Hamburg. Die U23 des Vereins schwebt ein Jahr nach dem Höhenflug in Abstiegsgefahr. Das Fernziel Dritte Liga rückt in weite Ferne.
Bernhard Peters geht zunächst zum hinteren Platz und beobachtet das Training der U23. Er schaut sich die Übungen an, spricht dann noch mit Trainer Soner Uysal. Nach einigen Minuten macht er sich auf den etwa hundert Meter langen Fußweg zum oberen Platz. Dort trainieren die Profis des HSV. Peters schaut sich die Übungen an, spricht dann noch mit Trainer Bruno Labbadia. Es ist Dienstagvormittag im Volkspark. Oben bei den Profis trifft Peters, Sportdirektor des Vereins, auf eine Mannschaft, um die er sich im Moment keine Sorgen machen muss. Sorgen macht sich Peters allerdings um die Mannschaft auf dem hinteren Platz. Nach der 0:2-Niederlage bei Eintracht Braunschweig II ist die U23 des HSV in der Regionalliga Nord auf Platz 17 abgerutscht. „Die Situation ist nicht unkritisch“, sagt Peters, der Verantwortliche für den Nachwuchsbereich.
Fast genau ein Jahr ist es her, dass der HSV II ebenfalls in Braunschweig antrat. Mit 4:1 gab es den neunten Sieg im neunten Spiel. Daniel Petrofsky hatte gerade das Team übernommen, nachdem Joe Zinnbauer bei den Profis die Nachfolge von Mirko Slomka antrat. „Bis auf Weiteres“, wie HSV-Boss Dietmar Beiersdorfer sagte. Bernhard Peters gab für die U23 die Dritte Liga als Ziel aus. Und zunächst schien es auch so, dass der neue Weg des HSV ein erfolgreicher sein werde. Die Profis stabilisierten sich unter Zinnbauer, mit Ashton Götz, Ronny Marcos und Mohamed Gouaida rückten drei Talente zu den Profis auf. Doch ohne die drei Leistungsträger lief es nicht mehr bei den Amateuren. Trainer Petrofsky erkrankte und wurde durch Rodolfo Cardoso ersetzt, der Aufstieg am Ende verpasst.
Der HSV-Kader in der Saison 2015/16
Peters ließ Zinnbauer ziehen
Zinnbauer, der nach dem Absturz der Profis von seinen Aufgaben entbunden wurde und zu Saisonbeginn wieder die U23 übernahm, sollte den Neustart versuchen. Eine unglückliche Rückkehr. Sprach Zinnbauer im Sommer noch von der „Herzenssache HSV“, suchte er nach nur drei Monaten das Weite und schloss sich dem FC St. Gallen in der Schweiz an. „Wir wollten ihm diese Chance nicht verwehren“, sagt Peters. Co-Trainer Soner Uysal, 38, rückte auf und ist nun der vierte Chefcoach innerhalb eines Jahres. Die Dritte Liga ist in weite Ferne gerückt.
Peters sieht die Gründe für den Fehlstart der U23 in der fehlenden Stabilität. „Auf den zentralen Positionen ist der Kader nicht symmetrisch austariert“, sagt Peters. „Wichtig sind jetzt zunächst Ergebnisse. Noch wichtiger ist mir aber, dass wir gut spielen.“ Doch der zunehmende Druck scheint die junge Mannschaft zu belasten. „Wir müssen uns wieder mehr zutrauen. Einige haben Angst, weil wir unten drin stehen“, sagt Ahmet Arslan, Kapitän der Mannschaft und Torschützenkönig in der vergangenen Saison. „Uns fehlt die Euphorie des Vorjahres“, sagt er. Für Soner Uysal geht es nun darum, schnelle Erfolge zu erzielen. Entscheidend wird sein, die mitunter abenteuerlichen individuellen Fehler in der Defensive abzustellen und die Durchschlagskraft in der Offensive zu erhöhen. „Manchmal sind unsere jungen Spieler noch zu naiv“, sagt Uysal. Wie es selbst mit dem 38 Jahren Ex-Profi als Trainer weitergeht, ist noch unklar. Seine Tätigkeit gilt „bis auf Weiteres“, sagt Peters. Eine Beschreibung, die man beim HSV seit Zinnbauer kennt. Aber was bedeutet sie im Fall Uysal? „Wir beobachten die Situation und schauen, wie die Entwicklungsverläufe der einzelnen Spieler und der Mannschaft aussehen“, sagt Peters.
Wunsch nach dreigeteilter Regionalliga
Am Sonnabend geht es für den HSV II kurzfristig darum, sich mit einem Sieg gegen Hannover 96 II aus der Abstiegszone zu befreien, um das langfristige Ziel nicht zu gefährden: die Durchlässigkeit zwischen Nachwuchs und Profis. Die Dritte Liga spielt in den Gedanken von Peters derzeit keine Rolle. „Das ist ein langfristiges Ziel. Wenn ein Bundesligaverein dauerhaft um europäische Plätze mitspielt, ist eine Drittligamannschaft sinnvoll, um einen herausragenden Wettkampf für die jungen Spieler zu ermöglichen, die auf dem Sprung zu den Profis stehen. Das kostet wiederum viel Geld.“
Peters Wunschvorstellung wäre daher eine dreigeteilte Regionalliga. „Für die jetzige Konstellation des HSV wäre das die optimale Lösung.“ Peters arbeitet an der Zukunft. Für die U23 zählt jetzt nur die Gegenwart. Die hinteren Plätze verlassen und wieder nach oben kommen.