Hamburg. Hoffenheim ist so schlecht in die Saison gestartet wie noch nie. Der HSV hat aber ein Tor-Problem. Ein Vergleich beider Mannschaften.
Der HSV steht nach Worten von Bruno Labbadia mitten im Abstiegskampf. Denn für den im Dienste der Rothosen stehenden Trainer beginne dieser bereits ab Tabellenplatz sieben. Allerdings sieht die Situation in dieser Saison nicht ganz so brenzlig aus wie in der vergangenen. Und im Vergleich zum kommenden Gegner TSG Hoffenheim sieht es sogar tabellarisch ganz gut aus beim Bundesliga-Dino. Die Sinsheimer stehen derzeit mit nur einem Sieg auf Tabellenplatz 17.
In der abgelaufenen Spielzeit war der Stand nach dem neunten Spieltag in der Tabelle ein anderer. Der HSV rangierte mit nur sechs Punkten auf Platz 16. Die Hoffenheimer waren mit 17 Punkten unter Trainer Markus Gisdol auf einem Champions-League-Qualifikationsplatz – punktgleich mit dem Tabellenzweiten. Nun folgt also ein Treffen unter verkehrten Vorzeichen. Zeit für eine aktuelle Gegenüberstellung beider Mannschaften.
Die Torhüter
Ein an sensationelle Zeiten anknüpfender René Adler steht zwischen den Pfosten der Hamburger. Hoffenheim setzt auf die Dienste von Oliver Baumann. Während der Hamburger in bisher 309 Spielminuten diese Saison sieben Tore kassiert hat, musste sein Gegenüber bereits 18 Mal hinter sich greifen – hat aber auch schon doppelt so viele Spiele absolviert.
Adler stand auch zu Saisonbeginn im Kasten, als es in München ein 0:5 setzte. Baumann kassierte gegen den Rekordmeister nur zwei Gegentreffer. Daher dürfte die folgende Torhüter-Statistik der Deutschen Fußball Liga (DFL) auch ein wenig verwässert sein. Diese besagt, dass Baumann fast 69 Prozent der Torschüsse gehalten hat. Adler kommt demnach auf eine Quote von nur 56,25 Prozent. In absoluten Zahlen zeigt sich der Unterschied dann deutlich. Baumann hat bereits 40 Torschüsse gehalten, Alder nur neun. Da spielt dann sicherlich auch hinzu, dass die Abwehrreihen auch unterschiedlich viele Torschüsse zugelassen haben. (58 bei Hoffenheim, 38 beim HSV).
Beide Torhüter haben bisher eine Glanzparade auf dem Konto. Der Rothosen-Keeper steht bei den Spielen zu Null mit einem Spiel mehr (2) in Führung. Dafür hat Baumann deutlich mehr Flanken aus dem Spiel abgefangen: 9:2.
Demnach spricht die Quote zwar für Baumann. Sollte sich Adler jedoch weiter in der guten Form bewegen, und mit Blick auf das letzte Spiel, wo Baumann vier und Adler null Tore kassierte, dürfte der HSV die besseren Keeper-Karten haben. 1:0 für den HSV.
Das Mittelfeld
Der HSV-Kader in der Saison 2015/16
Der HSV muss in Sinsheim auf seinen neuen Ballverteiler verzichten. Aaron Hunt hat sich einen Muskelfaserriss zugezogen. Für ihn wird, so zeichnet es sich ab, Michael Gregoritsch einspringen, da sich beim Training am Mittwoch zudem auch noch Marcelo Diaz leicht verletzte.
Die Gesamtbilanz spricht im Mittelfeld für den HSV. Immerhin gab es 2888 erfolgreiche Zuspiele im Gegensatz zu 2243 bei Hoffenheim. Die Passquote der Hamburger liegt bei 75,3 Prozent (Hoffenheim 69,3 Prozent). Auch bei den erfolgreichen Dribblings liegen die Hanseaten vorn: 105 zu 63 bei einer Quote von 70,5 Prozent zu 40,4 Prozent. Der Wert der erfolgreichen Flanken ist zwar auch bei den Hamburgern höher, allerdings in beiden Kategorien. In den erfolgreichen führt der HSV mit 16 zu 12 und bei den misslungenen Flanken ebenfalls und hier deutlich: 71 zu 43. Das ergibt eine Passquote von 18,4 beim HSV und 21,8 Prozent bei Hoffenheim. 2:0 für den HSV.
Der Sturm
Anders sieht es beim Sturm aus. Dass der HSV ein Angriff-Problem hat, weiß auch Trainer Bruno Labbadia: „Natürlich wissen wir, dass wir in den letzten Spielen viele Torchancen hatten, die wir nicht genutzt haben.“ Aus 93 Torchancen erzielten die Hamburger nur acht Tore. Nur Aufsteiger Ingolstadt und der kriselnde Nordrivale von Werder Bremen haben noch weniger Treffer als der HSV.
Die Rothosen sind seit knapp 500 Minuten ohne Treffer aus dem Spielverlauf. Dieser Zusatz ist wichtig, denn immerhin ein Törchen konnten die Hamburger dann doch per abgefälschtem Freistoß erzielen. Michael Gregoritsch war es. Vier Partien ist das nun her.
Hoffenheim hat dagegen vier Tore mehr auf dem Konto. Der Gastgeber am Freitag bringt mehr Schüsse auf das Tor und schießt zudem weniger oft vorbei (36 Mal, HSV:48 Mal). Daher liegt die Chancenverwertung auch bei 17,9 Prozent bei der TSG. Zum Vergleich, der HSV hat nur 10,4 Prozent.
Während es beim HSV sechs verschiedene Torschützen gibt, war vor allem ein Spieler bei Hoffenheim für die Tore verantwortlich: Kevin Volland. Der 23-Jährige traf bislang fünf Mal. Aber auch Jonathan Schmid traf so oft wie Lasogga, der Topscorer vom HSV, drei Mal. Hinzu reihen sich noch vier weitere Spieler, die bereits bei der TSG getroffen haben.
Im Sturm geht der Punktgewinn also an die Elf von Trainer Markus Gisdol. Das bedeutet den Anschlusstreffer zum 2:1.
Die Trainer
Dieser steht im Spiel gegen den HSV vermutlich unter besonderer Beobachtung. Auch wenn es wohl noch kein „Endspiel“ geben wird. „Mir ist davon nichts bekannt“, sagte der 46-Jährige im Interview des Fachmagazins „Kicker“ (Donnerstag). „Wenn die Zukunft eines Trainers von einem Spiel abhängig ist, gibt es grundsätzlich Redebedarf. Das wäre eine schlechte Ausgangsposition für eine Zusammenarbeit.“ Dennoch steht Gisdol beim Tabellenvorletzten der Fußball-Bundesliga stark in der Kritik. Mäzen Dietmar Hopp hat zuletzt einige Spieler zu einem Krisengespräch versammelt. Die TSG ist so schlecht wie noch nie zuvor in die Bundesliga-Saison gestartet.
Laut Sportchef Alexander Rosen gibt es kein Ultimatum an Gisdol: „Ein Trainerwechsel ist nicht das Allheilmittel.“ Doch das Sagen hat Hopp. Und der ist mit seiner Geduld mal wieder am Ende, da Gisdol es nach einigen Abgängen einfach nicht gelingt, die Mannschaft in die Spur zu bringen. „Wir haben uns gemeinsam für einen Umbruch entschieden“, wehrte sich der Trainer.
Solidaritätsbekundungen erhält der Hoffenheimer Trainer auch von seinem Hamburger Kollegen. „Gisdol hat hervorragende Arbeit geleistet und den Verein in der Relegation vor dem Abstieg gerettet“, sagte Bruno Labbadia, dessen Team sich nach turbulenten Zeiten über eine etwas ruhigere Phase freuen darf. „Wenn man sich Hoffenheim angeschaut hat, haben die gute Spiele gemacht. Die werden das nicht kampflos hingeben.“ Bruno Labbadia freute sich indes auf der Pressekonferenz am Mittwoch darüber, dass ein Journalist dem HSV ein ruhigeres Fahrwasser zuschrieb. Labbadia hat außerdem eine positive Bilanz in Hoffenheim. Der frühere Stürmer hat als Trainer vier seiner fünf Aufgaben in Sinsheim gewinnen können. Bis auf das eine Mal, das ihm seinen Job kostete.
Da Gisdol um seinen Job kämpft und nach Worten von Top-Scorer Kevin Volland die Mannschaft hinter dem Trainer steht und „mit dem Trainer hinten raus kommen“ will, könnte der Trainer-Punkt an die Hoffenheimer gehen – Vollands Aussagen könnten aber auch nur heiße Luft sein. Ein Treffer auf beiden Seiten. Zwischenstand 3:2 für den HSV.
Die Statistik
Das 1:4 vom 11. Mai 2013 bei ihrer bislang einzigen Heimniederlage gegen den HSV schien das Bundesliga-Ende der Hoffenheimer zu besiegeln. Doch sie retteten sich in die und in der Relegation wie in den beiden folgenden Jahren auch die Hanseaten, die ihre letzten beiden Gastspiele im Kraichgau 0:3 verloren und in den letzten vier Duellen mit der TSG nur einen Punkt erbeuteten.
In sechs von sieben Gastspielen in Hoffenheim ging der HSV torlos in die Pause. Die Hamburger siegten aber in zwei der letzten drei Auswärtspartien zu null, sind allerdings seit 273 Minuten ohne Torerfolg und trafen in den letzten fünf Runden nur einmal.
Die zu Hause noch sieglose TSG, die in den letzten drei Begegnungen vier Kopfball-Gegentore kassierte, ist die schlechteste Heimelf und mit 5:11 Toren das erfolgloseste Team der zweiten Halbzeit. Ihr droht die 100. Bundesliga-Niederlage. Trainer Markus Gisdol zieht nach Spielen (85) mit Hoffenheims Rekordtrainer Ralf Rangnick gleich, holte bislang aber 17 Punkte weniger.
Leichter Vorteil in dieser Saison für den HSV. Mit Blick auf die Vergangenheit wird daraus aber ein Unentschieden. Also ein 4:3 für den HSV.
Fazit
Sollte der HSV eine ähnlich couragierte Leistung wie gegen Bayer Leverkusen zeigen, dürfte ein Sieg für die Hanseaten am Freitag durchaus Möglich sein. Dafür muss aber die Torflaute beendet werden. Und wann, wenn nicht gegen die derzeitige Schießbude der Liga, die im Durchschnitt zwei Tore pro Spiel kassierte. Hoffenheim sollte allerdings nicht unterschätzt werden. Nicht zuletzt liegt im Spruch „angeschlagene Boxer sind am gefährlichsten“ oftmals ein Funken Wahrheit. Am Ende zählt keine Statistik sondern die Leistung auf dem Platz – und die gibt es am Freitag beim Flutlichtspiel.
Mit Material von dpa und sid