Büsum/Leck. Wen Trainer Markus Gisdol und Sportchef Jens Todt jetzt verpflichten wollen und welche Spieler der Verein loswerden will.

Im Hintergrund donnert „Wovon sollen wir träumen?“ von Frida Gold aus den Boxen, als Markus Gisdol im fernen Nordfriesland nach seinem größten Traum für die kommende Saison gefragt wird. „Kein Hollywood mehr“, antwortet der geschaffte HSV-Trainer an seinem letzten Arbeitstag vor dem Urlaub. „Ein seriöser und guter Club sein.“ Gisdol überlegt noch einmal kurz, dann spricht er passend zum Vatertag noch einmal das HSV-Vater-Unser: „Ich wünsche mit totale Bescheidenheit in der kommenden Saison und Dankbarkeit, dass wir noch in der ersten Liga spielen dürfen.“ Amen.

19:1 (gegen den TSV Büsum) und 9:2 (gegen eine Nordfriesland-Auswahl in Leck) hat der HSV auf seiner Saisonabschlusstour an der Nordseeküste gewonnen. Es waren noch einmal zwei Festtage für die Fans. Viel Bier und Bratwurst – und kein einziger Gedanke an die Relegation, die am gleichen Tag 402 Kilometer weiter südlich stattfindet. „Das Spiel zwischen Wolfsburg und Braunschweig werde ich mir heute ganz entspannt von der Coach aus anschauen“, sagt Gisdol. „Mit nullkommanull Schadenfreude, aber doch mit dem einen oder anderen Bierchen.“

Auch fünf Tage nach der endgültigen Rettung am letzten Spieltag merkt man Gisdol in jedem Satz die Erleichterung über das Geschaffte an. „Man darf nicht vergessen, wie unglaublich knapp das alles war. Wir haben unsere Siege immer nur mit einem Tor Vorsprung gewonnen, haben zudem sehr viele Spiele erst in der Schlussphase für uns entschieden“, sagt der Schwabe. Was er nicht sagt: Das alles hätte auch ganz anders ausgehen können. Braunschweig statt Büsum, Zweite Liga statt zwei Fußballfesten im hohen Norden.

Gisdol und Todt wollen Kader verändern

Die Basis für eine bessere Zukunft will Gisdol bereits kurz vor der Abfahrt nach Büsum am Mittwoch gelegt haben. „Wir haben über alles in Ruhe gesprochen. Wichtig ist, dass nun alle an einem Strang ziehen“, sagt Gisdol, der mit Sportchef Jens Todt alle Personalien durchgesprochen hat und zu einem sehr eindeutigen Ergebnis gekommen ist: „Wir brauchen Veränderung.“

Todt und Gisdol wollen das Gesicht der Mannschaft, die dem Schreckgespenst Relegation nur knapp entkommen ist, grundlegend verändern. Torhüter René Adler und Linksverteidiger Matthias Ostrzolek haben bereits zum Wochenstart ihren Abschied angekündigt, Ex-Kapitän Johan Djourou zog am Donnerstag nach. „Ich würde die Zeit in Hamburg für nichts in der Welt eintauschen wollen“, teilte der Schweizer via Instagram mit, schrieb aber auch: „Die Zeiten waren nicht immer einfach, die Philosophie eine andere, als ich es gewohnt war.“

HSV sucht in der Zweiten Liga

Eine grundlegend andere Philosophie wollen aber auch Gisdol und Todt, die sich einig sind, dass neben Adler, Ostrzolek und Djourou weitere bekannte HSV-Gesichter gehen müssen. Pierre-Michel Lasogga zum Beispiel, Aaron Hunt und sogar Lewis Holtby. Kommen sollen dagegen wenige große Namen wie Wolfsburgs Daniel Didavi, aber vor allem viele eher kleine Namen wie Kaiserslauterns Torhüter Julian Pollersbeck (22) oder Mittelfeldspieler Niklas Hauptmann (20) von Zweitligist Dynamo Dresden. „Wir brauchen kluge Entscheidungen“, sagt Gisdol. „Wir müssen mit kleinen Schritten Stabilität entwickeln und keine Träumereien beginnen.“

„Wovon sollen wir träumen?“, singt Frida Gold noch einmal im Hintergrund, während die Spieler den gerade gewonnenen Nospa-Cup in die Höhe recken. „So wie wir sind, so wie wir sind, so wie wir sind. Woran können wir glauben? Wo führt das hin, was kommt und bleibt? So wie wir sind.“

Markus Gisdol hat genug. „Ich bin froh, dass es jetzt vorbei ist“, sagt der 47-Jährige und verabschiedet seine Spieler in eine sechswöchige Pause. „Urlaub muss jetzt sein.“ Am 6. Juli ist Trainingsauftakt. „Nach dieser Saison brauchen die Spieler mal eine etwas längere Auszeit. Sie müssen körperlich und mental regenerieren.“ Ein letztes Lächeln der Saison. „Und ich auch.“