Plötzlich wichtig: Pierre-Michel Lasogga soll es im zweiten Saisonspiel wohl richten. Die Situation kennt der bullige Angreifer.

Hamburg. Mit der Situation, nur zweite Wahl beim HSV zu sein, hat Pierre-Michel Lasogga bereits Erfahrung. Schon in der vergangenen Saison war der bullige Angreifer zunächst außen vor, um dann wieder für eine bestimmte Zeit gebraucht zu werden, ehe er sich erneut seinen Startelf-Platz erkämpfen musste. Auch in dieser Spielzeit fand sich Lasogga erst einmal auf der Ersatzbank wieder. Der Unterschied zum Vorjahr ist jedoch immens: diesmal hat der 24-Jährige einen ernst zu nehmenden Konkurrenten vor sich.

War Bruno Labbadia letztes Jahr noch gelegentlich der Meinung, Sven Schipplock oder Artjomes Rudnevs würden besser als Lasogga ins Spielsystem der Mannschaft passen, setzte ihm der HSV-Trainer im Pokal und am ersten Bundesliga-Spieltag Bobby Wood vor die Nase. Der 23-jährige Neuzugang von Union Berlin reiste mit der Empfehlung von 17 Saisontoren in der Zweiten Liga nach Hamburg und bringt damit einen entscheidenden Vorteil im Vergleich zu seinen beiden Vorgängern mit: Torgefahr.

Dabei war Lasogga, der im abgelaufenen Transferfenster Angebote aus England ausschlug, so fit wie nie aus der Sommerpause gekommen. Der letzte Bulle einer aussterbenden Stürmergeneration stellte seine Ernährung um und verzichtet seitdem auf Fast Food. Zum Trainingsauftakt des HSV suchten aufmerksame Beobachter vergeblich nach einem überflüssigen Gramm Fett an seinem Astralkörper. Für seine Fitness-Beiträge in den sozialen Netzwerken, wie beispielsweise Liegestütze am Strand, erntete Lasogga große Anerkennung von den Fans. Trotzdem entschied sich Labbadia in den ersten Spielen für Wood und gegen Lasogga. Wood sei dynamischer und könne die Bälle besser festmachen, rechtfertigte der Trainer seine Aufstellung.

Lasogga profitiert von Woods Reise-Odyssee

In den jüngsten Testspielen gegen den Schleswig-Holstein-Ligisten NTSV Strand 08 in Timmendorf (2:2) sowie in Berlin beim Viertligisten BFC Dynamo (4:0) sollte Lasogga neben den anderen Reservisten Spielpraxis erhalten und Druck auf die Stammkräfte ausüben. Doch der Angreifer ließ sich hängen. Gegen Timmendorf zählte er noch zu den Aktiveren einer schwachen HSV-Elf, konnte aber längst nicht sein volles Potenzial abrufen. Beim BFC steuerte er immerhin ein Tor zum Sieg bei, blieb aber ansonsten blass.

Dennoch spricht einiges dafür, dass Lasogga am Sonnabend in Leverkusen (15.30 Uhr im Liveticker bei abendblatt.de) in der Startelf steht – und zwar für und nicht neben Wood. Hintergrund ist, dass der US-Nationalspieler eine wahre Reise-Odyssee hinter sich hat. Nach Angaben des US-Verbandes legte der auf Hawaii geborene Angreifer in den letzten Tagen 21.298 Kilometer zurück. Zunächst flog Wood nach Newark (New Jersey), wo sich die Mannschaft von Jürgen Klinsmann getroffen hatte. Anschließend ging es weiter nach Jacksonville (Florida), Barbados und St. Vincent und die Grenadinen (Karibik) für die anstehenden Länderspiele – und natürlich wieder zurück.

Déjà-vu für Lasogga?

Mittwochabend kehrte Wood mit muskulären Problemen zurück nach Hamburg, am heutigen Donnerstag wird er wieder ins Mannschaftstraining einsteigen. Bruno Labbadia wird genau hinsehen, ob er bis Sonnabend die nötige Frische erlangen kann. Doch wahrscheinlich ist eher, dass Wood in die Rolle des Jokers schlüpft. "Pierre hat sich in der Länderspielpause angeboten", ließ Labbadia durchblicken.

Lasogga könnte dann beweisen, warum er mit einer Jahresgage von drei Millionen Euro zu den Topverdienern gehört. Er könnte zeigen, dass er wichtig für den HSV ist. Schon zu Beginn der vergangenen Saison rückte der anfangs außen vorgelassene Stürmer am 4. Spieltag erstmals in die Startelf, weil Hauptkonkurrent Schipplock das Tor nicht traf. Beim 3:0-Auswärtssieg in Gladbach erzielte Lasogga zwei Treffer und war fortan für den Rest der Hinrunde gesetzt. Auch damals war der Gegner ein Champions-League-Teilnehmer. Allerdings ist Leverkusen diesmal deutlich stärker einzuschätzen, da die Borussia vor einem Jahr nach indiskutablen Auftritten unter Lucien Favre die ersten fünf Spiele allesamt verloren hatte.

Möglicherweise empfiehlt sich Lasogga erneut aus der Not dauerhaft für die erste Elf. Denkbar ist dann sogar eine Doppelspitze Wood/Lasogga ab der kommenden Woche mit dem Heimspiel gegen Liganeuling RB Leipzig. „Es gibt die Möglichkeit, dass beide zusammenspielen“, liebäugelte Labbadia bereits vor dem Pokalspiel mit einem Zwei-Stürmer-System. Doch dafür muss sich Lasogga gegen Leverkusen erst mal in den Vordergrund spielen.

HSV Pressekonferenz vor Leverkusen-Spiel

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