Mainz/Hamburg . Stürmer vergab beim 0:0 in Mainz den Sieg und die vorzeitige Rettung. Labbadia beklagt die wiederholt schwache Chancenauswertung .

Am Sonntag hatten Fans ein selbstgemachtes Plakat an den Zaun rund um den HSV-Trainingsplatz im Volkspark gehängt. „Schritt für Schritt kommen wir zum Ziel. 38 sind schon viel.“ Aufmunterung von den Treuen am Tag nach einer Partie, die wieder ein großes „Fast“ wurde, wie schon so viele in dieser Saison. 0:0 bei Europacup-Aspirant Mainz 05. Das ist nicht schlecht, theoretisch. Aber...

„Jetzt haben wir noch ein Stück Arbeit vor uns“, weiß Trainer Bruno Labbadia. Denn immer noch ist die theoretische Abstiegsgefahr nicht endgültig gebannt. Immer noch ist ein Abrutschen auf Relegationsplatz 16 möglich. Wenn auch äußerst unwahrscheinlich. Mit 0,04 Prozent haben die Mathematiker Ulrich Kortenkamp und Matthias Ludwig die Wahrscheinlichkeit nach dem Punktgewinn errechnet. „Dann machen wir eben den Klassenerhalt gegen den VfL Wolfsburg am kommenden Sonnabend endgültig perfekt“, meint Lewis Holtby.

Schipplocks Harmlosigkeit vor dem Tor

Alles unnötig, diese Rechnerei. Eigentlich. Doch zum wiederholten Mal in dieser Saison verpasste die Mannschaft durch ihre schlechte Chancenauswertung einen möglichen Sieg. Kein Wunder, dass Labbadia unmittelbar nach der Partie in Mainz wie ein innerlich brodelnder Vulkan durch die Umkleidebereiche der Arena tigerte, dass es offenbar in ihm schäumte und er wartete, bis der Schaum wieder in sich zusammengefallen war, um dann in die nun sachliche Analyse zu gehen: „Wir waren sehr konzentriert, hatten viele Balleroberungen, haben Mainz sehr gut unter Druck gesetzt. Wir haben uns als Einheit präsentiert, die Räume geschlossen, wenig zugelassen. Genau das haben wir uns vorgenommen.“

Alles gut, so kann es gehen, so muss sich der HSV präsentieren, auswärts bei einer ambitionierten Mannschaft mit Blick auf die Europa League allemal. „Es funktioniert nur, wenn wir als Einheit alle einhundert Prozent geben“, sagte Labbadia, „das haben wir getan.“ Das mag dann zwar langweilig anzusehen sein, für neutrale Beobachter allemal, aber es ist klug, zweckmäßig und erfolgreich. Wenn...

„Es tut weh.“ Sagte Sven Schipplock nach der Partie. Der 27 Jahre alte Stürmer wurde am Sonnabend erneut zum Symbol für Hamburgs Unzulänglichkeiten vor dem gegnerischen Tor. Zwei Wochen nachdem er in Dortmund die Möglichkeit zur Führung ausgelassen hatte, passierte es ihm erneut. Nur noch schlimmer. Schipplock lief in der 51. Minute mutterseelenallein auf Mainz-Torwart Loris Karius zu. „Ich habe mich für rechts entschieden, der Torwart leider auch“, schilderte Schipplock die Szene: „Ich ärgere mich am meisten. Ich habe eine falsche Entscheidung getroffen. Ich hätte das Spiel heute entscheiden können.“ Hätte...

Labbadia: Selbstbewusstsein vor dem Tor fehlt

119 Bundesligaspiele hat Schipplock bislang bestritten, war dabei 17 mal erfolgreich. Für den HSV allerdings noch nie. Sein letztes Erfolgserlebnis hatte er am 25. April 2015 im Trikot von 1899 Hoffenheim gegen Hannover 96. „Das ist eine lange Durststrecke, ich kann mitfühlen, wie Sven sich fühlt“, erklärte sein Trainer. „Das Selbstbewusstsein fehlt vor dem Tor. Das ist ein Kreislauf. Wenn es läuft, muss man gar nicht nachdenken. Die Gedanken werden größer, wenn es nicht läuft.“ Alle im Team hätten Schipplock in der Kabine versucht, wieder aufzubauen. Viele lobende Worte gab es, schließlich hätten sich andere solch eine Chance gar nicht erst erarbeitet. Er aber klaute dem Mainzer Niko Bungert durch energisches Anlaufen den Ball. „Er hat sich die Chance selbst herausgeholt“, sagte Aaron Hunt, „er arbeitet unheimlich viel. Er ist wichtig für uns.“ „Er wird wieder treffen, es ist nur eine Frage der Zeit“, hofft Kapitän Johan Djourou.

Allein an Schipplock aber ist diese HSV-Schwäche vor dem Tor ja nicht festzumachen. In Mainz wirkte Artjoms Rudnevs in den 21 Minuten seiner Einsatzzeit hölzener und unbeweglicher als Schipplock, der gesperrte Pierre-Michel Lasogga war vor seinen beiden Treffern gegen Werder Bremen ein halbes Jahr erfolglos. Der Aufbau ist immer wieder ungenau und schlampig. „Wir müssen unsere Möglichkeiten nach vorne besser ausspielen“, sagte Labbadia, „es gab einige Szenen, wo wir den entscheidenden Pass nach vorne nicht richtig spielen.“ Kontersituationen, die wegen ungenauer Pässe gar nicht erst zu Torgelegenheiten wurden. „Wir arbeiten daran, immer wieder“, sagt Labbadia.

Auch in der Woche vor dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg. „Eine Mannschaft mit hoher individueller Qualität, auch wenn es zuletzt nicht so erfolgreich lief“, meint der HSV-Trainer. „Nur wenn wir wieder alle alles abrufen und so arbeiten wie in Mainz, haben wir eine Chance.“ Dann wird voraussichtlich wieder Pierre-Michel Lasogga im Angriff seine Chance erhalten und Schipplock zurück auf die Bank müssen. „Vor dem Tor ist es nicht nur Glück und Pech sondern auch eine Qualitätsfrage“, räumte Sven Schipplock ein: „Und die habe ich im Moment nicht.“

Aber eben nicht nur er. „Für uns wäre in dieser Saison mehr nach oben möglich gewesen, wenn wir die eine oder andere Chance verwertet hätten“, sagte Labbadia. Wäre...