Hamburg. Warum der Wechsel des 30 Jahre alten Kölner Verteidigers die missglückte Transferpolitik der Hamburger symbolisiert.

Markus Gisdol hatte vor Weihnachten einen großen Wunsch. „Wir brauchen mehr Personal für unsere Abwehrzentrale“, sagte der HSV-Trainer vor den Feiertagen. An diesem Sonnabend verbringt Gisdol Heiligabend im schwäbischen Bad Überkingen. „Entspannung im Kreise der Familie“, sagte Gisdol, der sich in seinen ersten drei Monaten beim HSV über fehlende Arbeit nicht beschweren konnte.

Entspannen lässt ihn nun die Tatsache, dass sein Club pünktlich zu Weihnachten den ersten Neuzugang für die Defensive verpflichtet. Mergim Mavraj, 30 Jahre alter Innenverteidiger, wechselt vom 1. FC Köln nach Hamburg.

Medizincheck im UKE

Am Freitag absolvierte der albanische Nationalspieler im Athleticum des UKE den Medizincheck. Die Verhandlungen über den Vertrag bis 2019 zogen sich zwar am Freitagabend noch hin, scheitern wird der Transfer aber nicht mehr. Schon beim Trainingsauftakt am 3. Januar im Volkspark wird Mavraj mit seinen neuen Kollegen in die Vorbereitung starten, ehe es zwei Tage später für zehn Tage ins Trainingslager nach Dubai geht.

Sollte die kolportierte Ablöse von 1,8 Millionen Euro stimmen, hätte der HSV im Jahr 2016 insgesamt 33,8 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben. Transfersummen in dieser Größenordnung gab es beim HSV für Neuzugänge zuvor nur 2014 (u.a. für Pierre-Michel Lasogga, Valon Behrami, Nicolai Müller) und 2008 (Mladen Petric, Marcell Jansen, Thiago Neves, Alex Silva). All diese Transferperioden verantwortete Dietmar Beiersdorfer, der mit dem Mavraj-Wechsel seine Arbeit beim HSV beendet.

Transferphilosophie verwerfen

Der Transfer des Verteidigers steht dabei symbolisch für das missglückte Jahr der Hamburger. Weil die Sommereinkäufe des HSV nicht zum erhofften sportlichen Erfolg führten, ist der Club nun wieder gezwungen, die von Beiersdorfer ausgerufene und im Leitbild verankerte Transferphilosophie zu verwerfen.

So wollte der HSV ursprünglich mit den zur Verfügung gestellten Mitteln von Geldgeber Klaus-Michael Kühne in Perspektivspieler investieren. Weil Beiersdorfer aber nicht die nötige Balance in der Kaderzusammenstellung fand, muss der HSV nun wieder nachbessern und mit Mavraj einen Spieler verpflichten, der kurzfristig für Stabilität sorgen soll.

Lange Verletzungshistorie

Und so wirft ein Transfer beim HSV mal wieder die Frage auf, welche Strategie der Club in seiner Einkaufspolitik verfolgen will. Der neue HSV-Boss Heribert Bruchhagen hat angekündigt, dass er die Weihnachtswünsche von Gisdol erfüllen will. Neben Mavraj soll nach dem Abgang des Brasilianers Cléber zum FC Santos noch mindestens ein weiterer Innenverteidiger kommen.

Doch auch die verfügbaren und gehandelten Kandidaten wie Bayerns Holger Badstuber (27), Dortmunds Neven Subotic (28) oder Leipzigs Kyriakos Papadopoulos (24) kommen für den HSV nur aufgrund ihrer langen Verletzungshistorie infrage.

Boss Bruchhagen macht klare Vorgaben für den HSV

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    In allen Fällen würde der HSV – auch wenn es sich jeweils nur um ein Leihgeschäft handelt – ein großes Risiko eingehen. Bereits vor einem Jahr suchten die Hamburger mit einer Leihe den kurzfristigen Erfolg. Doch der Gladbacher Josip Drmic, für eine Gebühr von 1,2 Millionen für ein halbes Jahr verpflichtet, zog sich nach nur sechs Spielen einen Knorpelschaden zu und fiel für den Rest der Saison aus.

    Mavraj soll für Stabilität sorgen

    Doch angesichts der missglückten Halbserie, die nur dank eines Schlussspurts mit elf Punkten aus den letzten sechs Spielen einigermaßen glimpflich endete, bleibt dem HSV keine andere Wahl, als den Kader nachzubessern. „Man hat gemerkt, dass in wackeligen Situationen nicht alle das hundertprozentige Vertrauen haben. Mit den Ergebnissen werden wir stabiler“, sagte Gisdol nach dem Sieg gegen Schalke.

    Für zusätzliche Stabilität soll nun Mergim Mavraj sorgen. Der 1,89 Meter große Innenverteidiger spielte ein außergewöhnlich konstantes Kalenderjahr 2016. Der im hessischen Hanau geborene Abwehrmann hat im deutschen Profifußball für den VfL Bochum, Greuther Fürth und den 1. FC Köln insgesamt 213 Spiele in der Ersten und Zweiten Liga bestritten.

    2014 spielte Mavraj in der Relegation mit Fürth gegen den HSV – und er spielte gut. Auf das Interesse der Hamburger stieß er aber nicht. Mavraj ging ablösefrei nach Köln. Nun soll er dafür sorgen, dass der HSV sich von der Relegation so schnell wie möglich entfernt.