Hamburg. Zé Roberto,der mit dem neuen HSV-Star in Porto Alegre zusammenspielte, ist vom Neuzugang begeistert: „Er ist die Zukunft Brasiliens.“
Es war kurz nach 12 Uhr am Montagmittag, als ein angemessener Empfang für Walace Souza Silva am Flughafen Fuhlsbüttel vorbereitet war. Berater Rogério Braun und zwei Mitarbeiter seiner Agentur Football Capital, HSV-Pressesprecher Till Müller, Dolmetscher Edson Büttner und drei Journalisten warteten bereits am Terminal 2, als der neue HSV-Brasilianer kurz zuvor und zehn Minuten eher als erwartet mit der Maschine BA 962 aus London Heathrow landete. Die Tür an der Gepäckausgabe ging auf – doch vom Zehn-Millionen-Euro-Neuzugang war noch nichts zu sehen. Und wieder: Tür auf, kein Walace. Und noch einmal: Tür auf, kein Walace. So dauerte es noch einmal eine knappe Stunde, ehe sich der Brasilianer am Handy von Berater Braun meldete. Ein Koffer sei abhandengekommen, so Walace, und nun warte er an Terminal 1 und keiner sei da.
Der – im wahrsten Sinne des Wortes – Kaltstart ging in die Hose, doch entscheidend ist ja bekanntlich der Zieleinlauf. „Ich bin sehr glücklich, endlich in Hamburg zu sein. Es war schon eine sehr lange Reise. Aber ich denke, dass sich die Reise gelohnt hat“, sagte der 21-Jährige wenige Minuten später, als er und das Hamburger Empfangskomitee dann doch zusammengefunden hatten. „Wenn ich den Schnee sehe, muss ich ein wenig schmunzeln. In Porto Alegre hatten wir gestern noch über 30 Grad“, sagte Walace im Gespräch mit dem Abendblatt. „Ich brauche schon ein paar Tage, um mich hier einzugewöhnen, aber dann werde ich voll da sein.“
Zé Roberto: „Walace ist die Zukunft Brasiliens“
Voll da sein musste Walace vor allem am Nachmittag. Nach einem kurzen Abstecher ins Hotel Elysée ging es direkt zum Medizincheck ins Athleticum des UKE und abends zur Vertragsunterzeichnung in den Volkspark. Der Familienvater, dessen Freundin Kamila und dessen Sohn Wallan in Kürze nachreisen wollen, unterschrieb einen Vertrag bis 2021, soll bereits an diesem Dienstag erstmals um 11 Uhr mittrainieren.
Spätestens bis dahin dürfte sich auch im fernen Brasilien längst herumgesprochen haben, dass der begehrte Neu-Nationalspieler am Montag auch die letzten Hürden in Hamburg übersprungen hatte. „Ich freue mich sehr für ihn und für den HSV. Hamburg darf sich auf einen ganz besonderen Spieler freuen“, sagt der frühere HSV-Profi Zé Roberto, der Walace bestens aus der gemeinsamen Zeit in Porto Alegre kennt.
„Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, wie Walace als junger Bursche erstmals bei uns Profis mittrainieren durfte“, sagt Zé, der vor seinem Wechsel zu Palmeiras 2014 ein Jahr lang Grêmios Doppelsechs mit Walace bildete. „Er war sehr schüchtern, aber man konnte bereits im Training seine herausragenden Anlagen erkennen.“
Bilder vom ersten Training:
Walace sieht erstmals Schnee und den Volkspark
Der einstige HSV-Star, der mit 42 Jahren gerade erst entschieden hat, noch eine weitere Saison in Brasilien dranzuhängen, gerät im Abendblatt-Gespräch regelrecht ins Schwärmen. „Walace lernt schnell. Er ist ein intelligenter Sechser, der sich taktisch sehr clever verhält. In seiner Spielart erinnert er an meinen früheren Mitspieler Emerson.“ Der ehemalige Leverkusener brachte es immerhin auf 73 Länderspiele, war zudem lange Zeit der Kapitän der Seleção. „Ich will keine zu großen Erwartungen bei Walace schüren, aber ich bin mir sicher, dass auch er eine große Karriere im Nationalteam vor sich hat“, sagt Zé Roberto. „Wenn Emerson für die gute Vergangenheit der Seleção steht, dann ist Walace die Zukunft Brasiliens.“
Beiersdorfer hatte Walace auf dem Zettel
Tatsächlich wurde der in Salvador geborene Walace bereits im vergangenen Sommer für die Copa América nominiert, bei der er allerdings nicht zum Einsatz kam. Seinen internationalen Durchbruch hatte der Brasilianer dann gemeinsam mit HSV-Linksverteidiger Douglas Santos bei den Olympischen Spielen, bei denen der defensive Mittelfeldmann zum Stammpersonal gehörte und auch beim Finaltriumph gegen Deutschland im Maracanã auf dem Platz stand.
Der im Dezember beurlaubte Dietmar Beiersdorfer verfolgte Walace’ Auftritte im Halbfinale und im Endspiel von Olympia live vor Ort und war schon damals beeindruckt. Trotzdem entschied sich Beiersdorfer seinerzeit zunächst dafür, sein Glück bei Walace’ Kollege Caio zu probieren. Doch der erhoffte Transfer platzte, sodass am letzten Tag der Sommertransferfrist statt Caio oder Walace plötzlich Douglas Santos nach Hamburg wechselte. „Über den Wechsel war ich schon überrascht“, sagt Zé Roberto. „Es hieß ja immer, dass der HSV noch einen Sechser braucht.“
Grêmio erhält zehn Prozent bei Weiterverkauf
Sechs Monate später klappte der Transfer dann doch in der Verlängerung. Nachdem sich HSV-Sportchef Jens Todt am vergangenen Mittwoch bei Walace’ Debüt in der A-Nationalmannschaft im Benefizspiel gegen Kolumbien (1:0) selbst ein Bild von den Qualitäten des Talentes gemacht hat, verhandelten die Verantwortlichen in den Tagen danach unter Hochdruck. Am Ende einigte man sich auf eine Ablöse von knapp zehn Millionen Euro, wobei sich Grêmio nach Abendblatt-Informationen eine Beteiligung von zehn Prozent bei einem Weiterverkauf sicherte.
„Walace ist eine Super-Verstärkung. Aber der HSV muss ihm eine Eingewöhnungszeit einräumen“, sagt Zé Roberto. „Auch in Brasilien habe ich mitbekommen, dass der HSV seit Jahren im Abstiegskampf steckt und immer Probleme hat.“ Deswegen hoffe er nun, dass Walace diese Probleme erledigen könne. Und wenn nicht? „Dann erledigen die HSV-Probleme Walace.“