der HSV mit Kühnes Unterstützung rund 20 Millionen Euro in die Mannschaft investiert. Es war ein Scheinkonsens, wie sich mittlerweile herausgestellt hat.

Klar ist derzeit nur, dass Bruchhagen den Lizenzspieleretat senken muss. Diese Vereinbarung hat der 68-Jährige bereits bei seiner Benennung zum Vorstandsvorsitzenden im Dezember mit dem Aufsichtsrat getroffen. Seitdem ist intern bekannt, dass der HSV in diesem Sommer sparen will. Bruchhagen stellt klar, dass der Plan, den Gehaltsetat der Profimannschaft von 56 auf 48 Millionen Euro zu senken, keine Bedingung der Deutschen Fußball-Liga im Zuge der Lizenvergabe war.

Entscheidend im Lizenzierungsverfahren sei die Liquidität. Der HSV hatte die Lizenz daher erst durch Kühnes Kapitalerhöhung gesichert. Der Investor erhöhte Anfang Mai für rund 15 Millionen Euro seine AG-Anteile auf 17 Prozent. Damit der Club im nächsten Jahr nicht erneut in diese Situation gerät, ist er zum Sparen gezwungen. Bruchhagens Vorgänger Dietmar Beiersdorfer soll das Budget um zehn Millionen Euro überzogen haben. In der kommenden Saison kassiert der HSV zwar zehn Millionen Euro mehr an TV-Geld, doch die Einnahmen sollen nicht ausschließlich in den Kader investiert werden.

Leidtragende sind Todt und Gisdol

Die Leidtragenden dieser Sparpläne sind derzeit Sportchef Todt und Trainer Gisdol, die ihre in der Rückrunde ausgearbeiteten Pläne nicht in der erhofften Form umsetzen können. Gisdol wünscht sich zur neuen Saison Spieler mit Siegermentalität. Typen wie Kyriakos Papadopoulos oder André Hahn. Der Stürmer, den Borussia Mönchengladbach für fünf Millionen Euro abgeben würde, zählt zu Gisdols Wunschspielern. Der Trainer dürfte seinen Urlaub wohl noch entspannter verbringen, wenn der Transfer noch vor dem Trainingsauftakt klappen würde.