Hamburg. Der HSV-Profi spricht so offen wie nie über die unheilvolle Kombination aus Finanzen und Fußball und klärt Habgier-Gerüchte auf.

Es ist nur ein paar Monate her, da hat Gojko Kacar kurz vor seiner Vertragsverlängerung beim HSV zwei Dinge gesagt: Geld sei ihm nicht wichtig. Und: Er liebe Hamburg. Da muss man nachfragen. Vor dem Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt (Sa/15.30 Uhr) ließ das Abendblatt Kacar selbst entscheiden, welches Thema der Serbe noch einmal vertiefen wollte.

Hamburger Abendblatt: Herr Kacar, Sie dürfen entscheiden, worüber wir reden wollen: Geld oder Liebe?

Gojko Kacar: (überlegt lange) Liebe, über die Liebe hat ja jeder etwas zu sagen. (überlegt weiter) Nein, doch lieber Geld. Die Liebe ist ja eine persönliche Sache.

Dann also los: Während der Verhandlungen um einen neuen Vertrag haben Sie im Sommer gesagt, dass Geld Ihnen nicht wichtig sei. Das war geflunkert, oder?

Kacar : Ich bin Fußballprofi und verdiene gut, das weiß ich. Und wenn man Geld hat, dann kann man so einen Satz natürlich leichter sagen. Geld macht aber nicht glücklich, das weiß man nur, wenn man Geld hat. Wenn man weniger Geld hat, dann scheint Geld viel wichtiger als es in Wahrheit ist.

Man hat das Gefühl, dass es im Profifußball um nichts anderes als um Geld geht.

Kacar : Wenn ich ehrlich bin, dann war meine schönste Zeit als Fußballer in der Jugend. Damals habe ich noch kein Geld verdient, aber ich habe mit meinen Kumpels Fußball gespielt und war einfach nur happy. Dann wurde ich Profi und habe viel Geld verdient. Aber so glücklich und unbeschwert wie als Jugendlicher war ich nie wieder. Früher haben wir Fußball aus Liebe zum Spiel gespielt, jetzt ist es unser Beruf.

Im Sommer haben Sie auf Geld verzichtet, um zu verlängern. Fiel Ihnen diese Entscheidung schwer?

Kacar : Ich wollte unbedingt in Hamburg bleiben, deswegen war es nicht schwer, auf ein bisschen Geld zu verzichten. Ich hatte lukrativere Angebote, aber dann wäre meine Fußballkarriere im Abseits gewesen. Das wollte ich auf keinen Fall. Man darf bei allen Schwierigkeiten aus der Vergangenheit auch nicht vergessen, dass ich bereits seit fünf Jahren beim HSV bin. Ich fühle mich unglaublich wohl hier. Und das kann man eben auch nicht mit Geld bezahlen.

In der Vergangenheit wurden Sie oft als Raffzahn bezeichnet, der Angebote nur wegen des Geldes ausgeschlagen hat.

Kacar : Diese Berichte gab es, als ein Wechsel von mir nach Hannover platzte. Das Bild, das damals von mir gezeichnet wurde, hat mich sehr geärgert. Ich habe schon bei meinem Wechsel aus Berlin zum HSV auf Geld verzichtet, weil dem HSV die Ablöse an Hertha eigentlich zu hoch war. Hannover war dann von heute auf morgen an einer Verpflichtung interessiert – und genauso plötzlich auch nicht mehr. In der Zwischenzeit habe ich aber kein einziges Mal mit einem Verantwortlichen aus Hannover gesprochen. Ich weiß also nicht, wie man in die Welt setzen konnte, dass ich gierig sei.

Ein paar Wochen danach hatten Sie auch noch ein Angebot vom nächsten HSV-Gegner Eintracht Frankfurt ...

Kacar : Stimmt. Und Frankfurt hatte sogar noch weniger als Hannover geboten. Es ging um ein Leihgeschäft und ich wollte unbedingt zur Eintracht, weil ich zu der Zeit keine Chance mehr beim HSV hatte. Aber obwohl Frankfurt und ich uns einig waren, scheiterte der Deal. Es hieß dann plötzlich, dass die Leihgebühr zu hoch sei. Damals habe ich dann wirklich die Schattenseite des Geschäfts kennengelernt. Ich war aussortiert und degradiert. Fußball ist mein Leben. In so einer Situation kann man noch so viel verdienen, aber glücklich macht einen das viele Geld dann nicht.

Ist es in der Kabine ein Tabuthema, wie viel Geld man verdient?

Kacar : Das Gehalt ist Privatsache, darüber reden wir in der Kabine nicht. Aber Geld ist kein Tabuthema. Gerade in der Transferzeit reden wir natürlich auch über die ganzen Ablösesummen, die momentan in England gezahlt werden.

Wie viel Geld haben Sie gerade in Ihrem Portemonnaie in bar dabei?

Kacar : Das ist eine gemeine Frage. Ich war gerade beim Bankautomat, habe 400 Euro abgehoben. Ich bin vom Mittelweg nach Winterhude gezogen und muss für die neue Wohnung nach dem Training etwas kaufen. Deswegen habe ich mehr Bares als sonst dabei.

Welchen Luxus gönnen Sie sich gerne?

Kacar : Für mich ist es Luxus, an zwei trainingsfreien Tagen spontan zu meiner Familie nach Serbien fliegen zu können, ohne dass ich zu sehr auf den Preis für die Flugtickets achten muss.

Tim Wiese hat vor ein paar Tagen einer Politesse Geld vor die Füße geworfen, weil er einen Strafzettel bekam. Ist es schwierig, als gut bezahlter Fußballer die Bodenhaftung zu behalten?

Kacar : Das scheint leider so zu sein. Ich bin so erzogen worden, dass ich niemals vergesse, woher ich komme. Ich weiß genau, dass mein Vater sehr hart für sein Geld arbeiten musste. Es gibt aber leider viel zu viele Beispiele dafür, dass besonders sehr junge Fußballer, die von heute auf morgen sehr reich sind, den Bezug zur Realität verloren haben. Sie wissen nicht, wie sie mit ihrem plötzlichen Reichtum umzugehen haben. Man darf nie den Respekt verlieren.

In der NBA ist es eine Regel, dass Neu-Profis zunächst in einem Kurs über ihre Finanzen aufgeklärt werden. Die angehenden Basketballprofis lernen dort beispielsweise, wie man sein Geld anlegt.

Kacar : Das finde ich eine extrem gute Idee von der NBA. So etwas sollte die Bundesliga auch einführen. Ich selbst habe meine Geldangelegenheiten immer mit meinen Eltern und meinem Onkel Milan besprochen. Er ist auch mein Berater. Sie haben mir auch dabei geholfen, in welche Dinge ich Geld investieren soll und wovon ich lieber die Finger lassen soll.

Stuttgarts Daniel Ginczek hat mal gesagt, er würde 90 Prozent seines Gehalts sparen und anlegen. Wie ist das bei Ihnen?

Kacar : Ich bin auch eher der Sparfuchs, aber ab und an gönne ich mir auch mal was. Materielles ist mir aber nicht so wichtig.

Einen Stammplatz kann man sich allerdings nicht mal mit Geld kaufen. Nach Ihrem starken Spiel in der Innenverteidigung gegen Gladbach stehen Ihre Chancen, gegen Frankfurt zu spielen, aber nicht so schlecht.

Kacar : Das hoffe ich doch. Dabei ist mir ganz egal, ob ich in der Innenverteidigung oder im Mittelfeld spiele. Ich will einfach spielen.

Herr Kacar, zum Abschluss müssen Sie uns doch eine Frage zur Liebe erlauben: Hamburg und Sie – ist das echte Liebe?

Kacar : Das kann man so sagen. Novi Sad ist meine Heimat, aber Hamburg ist mein Zuhause.

So bereitet sich der HSV auf Frankfurt vor

Trainer Bruno Labbadia schaut ganz genau hin, was seine Mannschaft auf dem Platz so treibt
Trainer Bruno Labbadia schaut ganz genau hin, was seine Mannschaft auf dem Platz so treibt © WITTERS | TimGroothuis
Artjoms Rudnevs erst mit dem Fuß...
Artjoms Rudnevs erst mit dem Fuß... © WITTERS | TimGroothuis
... später dann mit dem Kopf am Ball
... später dann mit dem Kopf am Ball © WITTERS | TimGroothuis
Immer nur mit einem Ball spielen, wird auf Dauer ja auch langweilig – Marcelo Diaz auf dem Trainingsplatz mit vier Bällen
Immer nur mit einem Ball spielen, wird auf Dauer ja auch langweilig – Marcelo Diaz auf dem Trainingsplatz mit vier Bällen © WITTERS | TimGroothuis
Rollenwechsel? Lewis Holtby stellt sich ins Tor und pariert einen Schuss
Rollenwechsel? Lewis Holtby stellt sich ins Tor und pariert einen Schuss © WITTERS | TimGroothuis
Nicolai Müller bei der Ballannahme
Nicolai Müller bei der Ballannahme © WITTERS | TimGroothuis
Trainer Bruno Labbadia steckt die „Gegner“ in den Boden
Trainer Bruno Labbadia steckt die „Gegner“ in den Boden © WITTERS | TimGroothuis
Mit zwei Siegen im Gepäck trainiert es sich lockerer: Artjoms Rudnevs und Sven Schipplock
Mit zwei Siegen im Gepäck trainiert es sich lockerer: Artjoms Rudnevs und Sven Schipplock © WITTERS | TimGroothuis
Pierre-Michel Lasogga bei der Ballannahme
Pierre-Michel Lasogga bei der Ballannahme © WITTERS | TimGroothuis
Emir Spahic war wieder mit dabei
Emir Spahic war wieder mit dabei © WITTERS | TimGroothuis
Trainer Bruno Labbadia begutachtet einen Kopfball von Ivica Olic
Trainer Bruno Labbadia begutachtet einen Kopfball von Ivica Olic © WITTERS | TimGroothuis
Kunststückchen von Marcelo Diaz
Kunststückchen von Marcelo Diaz © WITTERS | TimGroothuis
Pierre-Michel Lasogga und Torwart Jaroslav Drobny
Pierre-Michel Lasogga und Torwart Jaroslav Drobny © WITTERS | TimGroothuis
Sven Schipplock beim Schussversuch
Sven Schipplock beim Schussversuch © WITTERS | TimGroothuis
Ivo Ilicevic mit neuer Zweikampftechnik?
Ivo Ilicevic mit neuer Zweikampftechnik? © WITTERS | TimGroothuis
Pierre-Michel Lasogga am Boden
Pierre-Michel Lasogga am Boden © WITTERS | TimGroothuis
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