Die Hamburger ergeben sich beim so wichtigen Abstiegs-Endspiel ihrem Schicksal. Sportchef Todt glaubt weiter an direkten Klassenerhalt.

Augsburg/Hamburg. Der Spott ließ nicht lange auf sich warten: Augsburger Fans stimmten wenige Minuten nach dem Abpfiff vor dem Stadion „Bruno Labbadia“-Sprechchöre an und feierten den nie gefährdeten und auch in der Höhe verdienten 4:0-Sieg gegen einen erschreckend schwachen HSV.

Um die sportliche Wende zu schaffen, könnte nun wieder einmal ein Kurz-Trainingslager die Lösung sein. "Wir prüfen diese Option und wollen uns noch mal mit dem gesamten Verein auf unser großes Ziel fokussieren. Eine definitive Entscheidung wird am Dienstag fallen", sagte Sportchef Jens Todt dem Abendblatt. Zuvor hatte der "Kicker" darüber berichtet.

Im vergangenen November war Trainer Markus Gisdol mit dem Team als abgeschlagener Tabellenletzter vor dem Nordderby gegen Bremen nach Barsinghausen gereist. Dieser Ort sei diesmal nahezu ausgeschlossen, weil das niedersächsische Sporthotel Fuchsbachtal belegt ist. Gisdols Vorgänger Bruno Labbadia hatte gleich zweimal im Abstiegskampf 2015 den Geist von Malente beschworen. Sollte sich ein geeigneter Standort finden, würde das Trainingslager voraussichtlich am Donnerstag beginnen.

Todt: "Wir sind kopfmüde"

Ähnlich brenzlich wie vor zwei Jahren ist die Lage auch diesmal. Denn nach seiner Minusleistung zur Unzeit nimmt der HSV wieder Kurs auf seinen Stammplatz 16, der zwei Extra-Spiele in der Relegation brächte. Nach Niederlagen gegen Bremen, Darmstadt und eben Augsburg versuchten die Club-Verantwortlichen, das Debakel als logische Folge des Saisonverlaufs darzustellen. Nur zwei Punkte nach zehn Spielen, dann die große Aufholjagd, da sei es doch erwartbar, dass die Spieler irgendwann mal „kopfmüde“ werden, meinte Todt bei „Sky90“.

Einzelkritik: Mickel verhindert ein zweites 0:8

Ähnlich hörte sich auch Mergim Mavrajs Ausrede an, warum der HSV kaum Gegenwehr beim bisherigen Tabellen-16. leistete. „Wir haben in der Rückrunde vieles richtig gemacht, aber da lässt du auch Körner bei so einer Aufholjagd“, erläuterte der Abwehrchef. Gisdol behauptete sogar: „Ich wusste immer, dass eine kleine Delle kommt.“ Es habe die Mannschaft einfach „mental und körperlich viel Kraft gekostet, aus dem Nichts ranzukommen“.

Todt glaubt an direkten Klassenerhalt

Diese „Delle“ leistet sich der HSV seit jenem Zeitpunkt, an dem er die Konkurrenz um den Klassenerhalt überholt hatte. Nur ein Sieg in den letzten fünf Spielen, nun die dritte Niederlage nacheinander – es war erschütternd, wie wenig Leidenschaft und Wille zum Aufbäumen die Gäste in Augsburg aufbrachten. „Die Mannschaft hat es einmal gedreht, sie kann es nochmal drehen“, hofft Todt. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es direkt schaffen.“

Das Restprogramm der Abstiegskandidaten

1. FSV Mainz (13./44:53/37)

Köln (A)

FC Augsburg (14./35:51/37)

Hoffenheim (A)

VfL Wolfsburg (15./33:50/37)

HSV (A)

HSV (16./31:60/35)

Wolfsburg (H)

1/4

Dafür muss sich der HSV aber deutlich steigern, denn mit der Leistung von Augsburg ist der Abstieg kaum noch zu verhindern. Durch die nächste deutliche Niederlage hat nun auch der FCA ein deutlich besseres Torverhältnis als der HSV, was sich für die Elf von Markus Gisdol wie ein Minuspunkt auswirkt. Im bisherigen Saisonverlauf kassierten die Rothosen 59 Gegentore – so viele wie keine andere Mannschaft in der Bundesliga.

Mit einer Passquote von 66,1 Prozent lässt außerdem das Kombinationsspiel der Hamburger zu wünschen übrig. Nur Darmstadt (65,8 Prozent) und Ingolstadt (65,2 Prozent) bringen noch weniger Bälle an den eigenen Mann. „Wir werden jetzt nicht den Fehler machen und den Kopf in den Sand stecken“, fordert Gisdol.

Augsburg gegen den HSV – die Bilder des Spiels

Aaron Hunt am Boden. Der HSV steckt wieder ganz tief drin im Abstiegskampf
Aaron Hunt am Boden. Der HSV steckt wieder ganz tief drin im Abstiegskampf © dpa | Stefan Puchner
Ein Bild mit Symbolkraft: Lewis Holtby (l.) am Boden, Augsburgs Jonathan Schmid eilt davon
Ein Bild mit Symbolkraft: Lewis Holtby (l.) am Boden, Augsburgs Jonathan Schmid eilt davon © imago/Eibner | Langer / Eibner-Pressefoto
HSV-Torwart Tom Mickel kann das Führungstor von Halil Altintop (r.) nicht verhindern
HSV-Torwart Tom Mickel kann das Führungstor von Halil Altintop (r.) nicht verhindern © imago/Eibner | Langer / Eibner-Pressefoto
Halil Altintop kann später noch über das 2:0 jubeln ...
Halil Altintop kann später noch über das 2:0 jubeln ... © imago/Eibner | Langer / Eibner-Pressefoto
... und sich von den Teamkollegen feiern lassen
... und sich von den Teamkollegen feiern lassen © imago/ActionPictures | Peter Schatz
Diesmal musste Altintop (r.) nach starker Vorarbeit den Ball allerdings nur noch über die Linie drücken, Matthias Ostrzolek (l.) hat das Nachsehen
Diesmal musste Altintop (r.) nach starker Vorarbeit den Ball allerdings nur noch über die Linie drücken, Matthias Ostrzolek (l.) hat das Nachsehen © imago/Eibner | Langer / Eibner-Pressefoto
Mergim Mavraj bekam Halil Altintop kaum in den Griff
Mergim Mavraj bekam Halil Altintop kaum in den Griff © Bongarts/Getty Images | Lennart Preiss
Tom Mickel war nach den Ausfällen von René Adler und Christian Mathenia nur dritte Wahl im HSV-Tor, konnte aber sogar Schlimmeres verhindern
Tom Mickel war nach den Ausfällen von René Adler und Christian Mathenia nur dritte Wahl im HSV-Tor, konnte aber sogar Schlimmeres verhindern © WITTERS | SebastianWidmann
HSV-Kapitän Gotoku Sakai (r.) verliert gegen Dominik Kohr den Ball und hat Glück, dass daraus nicht schon das 0:1 wird
HSV-Kapitän Gotoku Sakai (r.) verliert gegen Dominik Kohr den Ball und hat Glück, dass daraus nicht schon das 0:1 wird © imago/ActionPictures | Peter Schatz
Hamburgs Stürmer Bobby Wood (r.) kam an Daniel Baier kaum einmal vorbei
Hamburgs Stürmer Bobby Wood (r.) kam an Daniel Baier kaum einmal vorbei © Bongarts/Getty Images | Lennart Preiss
Augsburgs Torschützen Halil Altintop weiß sich Wood (2. v. l.) in dieser Szene vom Leib zu halten
Augsburgs Torschützen Halil Altintop weiß sich Wood (2. v. l.) in dieser Szene vom Leib zu halten © Bongarts/Getty Images | Lennart Preiss
Trotz aller Anspannung im Abstiegskampf: HSV-Trainer Markus Gisdol (l.) und Augsburgs Manager Stefan Reuter hatten füreinander noch ein Lächeln übrig
Trotz aller Anspannung im Abstiegskampf: HSV-Trainer Markus Gisdol (l.) und Augsburgs Manager Stefan Reuter hatten füreinander noch ein Lächeln übrig © Bongarts/Getty Images | Lennart Preiss
Manuel Baum war in Augsburg zuletzt nicht mehr unumstritten
Manuel Baum war in Augsburg zuletzt nicht mehr unumstritten © WITTERS | SebastianWidmann
Prominenter Besucher: Johannes Rydzek, Weltmeister in der nordischen Kombination, ist großer FCA-Fan
Prominenter Besucher: Johannes Rydzek, Weltmeister in der nordischen Kombination, ist großer FCA-Fan © dpa | Stefan Puchner
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Gegen Mainz, auf Schalke und gegen Wolfsburg setzt der HSV im Endspurt auf seine beiden Heimspiele – auf die Chance, gegen die direkten Konkurrenten den Klassenverbleib zu sichern. „Wir haben in dieser Saison schon ganz andere Nackenschläge wegstecken können“, versicherte Gisdol. „Wir müssen jetzt noch einmal alles mobilisieren. Wir sind eine Heimmacht. Gegen Mainz wird das Stadion brennen.“ Brennen sollte nicht nur das Stadion, sondern auch die Spieler auf dem Platz.