Hamburg. Matchwinner scherzt über Wood. Zwayer reagiert auf neuen Maskottchenärger. Papadopoulos vergrößert die Abwehrsorgen.

Mit vier Treffern war Aaron Hunt vor der Partie ohnehin schon der beste Hamburger Schütze gegen Hoffenheim, mit seinen Toren Nummer fünf und sechs hat der nach seiner Knieverletzung in die Startelf zurückgekehrte Routinier den HSV nun ein großes Stück weg von den Abstiegsplätzen geschossen. Dank Hunts Doppelpack beim 2:1 (1:1)-Sieg gegen die TSG 1899 und den zeitgleichen Niederlagen von Wolfsburg (1:4 auf Schalke) und Mainz (0:1 in Freiburg) ist die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol unabhängig vom Ausgang des Augsburg-Spiels bei Hertha BSC auch nach Abschluss des 28. Spieltags der Fußball-Bundesliga mit 32 Zählern sicher vier Punkte vom Relegationsplatz 16 entfernt.

Die HSV-Profis in der Einzelkritik

In einer kampfbetonten Begegnung traf Hunt zunächst per feinem Freistoß-Schlenzer zur Führung (25.), nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich durch Andrej Kramaric per Elfmeter (35.) sorgte der 30-Jährige mit seinem zweiten Treffer in der 75. Minute für den Sieg und das neunte Heimspiel ohne Niederlage in Folge. In dieser Zeit gab es nun vier 2:1-Siege, drei Erfolge mit 1:0 und zwei 2:2-Unentschieden. Nach einem Remis sah es auch lange Zeit gegen den Tabellendritten aus Hoffenheim aus, der sich nach sieben Spielen und dem 1:0-Coup gegen Bayern München unter der Woche aber letztlich erstmals wieder geschlagen geben musste.

Die Bilder des Spiels:

HSV gegen Angstgegner Hoffenheim

Nicht im Mittelpunkt, aber Doppeltorschütze: Lewis Holtby reiht sich nach dem 2:1 gegen Hoffenheim zwischen Vollstrecker Aaron Hunt (l.) und Vorbereiter Bobby Wood ein
Nicht im Mittelpunkt, aber Doppeltorschütze: Lewis Holtby reiht sich nach dem 2:1 gegen Hoffenheim zwischen Vollstrecker Aaron Hunt (l.) und Vorbereiter Bobby Wood ein © Witters
Aaron Hunt nach seinem zweiten Treffer gegen Hoffenheim
Aaron Hunt nach seinem zweiten Treffer gegen Hoffenheim © Imago/Pressefoto Baumann
Alter schützt vor Kunststoß nicht: Aaron Hunt (r.) schnibbelte den HSV in der 25. Minute per Freistoß in Führung
Alter schützt vor Kunststoß nicht: Aaron Hunt (r.) schnibbelte den HSV in der 25. Minute per Freistoß in Führung © Witters
Anschließend holt sich der 30 Jahre alte Routinier den Dank seiner Kollegen ab
Anschließend holt sich der 30 Jahre alte Routinier den Dank seiner Kollegen ab © Getty Images
Hamburgs Sechser Walace (l.) gegen Marco Terrazzino, der bei Hoffenheim aufgrund der Wadenprobleme von Kerem Demirbay und Nadiem Amiri in die Startelf rückte – und das Foul vor dem 1:0 beging
Hamburgs Sechser Walace (l.) gegen Marco Terrazzino, der bei Hoffenheim aufgrund der Wadenprobleme von Kerem Demirbay und Nadiem Amiri in die Startelf rückte – und das Foul vor dem 1:0 beging © Witters
Lewis Holtby beweist seine Sprungkraft
Lewis Holtby beweist seine Sprungkraft © Witters
Christian Mathenia vertrat den verletzten René Adler und kam somit zu seinem neunten Bundesligaeinsatz für den HSV
Christian Mathenia vertrat den verletzten René Adler und kam somit zu seinem neunten Bundesligaeinsatz für den HSV © Witters
Beim Ausgleich durch Andrej Kramaric per Elfmeter war Hamburgs Torhüter ohne Abwehrchance (35.)
Beim Ausgleich durch Andrej Kramaric per Elfmeter war Hamburgs Torhüter ohne Abwehrchance (35.) © dpa
Dabei hatte Mathenia sogar die Ecke geahnt
Dabei hatte Mathenia sogar die Ecke geahnt © Witters
Nach seinem Treffer ließ sich Kramaric zu einer Provokation Richtung HSV-Fanblock hinreißen
Nach seinem Treffer ließ sich Kramaric zu einer Provokation Richtung HSV-Fanblock hinreißen © Witters
Gisdol mit einer Order an Abwehrchef Mergim Mavraj
Gisdol mit einer Order an Abwehrchef Mergim Mavraj © Getty Images
Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann landete nach dem 1:0-Sieg gegen die Bayern in Hamburg zu Beginn wieder auf dem Boden der Tatsachen
Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann landete nach dem 1:0-Sieg gegen die Bayern in Hamburg zu Beginn wieder auf dem Boden der Tatsachen © Witters
Heiße Duelle: Niklas Süle gegen Bobby Wood
Heiße Duelle: Niklas Süle gegen Bobby Wood © Witters
Auch Sandro Wagner hatte im Volksparkstadion keinen leichten Stand
Auch Sandro Wagner hatte im Volksparkstadion keinen leichten Stand © Witters
Wie ein Klassentreffen: HSV-Trainer Markus Gisdol (l.) bei der herzlichen Begrüßung seines Hoffenheimer Kollegen Julian Nagelsmann
Wie ein Klassentreffen: HSV-Trainer Markus Gisdol (l.) bei der herzlichen Begrüßung seines Hoffenheimer Kollegen Julian Nagelsmann © dpa
Auch 1899-Präsident Peter Hofmann wurde von Gisdol geherzt
Auch 1899-Präsident Peter Hofmann wurde von Gisdol geherzt © Witters
"Es freut mich, die alten Weggefährten mal wiederzusehen", sagte Gisdol © Getty Images
Und diese waren vor Anpfiff bestens gelaunt, hier demonstriert von Nagelsmann und TSG-Sportchef Alexander Rosen (l.)
Und diese waren vor Anpfiff bestens gelaunt, hier demonstriert von Nagelsmann und TSG-Sportchef Alexander Rosen (l.) © Getty Images
Ernster wirkten die Minen des äquivalenten HSV-Pärchens Jens Todt (l.) und Gisdol
Ernster wirkten die Minen des äquivalenten HSV-Pärchens Jens Todt (l.) und Gisdol © Getty Images
Und der verletzte Nicolai Müller betrat das Volksparkstadion ohnehin mit nachdenklichem Gesicht
Und der verletzte Nicolai Müller betrat das Volksparkstadion ohnehin mit nachdenklichem Gesicht © Getty Images
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Adler doch mit Rippenbruch?

Vor 53.565 Zuschauern im fast ausverkauften Volksparkstadion präsentierten sich beide Mannschaften zweikampfstark und stabil in der Defensive, was die Zahl der Torchancen spürbar drückte. In der ersten Halbzeit scheiterte Niklas Süle für Hoffenheim mit einem Drehschuss aus kurzer Distanz (21.), für den HSV traf Filip Kostic (37.) mit einem verdeckten Flachschuss nur das Aussennetz. Trotz fünf verletzter Spieler wirkten die HSV-Aktionen durchaus strukturiert, auch Torhüter Christian Mathenia vertrat den angeschlagenen Stammkeeper René Adler problemlos. Beim Stammkeeper, der die Mannschaft ebenso wie der verletzte Nicolai Müller im Stadion unterstützte, wurde nun doch ein Rippenbruch diagnostiziert.

Im Team von Coach Julian Nagelsmann machte sich indes das Fehlen des Ex-Hamburgers Kerem Demirbay bemerkbar, der wegen Wadenproblemen nicht auflaufen konnte. Für den Deutsch-Türken spielte mit Marco Terrazzino ein Deutsch-Italiener – und der 25-Jährige servierte dem HSV gewissermaßen die Führung, als er den späteren Torschützen Hunt nach einer Ballstafette über Bobby Wood und Dennis Diekmeier kurz vor dem Strafraum freistoßreif foulte. Was folgte, war die Demonstration eines Zauberfußes: Hunt zirkelte den Ball mit links ins linke Eck – TSG-Schlussmann war machtlos. Oder etwa nicht? "Ich glaube, er sieht nichts, weil Papa ihm die Sicht versperrt", urteilte Gideon Jung am "Sky"-Mikrofon. "Aaron hat einen super linken Fuß, den trifft er natürlich überragend."

Die Höhepunkte des Spiels

16. Minute

Nach ruhiger Anfangsphase der erste Vorstoß und die erste Ecke des HSV. Nach dieser landet der Ball bei Sakai, der an der Strafraumgrenze seinen Gegenspieler auswackelt und mit links abschließt – allerdings genau in die Arme Baumanns.

17. Minute

Der Offensivdrang wird stärker, Ostrzolek treibt das Leder voran und passt zu Kostic, der seinen Gegenspieler per Finte stehen lässt und in den Fünfer passt. Dort will Hunt an den Ball, tut dies nach Meinung von Schiedsrichter Zwayer und vor allem der Hoffenheimer etwas zu energisch. Offensivfoul.

21. Minute

Erste Chance für Hoffenheim: Nach Freistoß von rechts durch Rudy kommt Süle nach Gestocher an den Ball, schießt diesen aus kurzer Distanz aber knapp links am HSV-Tor vorbei.

25. Minute

TOOOOOOOOR für HSV! Hunt schnibbelt Hamburg per Standard in Führung! Terrazzino foult den späteren Torschützen nach einer Ballstafette über Wood und Diekmeier kurz vor der Sechzehnmeterraum. Der Rückkehrer legt sich das Spielgerät zurück und beweist mit einem Schlenzer mit links ins linke lange Eck ein ganz feines Füßchen.

30. Minute

Wood mit dem nächsten Abschluss für den HSV. Allerdings fehlen dem US-Stürmer bei diesem am Ende ein wenig die Kräfte, weshalb der Schuss zu mickrig und zentral ausfällt.

35. Minute

Tor für Hoffenheim. Der Ausgleich fällt im Gegenzug vom Punkt. Ostrzolek verhält sich im Strafraum ziemlich unbedarft gegen Bicakcic und tritt dem Hoffenheimer Verteidiger auf den Fuß. Zwayer gibt Elfmeter, den Kramaric stramm ins rechte Eck verwandelt. Anschließend provoziert der Torschütze die HSV-Fans und sieht dafür Gelb.

37. Minute

Kostic beinaher mit der erneuten Führung. Nach Ballgewinn von Walace und dessen klugen Pass in den Lauf landet der Linksschuss des Flügelflitzers nur am Außennetz.

40. Minute

Jetzt sieht allerdings auch der Serbe den Karton, da Zwayer den Faller im Strafraum-Duell mit Süle als Schwalbe interpretiert.

45. Minute

Sakai versucht den Müller, legt sich bei seinem Antritt im Strafraum über rechts nach einer Körpertäuschung jedoch einen Tick zu weit vor, sodass der Ball bei der Flanke haarscharf die Torauslinie überquert.

48. Minute

Die erste bemerkenswerte Szene in der zweiten Hälfte ist gleich eine ziemlich kuriose: Wagner wird Richtung HSV-Fünfmeterraum geschickt, weiß aber dann plötzlich ebensowenig mehr, wo der Ball ist, wie Mathenia und Diekmeier. Letztlich kann der HSV-Verteidiger den Ball seinem Schlussmann in die Arme spitzeln.

75. Minute

TOOOOOOOOOOR für den HSV! Die erneute Führung, und wieder ist es Hunt: Aus dem Nichts erhält Holtby die Möglichkeit, auf Wood durchzustecken. Dabei steht Hunt eigentlich im Abseits, beim Querpass hat sich der Routinier aber clever hinter dem Ball positioniert, sodass der Einschub ins leere Tor regelkonform ist.

78. Minute

Beinahe das 3:1: Holtby zieht einfach mal ab und zwingt Baumann zu einer Faustabwehr.

80. Minute

Papadopoulos kann Kramarci entscheidend im Abschluss stören, sodass Mathenia den Schuss des Kroaten locker aufnehmen kann.

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Kramaric und die HSV-Fans provozieren sich

Die Führung hielt allerdings nur zehn Minuten, da Matthias Ostrzolek im Strafraum Emir Bicakcic auf den Fuß stieg und sich Andrej Kramaric beim folgerichtigen Strafstoß nicht von den lautstarken Ablenkungsversuchen der HSV-Fans irritieren ließ und stramm ins rechte Eck vollstreckte. Es war Kramarics zwölfter Saisontreffer und gleichzeitig das 200. Auswärtstor in der Hoffenheimer Bundesliga-Geschichte. Dennoch wollte sich der Kroate nicht ausschließlich freuen, sondern provozierte die Hamburger Nordkurve unter anderem mit einer Geste, die an das Elch-Maskottchen "Hoffi" erinnerte. Von Schiedsrichter Dr. Felix Zwayer, gezeichnet von der Roten Karte durch das lebensgroße Schalker Pläuschtier "Erwin" in der Vorwoche, gab es für diese Aktion die Gelbe Karte.

Überhaupt wurde die Partie in der zweiten Hälfte zunehmend intensiver, am Ende standen mehr als 40 Fouls und acht gleichmäßig verteilte Gelbe Karten. Die folgenreichste Verwarnung, weil seine fünfte, kassierte dabei Kyriakos Papadopoulos (68.), der damit im Nordderby bei Werder Bremen am Ostersonntag (15.30 Uhr) gesperrt ist. Bei der zweiten kritischen Terrazzino-Szene ließ Zwayer allerdings weiterspielen, als der Deutsch-Italiener Walace im Strafraum von hinten bedrängte. Die Entscheidung, auf einen Elfmeterpfiff zu verzichten, war wohl richtig ebenso richtig wie fünf Minuten später nach einem Zweikampf zwischen Kramaric und Holtby. Umso wütender hallten dafür die Pfiffe aus der Nordkurve.

Die Statistik

HSV

Mathenia - Diekmeier, Mavraj, Papadopoulos, Ostrzolek - Walace, Sakai - Hunt (90.+3 Janjicic), Holtby, Kostic (81. Gregoritsch) - Wood (85. Wood). Trainer: Gisdol

TSG Hoffenheim

Baumann - Bicakcic (78. Uth), Hübner, Süle, Vogt - Rudy (46. Amiri), Schwegler, Zuber, Terrazzino (61. Rupp) - Wagner, Kramaric. Trainer: Nagelsmann

Schiedsrichter

Dr. Felix Zwayer (Berlin)

Tore

1:0 Hunt (25.), 1:1 Kramaric (35./Elfmeter), 2:1 Hunt (75.)

Gelbe Karten

Kostic, Walace, Papadopoulos (5.), Diekmeier – Rudy, Kramaric, Zuber, Hübner

Zuschauer

55.000

1/6

Hunt lässt sich clever zurückfallen

Eine Viertelstunde vor Schluss hellten sich Holtbys Gesichtszüge dann wieder auf, denn er war Wegbereiter des Siegtreffers. Aus dem Nichts steckte der Mittelfeldspieler zu Wood durch, der wiederum den mitgelaufenen Hunt bediente, der nur noch ins leere Tor einschieben musste. Und da sich Hunt für den Zeitpunkt der Ballabgabe clever zurückfallen ließ, stand er bei seinem zweiten Streich auch nicht im Abseits. "Bobby kann froh sein, dass er quer gelegt hat, sonst hätte unsere gute Freundschaft gelitten", scherzte der Matchwinner nach dem Spiel. Für Hunt war es der erste Doppelpack seit dem 3. Mai 2014 - damals hatte er noch für Bremen beim 2:0 gegen Hertha BSC getroffen. In der Folge hatte der HSV die Gäste wie auch zuvor weitestgehend im Griff.

Überhaupt gab es den ersten Eckball für die Gäste, die mit der ältesten Startelf ihrer Bundesligageschichte aufliefen (26 Jahre und 230 Tage), erst in der 65. Minute. Der HSV hatte seinerseits am Ende acht Ecken gesammelt. "Wir haben Hoffenheim kaum Raum gelassen, das war Schlüssel. Wir sind mitten drin, das macht einfach Spaß. Wir sind nicht auf Schützenhilfe angewiesen", sagte Mathenia bei "Sky". Sein Gegenüber Baumann reagierte dagegen sicht- und hörbar angefressen: "Wir waren nicht gut genug und haben dafür die Quitttung bekommen."