Hamburg. Borussia Dortmund unterschätzte beim 1:3 den aufopferungsvoll kämpfenden HSV und lieferte eine desolate Vorstellung ab.
Thomas Tuchel fand klare Worte. „Die Lektion ist ganz einfach, mit dieser Körpersprache ist nichts zu holen, nirgendwo“, analysierte der Coach von Borussia Dortmund nach dem bitteren 1:3 (0:2) beim Hamburger SV. Für die fehlende Einstellung sei man verdient bestraft worden: „Am Ende ist es vielleicht gut und heilsam“, meinte der 42-Jährige am späten Freitagabend. Eine Erklärung für einen BVB, der komplett neben sich stand, fand er auf die Schnelle nicht. Das Training in der Länderspiel-Pause sei okay gewesen, die Nationalspieler hätten nach ihrer Rückkehr einen guten Eindruck gemacht.
Und die psychische Belastung bei seinen Auswahl-Akteuren nach den Terrorattacken von Paris am Rande des DFB-Länderspiels und dem abgesagten Test gegen die Niederlande wegen Sicherheitsbedenken wollte Tuchel genauso wenig anführen wie Ilkay Gündogan. „Es war ein komisches Gefühl, heute wieder Fußball zu spielen. Auch nach Dienstag, weil wir da dachten, alles sei sicher“, erklärte Gündogan. Es hätte aber keine Auswirkung auf die Leistung gehabt: „Wir wissen, was wir falsch gemacht haben. Aber ein bitterer Beigeschmack bleibt. So etwas kann man nicht einfach ablegen.“
Es sei schwierig gewesen, die vergangenen Tage den Fokus auf den Fußball zu bekommen. „Wenn man erlebt, dass man zwölf Stunden im Stadion eingesperrt ist, auch in der Kabine auf engstem Raum mit 60 Leuten, und draußen werden die Menschen nach und nach erschossen, dann ist das schon sehr seltsam. Gerade im Nachhinein, wenn man zu Hause ist und zurückblickt, kommt alles hoch“, berichtete der Mittelfeldspieler von der Horrarnacht in Paris.
Wegen der besonderen Umstände gab es keinerlei Pfiffe von den mitgereisten BVB-Anhängern, viele drehten sich nur enttäuscht ab, als die Profis zu ihren Fans gekommen waren. Das war nicht die Elf der vergangenen Monate, die mit nun 36 Toren manchen Gegner schwindelig gespielt und im Revierderby gegen Schalke 04 stolz triumphiert hatte. „Dem HSV hat eine leidenschaftliche und kämpferische Leistung genügt, das Spiel verdient zu gewinnen. Den Rest haben wir selber gemacht - mit einem Elfmeter, einem Eigentor und mehreren Fehlern. Das war extrem enttäuschend“, fand Sportdirektor Michael Zorc.
Fast die gesamte Mannschaftsleistung sei deutlich unter dem Schnitt gewesen. Mats Hummels' Eigentor (55.) war der unglückliche Höhepunkt. Ob der Nationalverteidiger überspielt sei? „Er ist ein Spieler, der viel Belastung vertragen kann“, entgegnete Tuchel.
Und statt eines jubelnden Batman Pierre-Emerick Aubameyang, der nur für den Ehrentreffer (86. Minute) sorgte, ansonsten aber Großchancen vergab und häufig am gut aufgelegten René Adler scheiterte, hatte sich Pierre-Michel Lasogga etwas Besonderes überlegt. Der Elfmeterschütze (19.) lupfte das Trikot und entblößte sein Konterfei als Superman. Er wolle den Fans angesichts der ernsten politischen Lage Freude bereiten, betonte Lasogga: „Es gehört einfach ein bisschen Spaß dazu.“
Und so engagiert spielte der oft gescholtene Angreifer auch Fußball. Nicht filigran, nicht schön, aber mit vollem Einsatz - manches Mal überrannte der bullige 1,89-Mann mehrere Gegenspieler einfach und ackerte für die Mannschaft. Trainer Bruno Labbadia holte aus dem ewig Verletzten viel heraus - Saisontor Nummer sechs und Nervenstärke vom Elfmeterpunkt drücken Lasoggas neue Stärke aus. Auch der bereits als Fehleinkauf abgestempelte Lewis Holtby entwickelt sich immer besser. Mit guten Vorlagen und seinem Treffer in Torjägermanier (41.) belebt er den HSV, der sich mit 18 Punkten erheblich Luft nach unten verschafft hat.