Kein Bundesligist war in den vergangenen Jahren gegen den BVB so erfolgreich wie der HSV. Dennis Diekmeier erinnert sich gerne zurück.
Dennis Diekmeier ist gerade auf dem Weg in die Werkstatt. Rechtzeitig vor dem Kälteeinbruch am Wochenende und dem Heimspiel des HSV gegen Borussia Dortmund an diesem Freitag (20.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) lässt sich der Verteidiger neue Winterreifen auf seinen Wagen ziehen. Er schaltet die Freisprechanlage seines Handys an und nimmt sich Zeit, über die Erinnerungen an seinen Lieblingsgegner zu sprechen. „Gegen Dortmund waren es immer geile Spiele“, sagt Diekmeier sofort mit begeisterter Stimme. Der 26-Jährige, der wegen eines Bänderrisses im Sprunggelenk noch einige Wochen pausieren muss, war in den vergangenen Jahren immer dabei, wenn der HSV gegen den BVB spielte.
So sehr die Hamburger ihre Fans in den vergangenen drei Jahren mitunter quälten, so zuverlässig sorgten sie für Begeisterung, sobald es gegen Dortmund ging. „Wirklich erklären kann man das nicht“, sagt Diekmeier. „Auf jeden Fall fallen in diesen Spielen immer viele Tore.“ Statistisch gesehen ist es sogar die Begegnung, in der seit Einführung der Bundesliga 1963 die meisten Treffer fielen. 341 Tore waren es in 96 Partien.
Zum Lieblingsgegner hat sich der BVB für den HSV aber erst seit 2012 entwickelt. Damals reiste der seit 31 Spielen ungeschlagene Meister Dortmund zu den noch punktlosen Hamburgern. Es war das erste Heimspiel für Rafael van der Vaart nach seiner Rückkehr zum HSV. An der Seite der gut aufgelegten René Adler (neun Glanzparaden) und Heung-Min Son (zwei Tore) zitterten sich die Hamburger mit Trainer Thorsten Fink zu einem 3:2.
Calhanoglus Freistoßtor bleibt unvergessen
Noch besser lief es im Rückspiel. Nach einer Roten Karte für den damaligen BVB-Stürmer Robert Lewandowski konterte der HSV gnadenlos und gewann am Ende 4:1. „Da war eine wahnsinnige Stimmung im Stadion“, erinnert sich Diekmeier. Genauso präsent ist ihm aber auch die 2:6-Niederlage in Dortmund ein halbes Jahr später. Für Fink war es das letzte Spiel als Trainer des HSV. „Wir haben damals bis zur 60. Minute ganz gut ausgesehen, aber dann sind wir eingebrochen“, sagt Diekmeier. Bert van Marwijk übernahm den Job von Fink. Als Dortmund im Rückspiel zum HSV kam, war aber auch der Niederländer schon wieder Geschichte. Mirko Slomka stand erstmals an der Seitenlinie und schaffte mit dem HSV einen kaum für möglich gehaltenen 3:0-Sieg. In Erinnerung blieb vor allem das Freistoßtor von Hakan Calhanoglu aus rund 40 Metern.
Für Slomka sollte es das einzige Spiel als HSV-Trainer gegen Dortmund bleiben. Im Herbst wurde auch er beurlaubt und durch Joe Zinnbauer ersetzt. Slomkas Nachfolger schaffte seinen ersten Sieg ausgerechnet gegen den BVB. Für den HSV war der 1:0-Erfolg am siebten Spieltag in Dortmund durch das Tor von Pierre-Michel Lasogga gleichzeitig der erste Saisonsieg. „Für uns war das zu diesem Zeitpunkt ein unglaublich wichtiger Dreier“, sagt Diekmeier ein Jahr danach. Und im Gegensatz zu seinem Vorgänger bekam Zinnbauer noch ein zweites Spiel gegen Dortmund. Im Frühjahr erkämpfte sich der HSV mit einer mitunter überharten Herangehensweise ein 0:0.
Auch an diesem Freitag geht Dennis Diekmeier von einer defensiven Ausrichtung seiner Mannschaft aus. „Ich glaube nicht, dass viele Tore fallen werden. Wir müssen auf jeden Fall höllisch aufpassen. Gegen Dortmund wird jeder Fehler bestraft“, sagt Diekmeier. Dass beim BVB nahezu alle Spieler auf Länderspielreise waren und müde sein könnten, sieht er nicht als Vorteil. „Die Dortmunder sind das gewohnt, die kennen das ja gar nicht anders. Außerdem hat der Kader eine große Qualität.“
Diekmeier wünscht sich knappen HSV-Sieg
Zudem macht die Länderspielwoche auch dem HSV zu schaffen. Mit Johan Djourou, Emir Spahic und Michael Gregoritsch stehen voraussichtlich drei Spieler in der Startelf, die unter der Woche noch mit ihren Nationalteams unterwegs waren. Der Chilene Marcelo Díaz kam erst am Donnerstagnachmittag zurück vom WM-Qualifikationsspiel aus Uruguay und dürfte aufgrund des Jetlags kaum einsatzfähig sein. „Die Woche ist kurz, aber da müssen wir durch“, sagte Trainer Bruno Labbadia vor dem Spiel. Im Training deutete sich an, dass er seine taktische Ausrichtung verändert und auf drei defensive Mittelfeldspieler setzt, um die BVB-Offensive (35 Tore) zu stoppen. „Dortmund ist momentan die zweitbeste Mannschaft der Liga. Spielerisch sind sie wahnsinnig stark“, sagt Labbadia.
Damit würde der HSV zu dem System zurückkehren, mit dem er bereits am ersten Spieltag beim FC Bayern München in die Saison startete. Trotz der 0:5-Niederlage machte dabei ein Mann auf sich aufmerksam, der nun erneut in den Fokus rückt: Gideon Jung. Der 21-Jährige könnte gegen Dortmund erstmals seit dem dritten Spieltag wieder in der Startelf stehen. „Gideon ist bereit. Er hat sich nach einem kleinen Tief zurückgekämpft“, sagt Labbadia über Jung, der zuletzt nur noch in der U23 zum Einsatz kam. Im Training suchte er immer wieder das Gespräch mit dem Youngster. „Ich habe das klare Gefühl zu wissen, was der Trainer von mir sehen will“, sagt Jung.
Dennis Diekmeier wird sich das Spiel von der Tribüne aus anschauen. „Der Knöchel tut noch weh und wird schnell wieder dick. Ich hoffe aber, dass ich in diesem Jahr noch einmal spielen kann“, sagt Diekmeier, der dienstälteste HSV-Profi. Und er hofft, dass die gute Bilanz gegen Dortmund auch ohne ihn bestehen bleibt. „Auf jeden Fall wünsche ich mir wieder ein geiles Spiel. Ein 1:0 für uns wäre überragend.“