Hamburg. Die Wege von Olic und dem HSV werden sich schon wieder trennen – nicht das erste millionenschwere Missverständnis eines Rückkehrers.

Er kam aus dem Strahlen gar nicht mehr heraus. Sichtlich euphorisiert betrat Ivica Olic am 30. Januar dieses Jahres den Trainingsplatz des HSV. Es war die erste Einheit nach seiner umjubelten Rückkehr in den Volkspark. Warum Olic, der bis dahin beste Torschütze des Champions-League-Aspiranten VfL Wolfsburg, zum abstiegsbedrohten HSV wechselte, war allein mit emotionalen Gründen zu erklären. Ja, es muss Liebe gewesen sein. „Ich hatte nur noch den HSV im Kopf und wollte unbedingt zurück“, sagte Olic damals. Vor lauter Gefühlsduselei ließ er sich sogar noch zu einer in Hamburg eigentlich verbotenen Aussage verführen. „Ich habe schon viele Spiele in der Europa League gemacht. Das ist auch mit dem HSV möglich.“

Genau elf Monate später ist von der Glückseligkeit des Kroaten nichts mehr übrig geblieben. Sieben Spiele hat Olic in der neuen Saison auf der Bank verbracht, acht Mal wurde er eingewechselt. Von Woche zu Woche wuchs der Frust des Nationalspielers. Nun will Olic seinen Herzensverein, für den er zwischen 2007 und 2009 noch 29 Tore geschossen hatte, so schnell wie möglich verlassen. Der HSV wird ihm dabei keine Steine in den Weg legen. „Wir nehmen extrem Rücksicht auf das, was er möchte. Die Entscheidung liegt bei ihm, nicht bei uns“, sagte Trainer Bruno Labbadia bereits vor Weihnachten.

Olic und Labbadia haben sich im Urlaub zu einem Telefonat verabredet. Noch ist allerdings keine endgültige Entscheidung gefallen. „Wir sind im ständigen Kontakt und warten auf das, was kommt“, sagt Direktor Profifußball Peter Knäbel. In Australien wird seit Dienstag über einen Wechsel zu Central Coast Mariners, dem Tabellenletzten der A-League, spekuliert. Ein offizielles Angebot liegt dem HSV aber weder von den Mariners noch von einem anderen Verein vor. Klar scheint bislang nur: Olic und der HSV werden sich nach nicht einmal einem Jahr trennen.

Olic schoss wichtiges Tor gegen Schalke

Damit würde sich in Hamburg erneut eine emotionsgeladene Rückholaktion als teures Missverständnis herausstellen. Zwei Millionen Euro hatte der HSV im Januar für Olic nach Wolfsburg überwiesen. Jedes Tor, das der mittlerweile 36 Jahre alte Stürmer seitdem für den HSV in der Bundesliga schoss, kostete demnach heruntergerechnet eine Million Euro. Eine Milchmädchenrechnung, könnte man meinen. Schließlich würde der HSV ohne das Tor von Olic gegen Schalke am letzten Spieltag der Vorsaison möglicherweise gar nicht mehr in der Bundesliga spielen. Das „wichtige Signal an die Fans und die Konkurrenz“, von dem Peter Knäbel nach der Olic-Verpflichtung sprach, verpuffte in seiner Wirkung allerdings recht schnell. Auch wenn Olic, der unter Labbadia zunächst nur auf der Außenbahn eingesetzt wurde, vor der neuen Saison noch vollmundig ankündigte: „Ich muss in den Strafraum. Wenn ich da spiele und fit bin, dann ist es mein Anspruch, mindestens zehn Tore zu schießen.“

Es wurde nicht ein einziges Tor. Olic spielte zwar auch in der Hinrunde der neuen Saison nicht mehr im Sturmzentrum, nach seinen Einwechslungen wusste man aber auch, warum. Olic ackerte zwar wie zu alten Zeiten, seine frühere Dynamik ließ er aber vollständig vermissen. Olic erinnerte an einen Mann, mit dem er einst beim HSV ein kongeniales Duo bildete und der ebenfalls mit großen Gefühlen nach Hamburg zurückkehrte, der sich am Ende aber ähnlich schwerfällig über den Platz schleppte: Rafael van der Vaart.

Auch die Rückholaktion des Niederländers, der 2012 mit großzügiger Unterstützung von Investor Klaus-Michael Kühne für 13 Millionen Euro von Tottenham gekauft wurde, stellte sich im Nachhinein als Fehlentscheidung heraus. Van der Vaart hatte ähnlich freudetrunken wie Olic gejubelt, als er wieder in Hamburg war. „Für mich geht ein Traum in Erfüllung. Wie Geburtstag, Namenstag und Weihnachten zusammen“, sagte van der Vaart am Tag seiner Rückkehr. Als er den HSV im Sommer nach drei erfolglosen Jahren wieder verließ, wirkte das für den Verein wie eine Befreiung.

Rückkehrer in der HSV-Geschichte

Jörg Albertz

Neben Olic und van der Vaart gilt Albertz als prominentes Beispiel für eine missglückte Rückkehr. 2001 wechselte er für zehn Millionen D-Mark von den Glasgow Rangers zurück nach Hamburg. Seine Form aus der ersten Zeit (1993-96) konnte er nie wieder erreichen.

Thomas Doll

Gleiches gilt für Thomas Doll, der 1998 zumindest ablösefrei aus Bari zum HSV zurückkehrte. 1991 war er für die damalige Rekordsumme von 15 Millionen D-Mark zu Lazio Rom gewechselt.

Uli Stein und Manfred Kaltz

Auch Uli Stein (1994) und Manfred Kaltz (1990) suchten in Hamburg noch einmal ihr Glück, fanden es aber nicht mehr.

Stig Töfting

Besser lief es bei Stig Töfting, der 2000 zum zweiten Mal zum HSV wechselte.

Homp und Koitka

Auch Tobias Homp (1995) und Heinz-Josef Koitka (1987) kehrten zum HSV zurück.

 

 

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Prominente Beispiele für missglückte Rückholaktionen finden sich in der HSV-Historie besonders häufig (siehe Textgalerie). Zu hoch scheinen in Hamburg die Erwartungen an ehemalige Helden zu sein. Hoffnungen ruhen zu stark auf den Leistungen der Vergangenheit. Emotionen bestimmen die Entscheidungen. Das gilt insbesondere für die Fußballer selbst. Funktioniert haben nur die Spieler, die ohne Erwartungen ihre zweite Zeit in Hamburg erlebten. So wie Rodolfo Cardoso. Der Argentinier spielte seine stärkste HSV-Saison, nachdem er zweimal in seine Heimat verliehen wurde.

Ein Comeback bei seinem früheren Verein sieht Cardoso generell zwiegespalten. Im Fall Olic hatte er keine Zweifel. „Ivica ist eine Kampfmaschine. Durch seine Spielweise, seine Einstellung und seinen Charakter wird er dem HSV auf jeden Fall helfen“, sagte Cardoso im Januar. Nicht nur er sollte sich täuschen. Olic konnte seiner Herzensangelegenheit nur noch selten helfen. Alte Liebe rostet im Fußball eben doch.