Laax. Gotoku Sakai über die Probleme des HSV gegen schwächere Teams, Witze in der Kabine und seine Rolle bei der Integration junger Spieler.
Kurz vor der Abfahrt zum Flughafen Zürich sitzt Gotoku Sakai noch auf der Terrasse des Teamhotels in Graubünden. Der Rechtsverteidiger des HSV hat sich Torhüter-Neuzugang Christian Mathenia zur Seite genommen und trinkt gemeinsam mit dem 24-Jährigen noch eine Tasse Espresso. Sakai, seit einem Jahr beim HSV, ist zwar nur ein Jahr älter als Mathenia, in der Mannschaft aber schon eine feste Größe. Der Japaner hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Teamgeist zu fördern.
Herr Sakai, wissen Sie als Japaner mit einer deutschen Großmutter, was das Wort Geist bedeutet?
Gotoku Sakai: Nein, tut mir leid. Mein Deutsch hat sich zwar enorm verbessert, aber das Wort kenne ich nicht.
Und wie sieht es mit dem Begriff Teamgeist aus?
Das kenne ich. Für mich bedeutet das, ein Kollektiv zu sein. Eine Mannschaft mit vielen Emotionen und mit viel Feuer. So wie wir das beim HSV sein wollen.
Können Sie schon den Geist von Graubünden beschreiben?
Das kann man jetzt noch nicht sagen. Es fehlen ja auch noch einige Spieler. Wir haben jetzt viele junge Spieler dabei, die sich gut integrieren. Wir verstehen uns alle sehr gut. Es macht Spaß. Ob daraus ein Geist von Graubünden entsteht, wird sich erst noch zeigen.
Was tut die Mannschaft für die Geschlossenheit?
Wir machen auch außerhalb des Trainings viel zusammen. Wir gucken gerne gemeinsam Fußball, spielen Karten, viele zocken Fifa auf der Playstation. Da halte ich mich allerdings raus, das ist nichts für mich. Ich habe gerne meine Ruhe, höre viel klassische japanische Musik oder gehe einfach schlafen (lacht).
Welche Rolle übernehmen Sie in der Mannschaft?
Ich bin selbstbewusster geworden und sage häufiger meine Meinung. Ich versuche viel mit den jungen Spielern zu sprechen. Ich will ihnen helfen, damit sie sich in der Mannschaft wohlfühlen und lockerer werden. So definiere ich meine Rolle. Man muss sich gegenseitig verstehen. So kommt man sich nah. So entsteht Teamgeist. Wir müssen Bock haben, miteinander Fußball zu spielen. Ich bin ein Typ, der immer danach schaut, was man besser machen kann.
Was muss der HSV noch besser machen?
Gegen schwächere Mannschaften haben wir immer versucht, Fußball zu spielen. Da waren wir oft zu locker und nicht entschlossen genug. Dann fehlte uns die Geduld, das führte zu Fehlern und Gegentoren. Gegen stärkere Mannschaften haben wir das besser gemacht. Ich glaube das ist Kopfsache. Wir müssen unseren Weg gehen. Das Wichtigste ist, dass wir unseren Fußball durchziehen. Dann wäre schon im vergangenen Jahr mehr möglich gewesen. Der zehnte Platz war okay, aber zufrieden sind wir nicht. Wir müssen uns Schritt für Schritt verbessern und Geduld haben. Dann halte ich mehr als Platz zehn für möglich.
Zeigt die Europameisterschaft, was mit Teamgeist möglich ist?
In den vergangenen Jahren ist das Thema immer wichtiger geworden. Das haben Wales und Island bei der EM gezeigt, auch Italien. Oder Atlético Madrid in der Champions League. Mit Talent alleine gewinnt man nichts, das hat man bei den Belgiern gesehen. Auch Bayern München hat viele Stars, aber sie sind einfach geschlossen, deswegen sind sie so stark. Das müssen wir uns auch beim HSV klarmachen. Das müssen wir lernen. Wir müssen eine Mannschaft sein, sonst haben wir keine Chance. Erst dann kommt die Einzelqualität. Wenn das Team stark ist, können auch die Einzelnen stark sein.
Ihr Trainer betont immer wieder, dass sich kein Spieler über die Mannschaft zu stellen hat.
Ich kenne Bruno Labbadia schon lange. Teamgeist war bei ihm schon in Stuttgart wichtig. Das hat sich jetzt beim HSV nicht verändert. Das mag ich. Ich bin auch ein Teamplayer.
Der HSV hat sich von einigen älteren Spielern getrennt. Hat sich das Gruppengefüge dadurch verändert?
Es gibt immer Gruppen, die sich bilden, das ist normal. Der eine versteht sich mit dem besser, der andere mit dem. Aber im Training und im Spiel interessiert das niemanden, da arbeiten wir alle zusammen. Es ist gut, dass wir uns verjüngen, aber wir brauchen auch erfahrene Spieler, damit die jungen Spieler lernen können. Wir haben viel an Erfahrung verloren. Jaroslav Drobny war zum Beispiel auch als Ersatzkeeper wichtig für uns, um Ruhe und Stabilität in die Mannschaft zu bringen.
Wer hat nach Drobnys Wechsel die Rolle des Spaßvogels in der Kabine übernommen?
Sven Schipplock und Pierre-Michel Lasogga machen viel gute Laune in der Kabine. Lewis Holtby ist auch immer vorne dabei. Und natürlich Cléber. Ich mache auch gerne Späße, aber ich erzähle keine Witze.
Gojko Kacar sagte mal, dass Sie auch mitlachen, wenn Sie gar nichts verstehen.
Das stimmt (lacht). Ich verstehe zwar kein Serbokroatisch, aber wenn alle lachen, dann muss ich mitlachen. Genau wie bei Cléber, wenn er seine Späße auf Portugiesisch macht.
Bilder aus dem Trainingslager:
Labbadia und der HSV präsentieren sich jetzt schon topfit
Sind Sie zu Hause mit Ihren beiden Töchtern auch so lustig, oder sind Sie ein strenger Vater?
Nein, auch zu Hause haben wir viel Spaß. Ich spiele mit meinen Mädchen viel mit Puppen. Wir gehen gerne auf den Spielplatz oder in den Tierpark Hagenbeck. Die beiden sind so süß, da kann ich kein strenger Papa sein (lacht).
Ist Ihre Familienplanung abgeschlossen?
Ich möchte auf jeden Fall noch einen Jungen haben. Meine Frau auch. Jetzt im Moment wäre es schwierig, weil sie alleine in Japan ist mit den beiden Mädchen. Wenn die beiden in der Schule sind, planen wir noch ein drittes Kind. Wir überlegen, ob sie in Japan oder in Hamburg zur Schule gehen.
Wollen Sie zurück in Ihr Heimatland?
Ich will als Fußballer so lange wie möglich in Deutschland bleiben. Aber später möchte ich mit meiner Familie wieder in Japan leben.