Harsewinkel-Marienfeld. Der HSV-Star kämpft um seine Chance. Die Konkurrenz von Bobby Wood und Co. lässt ihn kalt. Sogar Lasoggas Fettwerte sind top.
Der Ablauf ist immer der gleiche. Der Rücken zum Tor, Ballannahme, Drehung, Schuss, Tor und ein Spruch. „Schon wieder drin“, schreit Pierre-Michel Lasogga seine Freude auf dem Trainingsplatz der Hotelanlage Klosterpforte lautstark heraus. Nach seinem nächsten Treffer: „Drin, drin, drin!“ Und im nächsten Anlauf gleich wieder das nächste Tor: „Ey, Mathenia“, ruft Lasogga quer über den Platz dem zunehmend genervten HSV-Keeper Christian Mathenia zu, „das waren acht Tore in sieben Versuchen.“
Fußball ist keine Mathematik. Kaum einer weiß das besser als Pierre-Michel Lasogga. Tor plus Tor plus Tor, so sieht seine Arithmetik aus. Und steht unter dem Strich die Anzahl „viele“, ist alles in Ordnung. „Ich will so viele Tore wie möglich schießen“, sagt er. Acht Treffer waren es vergangene Saison, vier Tore im Jahr davor und 13 in seiner ersten HSV-Saison. Ein konkretes Ziel habe er sich für die kommende Spielzeit aber nicht gesetzt. „Viele“, sagt er auf Nachfrage, und freut sich sichtlich über seine konkret unkonkrete Antwort.
Breitbeinig sitzt Lasogga da – und hat "Bock" auf den HSV
Anderthalb Stunden nach dem verregneten, aber torreichen Vormittagstraining sitzt Lasogga im ersten Stock der hoteleigenen Abtei. Breitbeinig, tief ins Sofa eingesunken und ziemlich entspannt. „Ich bin nur glücklich, dass es bald wieder losgeht“, sagt der gebürtige Gladbecker. „Momentan macht es richtig Bock mit dem HSV.“ Besonders auf die Flanken der neuen Flügelzange mit Filip Kostic und Kumpel Nicolai Müller freue er sich. Und was ist mit all den Gerüchten um einen Wechsel? Lasogga zieht die Augenbrauen hoch. „Mein Ziel Nummer eins ist es, ein gutes Jahr mit dem HSV zu spielen. Ich gebe alles, um top vorbereitet zu sein und endlich eine gute Saison mit dem HSV zu spielen.“
Es ist ziemlich genau ein Jahr her, da sah Lasoggas Welt im ost-westfälischen Marienfeld noch ganz anders aus. Der Angreifer wirkte schwerfällig, langsam und vor allem lustlos. Der Tiefpunkt: Zum Abschluss des Trainingslagers wechselte Trainer Bruno Labbadia seinen Sturmbullen im Test auf dem Nachhauseweg gegen Hessen Kassel noch vor dem Halbzeitpfiff aus. „Er war nicht verletzt“, antwortete Labbadia damals auf Nachfrage, und ergänzte, dass er mit Lasoggas Einstellung überhaupt nicht zufrieden gewesen sei.
Lasogga hat die besten Fettwerte
Am Mittwoch, wenn der HSV zum Abschluss des diesjährigen Trainingslagers auf dem Nachhauseweg diesmal in Celle gegen Al Jazira antreten muss, dürfte sich Ähnliches kaum wiederholen. „Ich kenne die Diskussion um seinen Körper“, war Labbadia Lasogga bereits vor ein paar Wochen zur Seite gesprungen: „Ich muss klar sagen, dieses Märchen sollte man mal begraben. Ich sehe Pierre ja auch unter der Dusche, und dort gibt es ein ganz anderes Bild. Er ist einer, der bei uns in der Mannschaft mit die besten Fettwerte hat“, sagte der Trainer der „Morgenpost“.
Tatsächlich muss man nicht direkt mit Lasogga unter die Dusche steigen, um sich ein Bild von seinem Fitnessstand zu machen. Der Stürmer, der erstmals in seiner HSV-Zeit eine Vorbereitung ohne gesundheitliche Probleme durchziehen konnte, wirkt spritzig, fit und angriffslustig. Mit einem Privattrainer habe er den Sommer über geschuftet. „Ich fühle mich so frei wie noch nie“, sagt der 24 Jahre alte Fußballer, der einräumt, dass er bewusst auch an seiner Ernährung gearbeitet habe. Kein Fast Food mehr in der Vorbereitung, dafür selbstzubereiteter Lachs, Thunfisch und Salat. „Ich bin ein ganz guter Koch“, sagt Lasogga, der es mit allzu viel Fisch aber auch nicht übertreiben will. „Sobald Gräten im Spiel sind, bin ich raus. Ich bin eher so der Filet-Typ.“
Als Filetstück der eigenen Offensivabteilung hatte HSV-Chef Dietmar Beiersdorfer Lasogga einst für 8,5 Millionen Euro verpflichtet. Die hohen Erwartungen konnte der frühere Berliner allerdings selten bis nie erfüllen. „Ich mache mir keine Gedanken mehr über das, was mal war“, sagt Lasogga, den auch die neue Konkurrenz – erneut aus Berlin – nicht aus dem Konzept bringt.
Im Video: HSV-Trainer Bruno Labbadia
Bobby Wood beeindruckt ihn nicht sonderlich
Bobby Wood, 23 Jahre jung, US-Nationalspieler. 3,5 Millionen Euro hat das neuste Filetstück der HSV-Offensive gekostet. Doch selbst die 17 Saisontore, die Wood für den 1. FC Union Berlin erzielt hat, beeindrucken Lasogga nicht. „Da kommen ja jedes Jahr viele mit Vorschusslorbeeren“, sagt er. Er sei da selbst sehr gespannt, da er die anderen Ligen – in diesem Fall die Zweite Bundesliga – nicht wirklich intensiv verfolgen würde. „Konkurrenz belebt das Geschäft“, sagt er.
Wie schnell es in diesem Geschäft manchmal gehen kann, das habe Lasogga bei der diesjährigen Europameisterschaft in Frankreich gesehen. „Da haben viele Mannschaften auch wieder auf einen klassischen Neuner gesetzt“, sagt der HSV-Neuner. Keine hängende Spitze mehr, keine Neuneinhalb, sondern ein echter Mittelstürmer wie Mario Gomez. Oder eben wie Lasogga. „Das war ja in den Jahren zuvor ein echtes No-Go.“ Doch mit dem Strafraumstürmer sei das wie mit Klamotten, sagt Lasogga. „Die kommen nach einer gewissen Zeit ja auch immer wieder in Mode.“
Und Tore, da ist sich der Torjäger sicher, die kommen nie aus der Mode.
Die teuersten HSV-Transfers
Walace und Co.: Die teuersten HSV-Transfers
Wechselkandidat 1: Der vom HSV umworbene Onyinye Ndidi will seinen Abgang aus Genk forcieren und hat seinen Berater Luca Vittorini vor die Tür gesetzt. In Deutschland lässt sich der Defensivallrounder nun von Franjo Vranjkovic (Firsteleven) vertreten.
Wechselkandidat 2: Borussia Dortmund bekräftigte auf Nachfrage, den auch vom HSV umworbenen Matthias Ginter nicht ziehen lassen zu wollen.
Wechselgerücht: Ex-HSV-Kapitän Rafael van der Vaart (Betis Sevilla) soll zu Verhandlungen mit dem FC Midtjylland nach Dänemark gereist sein.