Belek. Beim HSV nehmen vor dem Auftakt in die Rückrunde die Sorgen zu. Immerhin: Heute will Marcelo Díaz bei Celta Vigo unterschreiben.
Die Trainingsbeobachter staunten am frühen Donnerstag nicht schlecht, als sie sahen, wer sich da vor der Vormittagseinheit die goldenen Fußballschuhe überstreifte: Pierre-Michel Lasogga. Der seit Tagen an der Schulter verletzte Stürmer gesellte sich überraschend auf dem Rasen zu Albin Ekdal und Ashton Götz, die sich gerade mit Rehatrainer Sebastian Grützner warm machten. „Die gute Nachricht: Lasogga ist wieder auf dem Platz“, twitterte das Abendblatt – und musste die hoffnungsvollen neun Wörter nach nur drei Minuten wieder revidieren. Denn es dauerte nur ein paar Läufe, ehe Lasogga seine goldenen Schuhe wieder auszog und direkt in die Kabine ging.
„Pierre hat immer noch etwas gespürt, deswegen haben wir es dann gelassen“, sagte anderthalb Stunden später Trainer Bruno Labbadia, der sichtlich genervt von den sich häufenden Hiobsbotschaften war. „Im Training müssen wir ja ständig etwas ändern“, sagte der Coach, dem auch die Frage nach dem möglichen Ersatz von Lasogga im heutigen Test gegen Young Boys Bern (15.35 Uhr/MEZ) zu schaffen machte: „Nach den letzten Tagen, in denen ich ständig improvisieren musste, bin ich froh, wenn ich überhaupt ein paar Spieler bringen kann.“
22 Punkte holte der HSV in der Hinrunde. Doch genau eine Woche vor dem Rückrundenstart gegen Bayern München (22. Januar, 20.30 Uhr) ist beim HSV längst nicht mehr alles Gold, was glänzt. Nimmt man es genau, sind es derzeit wohl nur Lasoggas unbenutzte Fußballschuhe, die noch glänzen.
Djourou: „Das ist wirklich nicht optimal“
„Die Situation ist nicht einfach. Die vielen Verletzungen sind schon ein Problem für uns“, sagt Kapitän Johan Djourou, der am Vortag im Anschluss des Trainings ein 20 Minuten langes Sechsaugengespräch mit Labbadia und Co-Trainer Eddy Sözer auf dem Platz führte. „Wir konnten während des Trainingslagers nicht einmal mit einer möglichen ,A-Elf‘ trainieren“, so Djourou. „Das ist wirklich nicht optimal.“
Tatsächlich ist das Verletzungspech, das den HSV während seiner Vorbereitung in Belek begleitet, schon ungewöhnlich groß. Mit Lasogga, Aaron Hunt, Ivo Ilicevic, Gideon Jung, Emir Spahic und Dennis Diekmeier sind es sechs potenzielle Stammkräfte, die während des Trainingslagers mehr oder weniger lange pausieren mussten. Hinzu kommen noch der Langzeitverletzte Albin Ekdal, der potenzielle Lasogga-Ersatz Sven Schipplock und Gojko Kacar, der nach sechs Wochen Pause erst wieder langsam aufgebaut werden soll. „Gojko hat noch Rückstand“, dämpfte Labbadia aufkommende Hoffnungen. „Und unsere finanzielle Situation kennt ja auch jeder.“
Díaz zum Medizincheck in Vigo
Zumindest diese könnte sich aber schon bald ändern. So ist der größte Hoffnungsträger für einen Stimmungsumschwung seit gestern ausgerechnet einer, der zum einen verletzt und zum anderen gar nicht in Belek dabei ist. Marcelo Díaz flog am Donnerstag von Hamburg nach Spanien, wo er an diesem Vormittag bei Celta Vigo seinen Medizincheck absolvieren wird. Trotz seiner schweren Wadenverletzung soll der Club aus der Primera División bereit sein, der HSV-Ablöseforderung von rund zwei Millionen Euro weitestgehend entgegenzukommen. Auf der vereinseigenen Twitter-Seite posierte Díaz schon einmal mit den Worten, er sei in Vigo, um den Transfer abzuschließen.
„Auf der einen Seite bräuchten wir Marcelo für sein Spiel nach vorne, auf der anderen Seite waren wir noch nicht so weit, dass wir sein Spiel tragen können“, sagte Labbadia, dessen spanischer Vigo-Kollege Eduardo Berizzo das offenbar ganz anders sieht. „Marcelo ist ein wichtiger Spieler. Es wäre schön, wenn wir seine Verpflichtung realisieren sollten.“
Für den HSV wäre ein Wechsel des Relegationshelden von einst vor allem deshalb schön, weil die erhoffte Millionen-Ablöse dringend gebraucht würde. Auch Zoltan Stieber, an dem besonders Nürnberg großes Interesse zeigt, könnte ein paar Euro einbringen. Noch vor wenigen Tagen hatte Sportchef Peter Knäbel angekündigt, dass man sich im Hinblick auf erhoffte Verstärkungen in dieser Transferperiode eher auf einen Schlussspurt gefasst machen sollte. Nun dürften sich er und Labbadia zeitnah Gedanken machen, welches Kaderloch sie zunächst stopfen.
HSV will Wiedergutmachung gegen Bern
„Besonders auf der Sechserposition und im Sturm mussten wir ja zuletzt ständig improvisieren“, sagte Labbadia, der bei der Generalprobe vor dem Rückrundenstart gegen Bern sogar den eigentlich aussortierten Artjoms Rudnevs erneut ausprobieren will. „Nun müssen andere Spieler ihre Chance suchen. Im Sturm könnte es eben Rudis Chance sein“, sagte Djourou. „Er muss einfach Gas geben.“
Bei den beiden bisherigen Tests haben allerdings weder zweiter noch erster Anzug gepasst. Gegen Ajax Amsterdam setzte es ein 1:3, gegen den Drittligisten Rot-Weiß Erfurt blamierte sich der HSV mit 1:2. Gegen Bern soll es zum Abschluss des Trainingslagers zur Abwechslung einen Sieg geben. „Das letzte Testspiel ist wichtig, um ein wenig Vertrauen vor dem Auftakt in die Rückrunde zu bekommen“, sagte Djourou. Denn am kommenden Freitag heißt der Gegner nicht Bern oder Erfurt. Dann kommen die Bayern.