Hamburg. Der ungewöhnliche Dreikampf der Außenverteidiger beim HSV: Neuzugang Sakai macht Druck auf Diekmeier und Ostrzolek.
Die Aufmerksamkeit der Kamerateams gehörte am Mittwoch im Volkspark einem langhaarigen Mann mit Schlappmütze und beigem Zweiteiler. Schlagersänger Guildo Horn war zu Besuch in Hamburg und schlich sich für eine neue Folge der Sky-Sendung „Helden der Stars“ in die Katakomben des Volksparkstadions. Dort dürfte er zunächst auf die HSV-Spieler Dennis Diekmeier und Gotoku Sakai getroffen sein, die sich zur selben Zeit in den Innenräumen befanden. Am Sonnabend um kurz vor 18.30 Uhr werden sich die Objektive im Stadion aber wieder auf die beiden Außenverteidiger und ihre Kollegen richten, wenn sie sich im Kabinentrakt auf das Heimspiel gegen den VfB Stuttgart einstimmen.
Dass Diekmeier und Sakai dann gemeinsam mit der ersten Elf auflaufen werden, schien zuletzt eher unwahrscheinlich zu sein. In der Vorbereitung lieferten sich die beiden ein ständiges Duell um die Position auf der rechten Abwehrseite. Matthias Ostrzolek dagegen hatte seinen Platz auf der linken Seite sicher. Bis jetzt. Nach seinem schwachen Auftritt zum Bundesligaauftakt beim FC Bayern (0:5), als Ostrzolek an drei Gegentoren beteiligt war, bangt er um seinen Stammplatz.
Druck bekommt er dabei von dem Mann, den Labbadia eher für die rechte Seite vorgesehen hatte: Gotoku Sakai. Im Testspiel gegen Cagliari Calcio am Dienstagabend war der 24-Jährige der einzige Spieler, der über die volle Distanz auf dem Platz stand. Überzeugen konnte Sakai dabei vor allem in der zweiten Halbzeit, als er auf die linke Abwehrseite wechselte. Auf seine Lieblingsseite, wie er am Mittwoch nach der Laufeinheit im Volkspark betonte. „Links fühle ich mich etwas wohler. Ich hatte gute Aktionen, das haben mir meine Mitspieler bestätigt.“
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Sakai wirkt links stabiler als rechts
Tatsächlich machte Sakai auf der linken Seite einen besseren Eindruck als auf rechts. Im Wechselspiel mit dem offensiven Linksaußen Ivica Olic sorgte Sakai für ein hohes Tempo auf dem Flügel. Beide boten sich für einen Platz in der Startelf für das Spiel gegen Stuttgart an. Für Sakai wäre es in jedem Fall ein „besonderes Spiel“. Dreieinhalb Jahre war der japanische Nationalspieler beim VfB aktiv. Nun trifft er erstmals mit seinen neuen Kollegen auf seine alten. „Das ist schon ein komisches Gefühl“, sagt Sakai über sein Seelenleben vor dem Wiedersehen mit seinen langjährigen Mitspielern.
Den ersten Auftritt der Stuttgarter in dieser Saison hat er aufmerksam verfolgt – und genau wie HSV-Trainer Bruno Labbadia eine vermeidbare Niederlage des VfB gegen den 1. FC Köln (1:3) ausgemacht. „Stuttgart hat gespielt wie in der vergangenen Saison. Vorne versäumt man das Toreschießen, hinten kommt dann irgendwann ein Gegentor“, sagt Sakai, der zumindest eine offensivere Ausrichtung festgestellt hat im Vergleich zur Vorsaison, als unter Trainer Huub Stevens noch die Defensivorganisation im Vordergrund stand. „Offensiv hat der VfB eine hohe Qualität. Daniel Didavi ist ein Schlüsselspieler. Aber auch Martin Harnik dürfen wir keine Räume geben. Wir müssen die Eins-gegen-eins-Situationen verhindern“, sagt Sakai.
Sakai hat keine Angst vor HSV-Schreck Harnik
Wie man den gebürtigen Hamburger Harnik, der in den vergangenen Jahren seine persönliche Torstatistik in Spielen gegen den HSV zuverlässig ausgebaut hat, stoppt, weiß Sakai aus vielen Trainingseinheiten in Stuttgart. „Er zieht gerne in die Mitte. Ich kenne seine Laufwege.“ Ob Sakai der ideale Gegenspieler für Harnik ist, kann insbesondere Labbadia einschätzen. Zwischen 2012 und 2013 arbeitete er beim VfB sowohl mit Harnik als auch mit Sakai zusammen. Schon zu dieser Zeit setzte Labbadia den Japaner aber hauptsächlich rechts in der Viererkette ein. Erst unter Armin Veh und Stevens spielte Sakai im Vorjahr hauptsächlich links hinten. Dort schätzt sich der Verteidiger bei seinen Flankenläufen stärker ein. „Wenn ich mit links flanke, habe ich mehr Gefühl. Mit rechts benutze ich häufig zuviel Kraft“, sagt Sakai.
Auf der rechten Seite scheint Dennis Diekmeier derzeit einen kleinen Vorsprung zu haben. Gegen Cagliari bereitete der 25-Jährige nach einem beherzten Solosprint über den Flügel den 1:1-Ausgleich durch Gojko Kacar vor. Genau solche Szenen will Labbadia von seinen Spielern sehen. Als Nicolai Müller in der ersten Halbzeit einen Vorstoß abbrach und den Ball wieder nach hinten spielte, bekam er von seinem Trainer direkt einen Rüffel. „Trau dich“, rief Labbadia dem rechten Mittelfeldspieler zu. Das tat Müller in der zweiten Halbzeit – und wurde prompt mit dem Treffer zum 2:1 belohnt. Müller dürfte nun die besten Chancen haben, den Platz von Michael Gregoritsch einzunehmen, der wegen der am Dienstag im Training erlittenen Sprunggelenksverletzung (nach einem Foul von Sakai) einige Tage aussetzen muss.
Und so hält Labbadia den Konkurrenzkampf bewusst hoch. „In dieser Phase hat jeder Spieler die Chance, sich einen Platz zu schnappen“, sagt der Trainer – und meint damit auch den Dreikampf in der Außenverteidigung.
Info: Im Anschluss an das VfB-Spiel am Sonnabend gibt es wieder ein "Matz ab"-Live. Für die Spieltagsanalyse begrüßen die Blogger Dieter Matz und Marcus Scholz diesmal die Ex-HSV-Profis Andreas Merkle und Jürgen Stars.