Hamburg. Weil Spahic lange ausfällt, rückt Cléber beim HSV in den Fokus. Für den Brasilianer geht es auch um seine persönliche Zukunft.

Cléber braucht ein paar Sekunden, um das passende Wort zu finden. Gemeinsam mit seinem Dolmetscher Edson Büttner einigt sich der Brasilianer schließlich auf Spargel. Spargel in der Konservendose. Das sei das passende Bild, mit dem er seine bisherige Zeit beim HSV beschreiben würde. Ein ungewöhnliches Bild, mit dem Cléber im Grunde nur eines verdeutlichen will: „Jetzt kann ich endlich raus aus der Dose.“ Am Freitag (20.30 Uhr) wird der Innenverteidiger zum Rückrundenauftakt gegen Bayern München wieder in der Startelf des HSV stehen.

Trainer Bruno Labbadia legte sich am Dienstag bereits fest, dass der 25-Jährige die Position des verletzten Emir Spahic in der Abwehrzentrale übernehmen wird. „Wir brauchen Spieler, die sofort einspringen können. Bei Cléber müssen wir uns keine Sorgen machen“, sagte Labbadia, der seinem Schützling zum wiederholten Male eine positive Entwicklung attestierte. Schon in der Hinrunde musste Cléber in fünf Spielen für Spahic oder Kapitän Johan Djourou übernehmen und löste die Aufgaben zuverlässig. Insbesondere im Zweikampfverhalten und im Passspiel ist er disziplinierter geworden.

„Es ist mir nicht leichtgefallen, mich anzupassen. Als Brasilianer will ich die Situationen spielerisch lösen.“ Zu häufig unterliefen ihm dabei in seinem ersten Jahr beim HSV folgenschwere Fehler. Labbadia erwartet von Cléber daher eine klare Spielweise. Und der Abwehrspieler scheint verstanden zu haben, was der Trainer von ihm sehen will. Am Freitag bekommt er es im Volksparkstadion mit Weltklassestürmern wie Robert Lewandowski (15 Saisontore), Thomas Müller (14) oder Douglas Costa (12 Vorlagen) zu tun. Cléber, der zum ersten Mal gegen die Bayern spielen wird, erstarrt deswegen aber nicht in Ehrfurcht. „Das sind gute Spieler. Aber ich habe keine Angst“, sagt Cléber. „Angst habe ich nur vor meinen Eltern.“ Dann lacht er wieder. Natürlich war das einer seiner Späße. Denn seine Familie ist ihm heilig. Sie rettete ihn, als er als Jugendlicher in Brasilien auf die schiefe Bahn geriet. Deswegen sei es ihm so wichtig, seine Eltern nicht zu enttäuschen.

In Hamburg ist Cléber in seinem zweiten Jahr endlich angekommen. Seine Frau Paula und sein fünf Jahre alter Sohn Pedro Henrique wohnen seit einigen Wochen bei ihm in der HafenCity. Labbadia sieht auch darin einen Grund für seine gewonnene Stabilität. Cléber wird seine Familie brauchen, denn in den kommenden Wochen braucht der HSV einen stabilen Cléber. Noch ist nicht abzusehen, wie lange Routinier Emir Spahic aufgrund eines Einrisses in der Bauchmuskulatur ausfällt – weniger als vier Wochen werden es aber kaum sein. „Eine Bauchmuskelverletzung ist tückisch und schwierig zu therapieren, da die Muskeln sehr dünn und die Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt sind“, sagt der ehemalige HSV-Arzt Philip Catalá-Lehnen. „Man rechnet bei so einer Verletzung im Allgemeinen mit einer Pause von vier bis sechs Wochen.“ Bayerns Arjen Robben, der am Freitag auflaufen könnte, fiel vor einem Jahr mit einem Riss der Bauchmuskulatur fünf Wochen aus.

Für Cléber ist der Spahic-Ausfall nun die Chance, sich langfristig einen Platz in der HSV-Abwehr zu erspielen. Zuletzt gab es immer wieder Gerüchte um eine mögliche Rückkehr nach Brasilien. Denn Cléber will spielen. Und das tat er in der Hinrunde für seine Ansprüche zu selten. Jetzt kann er beweisen, ob er spätestens in der kommenden Saison eine gesetzte Größe an der Seite von Djourou werden kann. Der Vertrag von Spahic läuft im Sommer aus. Im Frühjahr will der HSV sich mit dem 35-Jährigen zusammensetzen. In welche Richtung die Gespräche laufen, könnte auch an Cléber liegen.

Eine weitere Verletzung im Defensivzentrum kann sich der HSV nicht leisten

Kurzfristig spielt der Innenverteidiger bereits eine entscheidende Rolle. Einen weiteren Ausfall im Defensivzentrum kann sich der HSV nicht leisten. Am Dienstag standen mit Gojko Kacar und Gideon Jung nur zwei Alternativen auf dem Platz, beide haben Trainingsrückstand. Trotzdem muss einer von beiden am Freitag im defensiven Mittelfeld an der Seite von Lewis Holtby ran. Bliebe nur noch Youngster Kerim Carolus, 21, der noch nie ein Bundesligaspiel bestritten hat. Umso wichtiger, dass Cléber seine anhaltenden Knieprobleme in den Griff bekommt. „Die Schmerzen sind vorbei“, sagte er am Dienstag. „Das Einzige was mich immer noch stört, ist die Kälte.“

Doch an die Minusgrade wird sich Cléber in den kommenden Wochen weiter gewöhnen müssen. Als Stammkraft beim HSV dürfte ihm das deutlich leichter fallen. „Ich will meinen Platz jetzt festhalten und nicht mehr hergeben.“ Eine Konservendose, sagt er, solle man auch nicht zu lange aufbewahren.