Hamburg. HSV-Trainer setzt zum Start der Vorbereitung auf einen Entwicklungssprung seiner Mannschaft. Vor allem zwei Spieler will er verbessern.
Mit einem freundlichen und entspannten „Moin, Moin“ begrüßte Bruno Labbadia am Mittwochmorgen um 10.10 Uhr die Trainingsgäste. Rund 300 Zuschauer hatten sich im Volkspark eingefunden, um die HSV-Profis bei ihrer ersten richtigen Einheit der Sommervorbereitung zu beobachten. Viele neue Gesichter waren unter den 17 Spielern aber nicht dabei. Genau genommen war es nur Bakery Jatta, der als Einziger von bislang vier Neuzugängen beim ersten Training mitmischte. „Wir sollten nicht nur über Neuzugänge reden. Ich freue mich auch auf die Spieler, die hier sind und gesund sind“, sagte Labbadia.
Und dazu sollte in der zweiten Einheit eigentlich auch Luca Waldschmidt gehören. Der 20 Jahre alte Stürmer hatte bereits am Dienstag den Medizincheck bestanden, doch selbst am Mittwochnachmittag wartete der HSV noch auf den Auflösungsvertrag von seinem bisherigen Arbeitgeber Eintracht Frankfurt. An diesem Donnerstag soll der U-20-Nationalspieler zur Mannschaft stoßen. „Wir freuen uns, einen so talentierten jungen Spieler für uns gewinnen zu können“, sagte Labbadia über den Neuzugang, den er vor einigen Monaten selbst eingefädelt hatte. Mit Lucas Vater Wolfgang Waldschmidt spielte der HSV-Trainer Anfang der 80er-Jahre noch zusammen in Darmstadt.
Über Ostern trafen sich die beiden in Hamburg wieder. Labbadia hinterlegte sein Interesse und hielt bis zuletzt Kontakt. So gelang es dem HSV schließlich, Waldschmidt von einem Wechsel nach Hamburg zu überzeugen. „Das ist der Vorteil, wenn man früh planen kann und der Trainer mal etwas länger da ist“, sagte Labbadia schmunzelnd. Entspannt und erholt wie selten wirkte der 50-Jährige beim Start in die Vorbereitung. Nach einer kräftezehrenden Rückrunde hat Labbadia wieder die nötige Energie getankt, um den HSV durch die fast achtwöchige Vorbereitung zu führen. „Es kommt viel Arbeit auf uns zu, aber vor Arbeit haben wir uns noch nie gescheut“, sagte Labbadia über die Wochen bis zum ersten Bundesligaspiel gegen den FC Ingolstadt. „Wir wollen uns fußballerisch verbessern. Das wollen andere Mannschaften auch, aber wir haben sehr viel Hunger danach.“
Wirrwarr um das Saisonziel
Wenn man Labbadias konkrete Ziele für die neue Saison erfahren will, muss man allerdings ein wenig zwischen den Zeilen lesen. Zum einen wolle sich der HSV „tabellarisch“ verbessern, sagt der Trainer nach Platz zehn in der Vorsaison. Gleichzeitig sei es das Ziel, mit der Abstiegszone nichts zu tun zu haben. Um dann zu sagen: „Die Bundesliga hat sich verändert. Ab Platz acht beginnt der Abstiegskampf.“ Also peilt der HSV Platz sieben an, der zuletzt für die Europa League reichte? „Wir wollen weiter kleine Schritte gehen, wollen mehr Tore schießen, noch mehr Torchancen kreieren.“
Und während die HSV-Fans weiter auf namenhafte Neuzugänge wie Stuttgarts Filip Kostic warten, will Labbadia vor allem die Spieler besser machen, die in der vergangenen Saison unter ihren Möglichkeiten geblieben sind. Beispielhaft dafür nennt er Aaron Hunt und Albin Ekdal. „Sie konnten aufgrund verschiedener Verletzungen gar nicht zeigen, was möglich ist. Wir sind von ihren Qualitäten überzeugt. Wenn sie gesund sind, werden wir noch viel von ihnen erwarten können.“
Labbadia lobt Jatta in höchsten Tönen
Deutlich mehr Geduld hat Labbadia dagegen mit Bakery Jatta. Der 18 Jahre alte Gambier startete am Mittwoch in sein großes Abenteuer Profifußball. Ein wenig schüchtern wirkte der schnelle Angreifer schon noch, als ihn die vielen Kinder nach dem Training nach Fotos fragten. Auf dem Platz machte Jatta dagegen einen selbstbewussten Eindruck. „Er hat unfassbar gut gearbeitet, ist unglaublich eifrig. Nach der ersten Einheit kam er gleich zu mir und fragte, was er jetzt noch machen könne“, berichtete Labbadia. „Wir freuen uns, dass wir jemandem die Chance geben können, der sehr viel dafür kämpft, im Profifußball Fuß zu fassen. Er hat so viel hinter sich, er kann einer Mannschaft auch etwas mitgeben.“
An diesem Donnerstag um 9.45 Uhr fliegt Jatta zum ersten Mal in seinem Leben in ein Trainingslager. Mit seinen neuen Kollegen geht es in die Schweiz. In Graubünden will Labbadia mit der Mannschaft bis Montag physische Grundlagen legen, aber auch viel für den Teamgeist tun. Entspannte Tage in den Schweizer Bergen sollten die Spieler aber nicht erwarten. „Wir werden die Intensität deutlich steigern“, kündigt Labbadia an. Für die Entspannung hatten die Spieler genügend Zeit.
Labbadia ist zumindest schon wieder im Wettkampfmodus angekommen. „Ich bin keiner, der entspannt sein muss“, sagt er, angesprochen auf eine Saison ohne Abstiegsangst. „Ich bin einer, der immer mehr will.“