Hamburg. Der HSV-Kapitän war tagelang fraglich. Mit seinem ersten Bundesligatreffer erlöste Djourou einen ganzen Verein.
So viele Interviews am Stück hatte Johan Djourou wohl noch nie gegeben. Nachdem der Kapitän des HSV bereits am Sonnabend nach dem 3:2-Sieg gegen den VfB Stuttgart von einem Mikrofon zum nächsten stiefelte, ging der Fragemarathon am Sonntag nach dem Auslaufen gleich weiter. Dabei dürfte Djourou, der den Fans minutenlang Autogramme schrieb und für Selfies zur Verfügung stand, wohl noch nie so gerne Rede und Antwort gestanden haben wie nach diesem Spiel.
Einzelkritik: Ilicevic trieb unermüdlich an, Jung wurde immer besser
69 Bundesligapartien und 89 Minuten gegen Stuttgart waren vergangen, als der Innenverteidiger in der eigenen Hälfte den Ball bekam und sich mit einer Körpertäuschung um VfB-Stürmer Martin Harnik drehte. Dann spielte Djourou weiter nach links zu Ivo Ilicevic und setzte zu einem Sprint an. „Ich wollte unbedingt das Tor machen“, sagte der Schweizer später über seine Idee, die ihn in diesem Moment ereilte. Es sollte eine gute Idee werden. Denn nachdem Ilicevic den Ball lang auf den Kopf von Pierre-Michael Lasogga lupfte, ließ dieser ihn perfekt in jenen freien Raum abtropfen, in dem Djourou am Ende seines langen Sprints angekommen war. Mit erstaunlicher Ruhe und feiner Schusstechnik legte der Abwehrspieler den Ball schließlich an VfB-Torhüter Przemyslaw Tyton vorbei und erlöste einen ganzen Verein.
Dieses Tor bedeutete nicht nur den ersten HSV-Sieg der jungen Saison, es war gleichzeitig der erste Bundesligatreffer des Nationalspielers. „Echt? Das ist ja erschreckend“, scherzte sein gut aufgelegter Trainer Bruno Labbadia am Tag danach. Bereits das 1:1 durch Ilicevic hatte Djourou mit einem langen Ball vorbereitet. Nach seinem Po-Assist auf Ivica Olic am letzten Spieltag der Vorsaison gegen Schalke war es überhaupt erst seine zweite Torvorlage in der Liga. Und das, obwohl Djourou in der Schweizer Jugend bei Etoile Carouge FC noch Stürmer war. Zumindest seine Ruhe vor dem Tor erinnerte an seine Zeiten als Angreifer. „Die Technik habe ich bei Thierry Henry gelernt“, sagte Djourou, der mit dem Franzosen einst beim FC Arsenal spielte.
Dass er gegen Stuttgart überhaupt auf dem Platz stehen konnte, war unter der Woche wegen seiner Leistenbeschwerden lange unwahrscheinlich. Trainer Labbadia hatte noch am Mittwoch nicht mit einem Einsatz gerechnet. Am Ende wurde Djourou zum Erlöser. „Ich habe mir vorgenommen, mich offensiv mehr einzuschalten.“ Gelingt ihm das so gut wie am Sonnabend, dürfte der Interview-Marathon nicht sein letzter gewesen sein.